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Zaertliche Brandung - Roman

Zaertliche Brandung - Roman

Titel: Zaertliche Brandung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Chapman
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    S am Sinclair stand am Empfangstresen von Tidewater International und wartete darauf, dass der Lift die dreißigste Etage erreichte. Endlich ertönte das leise Ping, und die Frau, die in der Tür des Lifts erschien, war … sie war … nun, so viel zu den Erwartungen, die er gehegt haben mochte.
    Du lieber Himmel, Abram hatte ihnen eine richtige Wachtel geschickt!
    Ihr Haar, vermutlich am Morgen noch ein adretter Knoten, umgab aufgelöst ihr Gesicht. Sie konnte keinen Tag älter als dreißig sein und trug ein formloses braunes Kostüm, das eher für eine doppelt so alte Frau gedacht war. Die halbe Bluse hing ihr unter der Jacke hervor. Beide Strümpfe wiesen Laufmaschen auf, woran die Übernachtungstasche zu ihren Füßen schuld sein mochte. Die Frau ähnelte tatsächlich einer kleinen Wachtel, deren schlichtes braunes Gefieder zerknittert und hoffnungslos unmodisch war.
    Sie sah genauso aus, wie man sich eine Willamina vorstellte.
    Starr vor Schreck sah Sam, wie ihre unförmige Handtasche
auf dem Boden der Lobby landete, während sie sich nach ihrer gelben Reisetasche bückte. Mit einem leisen Fluch stiefelte sie auf ihren fünf Zentimeter hohen Absätzen unsicher aus dem Lift und bekam ihre Tasche in dem Moment zu fassen, als sich die Lifttüren schlossen.
    Ihre Reisetasche war noch drinnen.
    Die Tragriemen aber befanden sich in ihrer Hand.
    Anstatt sich vorschriftsgemäß wieder zu öffnen, ertönte ein leises Ping, und die Tragriemen glitten im Spalt zwischen den Türen hoch. An der Decke war Schluss, und die Frau zerrte energisch an ihnen. Sam hörte das unverkennbare Geräusch reißenden Stoffes, und Willamina Kent landete mit einem erstaunten Aufschrei auf dem Boden, die Griffe ihrer Tasche noch immer in Händen.
    Als einige aus der Runde der erschrocken verstummten Umstehenden vorstürzten, um ihr zu Hilfe zu kommen, geriet der Boden unter Sams Füßen beim Anblick des warmen, scheuen und aufrichtigen Lächelns, das sie ihren Rettern schenkte, ins Wanken.
    Gott stehe ihnen bei. Ein engelhafter Trampel hatte sie heimgesucht.
    Und genau das brauchten sie im Moment am allerwenigsten. Die heutige Sitzung des Verwaltungsrates, in deren Verlauf der neue Vorstandsvorsitzende von Tidewater International bestimmt werden sollte, drohte zu einer Zirkusnummer zu verkommen.

    Und alles war allein Brams Schuld.
    Abram Sinclair hatte heute Morgen ein knappes Telegramm aus Maine geschickt, in dem er ankündigte, Willamina Kent zu schicken, die ihn vertreten sollte. Miss Kent würde an Brams Stelle ihre Stimme abgeben und entscheiden, wer ihm als Vorstandsvorsitzender nachfolgen sollte.
    Sein Großvater hatte die Geschicke eines Milliarden-Unternehmens einer Frau anvertraut, die nicht einmal imstande war, einen Lift zu verlassen, ohne peinliches Aufsehen zu erregen?
    Etliche Angestellte von Tidewater umstanden Miss Kent, als diese eifrig die absurde Abfolge der Ereignisse schilderte, die damit geendet hatte, dass der Lift ihre Tasche verschlang. Sam ging näher.
    »Ich bin mit einer dieser Shuttle-Propellermaschinen gekommen. Mein Sitz war genau zwischen den Riesenpropellern«, erklärte sie, an ihren Ohrläppchen zupfend, »und jetzt dröhnt es noch immer in meinen Ohren. Und der Flughafen liegt so weit außerhalb! Fast zwei Stunden Taxifahrt! Für das Geld hätte ich mir einen Leihwagen nehmen können. «
    Zehn zu eins, dass der Taxifahrer Willamina Kent ebenfalls als naive Wachtel vom Land eingestuft und mit ihr eine Besichtigungstour unternommen hatte. Was im Normalfall im Mittagsverkehr nur eine Stunde dauerte, konnte locker auch zwei Stunden in Anspruch nehmen, wenn das Opfer in Manhattan fremd war.

    »Miss Kent«, sagte Sam, trat vor und fasste nach ihrem Ellbogen, »die Sitzung kann beginnen, wenn Sie bereit wären.« Ihren schüchternen Befreiungsversuch ignorierte er.
    »Aber mein Gepäck…«
    »Jemand wird es für Sie holen«, versprach er mit einem Blick zu einem seiner Angestellten.
    »Die Hausverwaltung soll feststellen, warum die Lifttüren sich nicht geöffnet haben«, setzte er hinzu, ehe er sich umdrehte und sie den Korridor entlanggeleitete.
    Sam musste stehenbleiben, als sie stolperte. Sie blickte mit eindringlichen, neugierigen Augen von undefinierbarer Farbe auf. Auf den ersten Blick waren sie grau oder blau. Und unleugbar einnehmend und fesselnd.
    »Wer sind Sie?«, fragte sie.
    »Sam Sinclair.« Er blickte unwillig auf ihre Schuhe hinunter, die nicht zu ihrem Kostüm passten. Rock und Jacke waren

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