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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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gelassen? Das war doch schon allerhand. Aber vielleicht folgte er wie ich nur Befehlen. Vielleicht wählte er den Weg des geringsten Widerstands: handeln ohne Überlegung, zu dumm, um Angst zu haben, kein Selbsterhaltungstrieb. Ähnlich wie ich?
    Was von Angel gesagt hatte, gefiel mir gar nicht – daß die Androiden nach dem Vorbild von afrikanischen Menschen und Tieren angefertigt worden waren, bedeutete keineswegs, daß sie von diesem Kontinent stammten. Er hatte recht. Ich hatte mir das selbst auch schon früher überlegt, und ich wurde nicht gern daran erinnert.
    Warum gingen wir dann nach Afrika…?
    Auch der Erste mußte in der Lage gewesen sein, diese Überlegung anzustellen. Warum hatte er mich dann nach Süden geschickt? Weil er meinte, er müsse etwas unternehmen, auch wenn er wußte, daß es sinnlos war? Konnte er wirklich von uns erwarten, daß wir uns durch das gesamte alte Europa durchschlagen, durch die Randgebiete Asiens nach Afrika vordringen und dort herausbekommen würden, was los war, um dann zurückzukehren? Vielleicht war es so. Wir würden dazu Monate brauchen, ein Jahr. Zwei. Wie lange würden unsere Vorräte reichen? Bei sorgfältiger Einteilung vielleicht zwei Wochen.
    Ich hatte die Anweisung, die Verbindung aufrechtzuerhalten, und ich versuchte es auch. Mein Kommunikator schien in Ordnung zu sein, aber die Verbindung kam nicht zustande. Vielleicht waren wir schon zu weit südlich.
    Neger, das war die Bezeichnung für schwarze Menschen. In Europa gab es keine, obwohl früher einige von Afrika hierhergekommen waren. Ich nehme an, daß sie alle getötet worden waren, weil sie anders ausgesehen hatten oder vielleicht auch, weil sie in die neue soziale und ökonomische Struktur nicht hineingepaßt hatten, die die ersten Wächter nach dem Modell der Vergangenheit aufgebaut hatten. In Afrika aber – war es wirklich möglich, daß dort noch Menschen lebten?
    Als wir auf den Mann trafen, überlegte ich mir gerade, ob die Erde eine Scheibe sei und wie lange es noch dauern würde, bis wir von ihrem Rand herunterfielen. Er saß ein paar Meter entfernt im Schatten eines Baums, und wenn er uns nicht angerufen hätte, hätte ich ihn nie bemerkt.
    „Hallo“, sagte er freundlich. „Ich habe auf euch gewartet.“
    Ich hielt inne und beobachtete ihn, als er aufstand und auf uns zukam. Er war nur ungefähr einhundertsechzig Zentimeter groß und sehr dünn, hatte aber einen Kopf, der für seinen Körper einige Nummern zu groß war, und langgestreckte Gliedmaßen. Er war mit einer bunten Decke bekleidet, in die ein Loch für seinen Kopf geschnitten war. Außerdem trug er einige Halsketten mit bunten Perlen und weitere Ketten um Hand- und Fußgelenke. Er war schwarz. Einer von den ausgestorbenen Negern, nahm ich an.
    Wir haben ihn wohl beide angestarrt, was unter diesen Umständen nicht weiter verwunderlich war, denn er sagte:
    „Ich bin hier. Ich bin echt. Kein Android. Wir können jetzt wieder zurückgehen.“
    „Zurückgehen?“ sagte ich. Etwas mußte ich ja sagen, und das kam eben heraus.
    „Ja.“
    „Wir müssen aber eigentlich…“
    „…nach Afrika.“
    „Woher weißt du das?“
    „Ich weiß eine ganze Menge“, sagte er und begann, eines von den Packpferden zu entladen und alles auf den Boden zu werfen. Wir sahen ihm nur zu. „Ihr braucht aber nicht mehr weiter, weil ich jetzt da bin.“
    „Aber wer bist du denn?“ fragte ich. Meine Hand schloß sich endlich um den Pistolengriff.
    „Ich bin derjenige, der die Androiden gemacht hat“, sagte er. Er bestieg das Pferd.
    „Aber was ist mit Afrika?“ sagte von Angel.
    „Da gibt es nichts, was ihr verstehen würdet. Ich bin das, wonach ihr gesucht habt.“
    „Aber wer bist du denn?“ fragte ich wieder.
    „Ich bin ein Zauberdoktor, der hierhergekommen ist, um mein Volk an denen zu rächen, die es zerstört haben. Ich bin, was selbst du – steck bitte deine Pistole weg –, was selbst du einen Zauberer nennen würdest.“
    Er wendete sein Pferd nach Norden und ritt davon.
    Von Angel und ich sahen uns an. Dann ritten wir ihm nach.
    7./8. Juni und 14./15. Juni. Dieses Mal geht es weit zurück, und Erster fragt sich, ob es ihn vielleicht wegen der Wichtigkeit dessen, was er zu sagen hat, so weit zurückgerissen hat.
    Er liegt ganz ruhig und berichtet alles M ASCHINE . Für eine kurze Zeit ist es in seinem Bewußtsein ganz klar: Die Frau und was sie sagt; die Verschwörung gegen ihn; die Flucht; das Durcheinander an der Oberfläche; die

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