Zauber des Orients
doch er rührte sich nicht vom Fleck.
Jamilah drehte sich ganz zu ihm herum und nahm nur aus dem Augenwinkel wahr, wie Abdul alle Pferde und Menschen vom Hof vertrieb.
„Salman …“
Ohne die Augen von ihr zu nehmen, schloss er die Tür des Jeeps. Sein weites Hemd flatterte im Wind. Jamilah bemerkte, dass er ungekämmt und übermüdet aussah. Dunkle Stoppeln bedeckten sein Kinn, das lockige Haar fiel ihm in die Stirn.
Ihr Herz setzte für einen Schlag aus, als er mit großen Schritten auf sie zukam. Ungelenk hüpfte sie ein paar Schritte rückwärts.
„Was … was willst du hier?“ Sie hörte selbst, wie entsetzt ihre Stimme klang, aber sie konnte nichts dagegen tun.
„Irgendwie scheinst du dich nie zu freuen, wenn du mich siehst, Jamilah.“
„Kannst du mir das vorwerfen?“
Er schüttelte langsam den Kopf. „Vermutlich nicht.“
„Was machst du hier, Salman?“, fragte Jamilah erneut.
„Man könnte sagen, dass ich einen Intensivkurs darin mache, mich meinen Ängsten zu stellen.“
Jamilah kämpfte um ihre Beherrschung und erhob kämpferisch das Kinn. „Dann viel Glück damit. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich habe zu tun.“
Sie drehte sich um und wollte ihn stehen lassen. Doch sie hatte ganz vergessen, dass sie nicht laufen konnte. Als sie ihren Knöchel belastete, schrie sie vor Schmerz unwillkürlich auf und warf sich auf die andere Seite. Für einen Moment schwebte sie hilflos in der Luft, dann legten sich zwei starke Arme um ihre Taille und zogen sie nach hinten gegen eine harte muskulöse Brust.
Salman beugte seinen Kopf nach vorne, um einen Kuss auf ihren Nacken zu drücken. Jamilah stöhnte auf, als das allzu vertraute Verlangen nach Salman in ihr aufstieg. Verzweifelt kämpfte sie gegen seinen festen Griff.
Er ließ sie sofort frei, aber zu ihrem Ärger musste sie sich trotzdem an ihn klammern, weil ihre Krücke zu Boden gefallen war.
Mit beiden Händen auf seinen Armen sah sie zu ihm auf und schüttelte fragend den Kopf. „Warum bist du zurückgekommen, Salman? Was willst du?“ Tränen stiegen in ihren Augen auf und nahmen ihr die Sicht. „Verdammt, Salman! Wieso kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich will nicht deine Affäre sein. Ich kann es nicht!“
Salman verschloss ihre Lippen mit seinem Mund. Wie aus Reflex verschlang sie ihre Hände hinter seinem Nacken und reckte sich ihm entgegen. Sie konnte die salzigen Tränen schmecken, die über ihre Wangen liefen.
Sie konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, als Salman sich atemlos von ihr löste. Sanft strich er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Bitte … können wir irgendwohin gehen und reden?“
Jamilah nickte. Wenn er sie auf diese Art und Weise ansah, konnte sie Salman nichts abschlagen.
Mit einer mühelosen Bewegung hob er sie auf seine Arme. „Wo ist dein Apartment?“
Sie dirigierte ihn zu der geöffneten Tür ihres Büros und hindurch auf die Rückseite des Gebäudes, wo ihre privaten Wohngemächer lagen. Vorsichtig setzte Salman sie auf ihrem Sofa ab und trat einen Schritt zurück.
Schmerz zog seine Kehle zusammen, als er den ausgelaugten Ausdruck auf Jamilahs tränenverschmiertem Gesicht sah. Er holte tief Luft. Das hier würde hart werden, doch genau das verdiente er auch. Denn er war derjenige, der beinahe alles zerstört hätte. Hoffentlich war es noch nicht zu spät!
„Wirst du mich einfach nur anhören?“, fragte er leise.
„Ich habe ja keine Wahl“, murmelte Jamilah sarkastisch mit einem Blick auf ihren Fuß.
Salman runzelte die Stirn. „Wie geht es deinem Knöchel?“
„Den Umständen entsprechend gut. Aber ich bin sicher, dass du nicht den ganzen Weg hierhergekommen bist, um dich nach meiner Gesundheit zu erkundigen.“
„Nein.“ Er seufzte schwer. Dann fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und lief ruhelos einige Schritte durch das Zimmer. Plötzlich blieb er mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck vor Jamilah stehen. „Ich bin nach meiner Abreise aus Merkazad nicht direkt nach Frankreich zurückgekehrt. Zuerst bin ich nach Afrika geflogen und habe dort die Quartiere meiner Wohltätigkeitsorganisation besucht.“
Salman lächelte schief. „Ich dachte, ich könnte dich dort vergessen. Stattdessen habe ich begriffen, wie gut ich es habe. Nein, wie gut ich es haben könnte , wenn ich nur für einen Moment wagen würde, daran zu glauben.“
Seine Augen blickten in die Ferne, als er den Kopf schüttelte. „Diese Kinder dort besitzen gar nichts.
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