Zauberhaft Entbrannt
Amy bewegte sich geschmeidig durch die Menschenmenge. Hier und dort wechselte sie ein paar Worte mit den Gästen. Auf ihrem Gesicht schien das Lächeln festgefroren zu sein. Doch im Prinzip musste sie sich eingestehen, dass ihr die Veranstaltung Spaß machte. Sie hatte monatelang zusammen mit ihrer Schwester Lauren auf diesen Abend hingearbeitet. Lauren war Maklerin und hatte das Haus zu Werbezwecken für die Modenschau bereitgestellt. Jetzt, nachdem Amys neueste Kreationen vorgestellt waren, entspannten sich die Gäste bei einem Gläschen Champagner auf der Feier. Alle unterhielten sich angeregt. Lauren war schon vor zwei Stunden nach Hause gegangen, doch Amy war geblieben. Sie würde solange bleiben, bis der letzte Gast gegangen war. Pfeifend zog der Wind durch die alten Dielenbretter des Hauses. Einst beherbergte es eine ganze Hexenfamilie, doch dann war sie mit einem Mal verschwunden. Niemand wusste, was mit der Familie geschehen war, doch die Sterblichen hatten nach über einem Jahrhundert beschlossen, es zu verkaufen. Seltsamerweise empfanden sie das Haus als gruselig. Niemand wollte es kaufen. Also waren die Schwestern auf die Idee gekommen, hier Amys nächste Modenschau abzuhalten. Leider spielte ihnen das Wetter dabei einen Streich. Seit Tagen gab es Stürme und Gewitter, die für den Hochsommer eigentlich ziemlich ungewöhnlich waren. Auch jetzt erhellten grelle Blitze den Saal, in dem die Gäste sich aufhielten. Die Lampen an den Decken wiegten sich leicht im Takt des Donners, doch zum Glück fiel niemandem etwas auf.
Als eine Frau auf sie zukam, die aussah wie eine Figur aus der Familie der Feuersteins, wurde ihr Lächeln wärmer.
„Mrs. Davidson, wie hat es ihnen gefallen?“ Fragte sie Nates Großtante.
„Oh, sie haben sich mal wieder selbst übertroffen. Das Motto Steinzeit finde ich persönlich einfach fantastisch. Und ihr Kleid gefällt mir ganz besonders.“ Lächelnd schaute Amy an sich hi nunter. Ja, sie musste zugeben, dass sie auf die neue Kollektion sehr stolz war. Sie selbst trug ein eher schlichtes braunes Kleid. Die Kette der Göttin Aila hatte sie für die Augen der Sterblichen in eine Kette aus Totenköpfen verzaubert.
„Vielen dank.“
„Ich hatte gehofft, Nate und Tate heute zu sehen und war sehr enttäuscht, als ich merkte, dass sie gar nicht gekommen sind“, sagte Mrs. Davidson.
„ Nate schreibt momentan ununterbrochen am Ende seines neuen Buches. Tate war leider ebenfalls verhindert.“ Amy schämte sich ein wenig dafür, die nette alte Dame anzulügen. Für ihre Cousine war es gar nicht so einfach zu erklären gewesen, warum der Neffe von Mrs. Davidson mit einem Mal bei ihr und der gesamten Familie einzog. Die beiden wären bestimmt gerne gekommen, doch Amy hatte sich entschieden dagegen ausgesprochen. Nicht nur, dass ihr die Turtelei der beiden auf die Nerven ging. Nein, dazu kam noch, dass der Rat sie die ganze Zeit überwachte. Zum einen, um die beiden vor Loc zu schützen, zum anderen, um aufzupassen, dass Nate niemand gegenüber ihr Geheimnis verriet. Und das fehlte Amy noch, dass der Rat sich auf ihrer Feier herumtrieb. Dass Nate am Ende seines Buches arbeitete, das stimmte allerdings. Nur manchmal machte er eine Pause. Und dann saß er entweder auf der Treppe und unterhielt sich leise mit dem Kater, den die beiden nach dem Treffen mit dem Rat mitgebracht hatten oder er gönnte sich ein wenig Zweisamkeit mit Tate. Für die restlichen Frauen war er mittlerweile wie ein Bruder geworden. Besonders Chloe schien er gern zu necken. Durch die großen Fenster konnte Amy die Blitze sehen, die den Himmel zu zerreißen schienen. Gerade wollte sie sich wieder unter die Menge mischen, nachdem Mrs. Davidson sich einem anderen Gesprächspartner zugewandt hatte, da hörte sie einen großen Knall, der aus der Küche zu kommen schien. Zum Glück waren die Musik und das Stimmengewirr der Gäste so laut, dass niemand etwas gehört zu haben schien. Noch nicht. Unauffällig bewegte Amy sich in Richtung der Geräusche. Mit einer Bewegung ihres Zeigefingers stellte sie die Musik noch etwas lauter. Man konnte ja nicht vorsichtig genug sein. Als sie ungesehen durch die Tür schlüpfte, unterdrückte sie nur mit Mühe den Schrei, der sich aus ihrer Kehle lösen wollte. Das, was die Geräusche verursacht hatte, war groß.
Sehr groß. Um genau zu sein, es war ein Drache. Über dem ein Loch in der Decke den Blick auf den Nachthimmel freigab.
Und ebendieser schaute sie nun an, seine Augen
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