Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
Vom Netzwerk:
von Helmen und Hosen, Strümpfen und Schuhen, Frisuren und Perücken. Die meisten waren nur mit Schwertern bewaffnet, einige aber trugen lange Spieße. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der jedes Heer auch eine Abteilung Bogenschützen besaß. Man hatte aber herausgefunden, daß die Bogenschützen dazu neigten, ihre Opfer unter den Rittern auf den Pferden zu suchen, denn ihre Pfeile durchschlugen selbst die stabilsten Rüstungen. Das mußte aufhören. Nun wurden Bögen nur noch für die Jagd verwendet; als Kriegswaffe waren sie ungeeignet.
    Die Ritter bildeten die Elite jedes Heeres. Sie ritten auf stämmigen, eingekleideten Rossen, und jede Seite verfügte über ungefähr hundert davon. Mit den gemeinen Soldaten gaben sie sich natürlich nicht ab. Sie brachten selbstverständlich feindliche Fußsoldaten um, wenn sich das ohne große Umstände bewerkstelligen ließ. Ansonsten erlaubten sie es aber nur feindlichen Rittern, wirklich mit ihnen zu kämpfen. Die Entscheidung über den Ausgang der Schlacht, wenn es eine gab, war in der Regel schon gefallen, wenn die Ritter sich am Kampfgeschehen beteiligten. Unter diesen Umständen gab es unter ihnen nur sehr wenige, die Verletzungen erlitten. Manche betrachteten es sogar als Beleidigung, gegen Feinde kämpfen zu müssen, die ihnen weniger als dreifach überlegen waren. Da die beiden Seiten in der Regel gleich stark waren, könnte dies eventuell zur Erklärung der Tatsache beitragen, daß es mehr Ritter gab, die sich – während sie darauf warteten, daß etwas passierte – verletzten, indem sie vom Pferd fielen, als solche, die durch einen fehlgegangenen Lanzenstoß blaue Flecken davontrugen. Und es war überraschend, wie viele Lanzenstöße fehlgingen.
    Die Menge wurde unruhig, die Soldaten wurden heiser, die Ritter, deren Rüstungen von der Sonne aufgeheizt wurden, schwitzten und wurden unlustig, und die beiden Monarchen ritten sich wund. Doch dann gab Attila den Befehl. Seine Soldaten setzten sich gegen ihre Feinde in Bewegung, die Ritter hinter ihnen, um sicherzugehen, daß sie in Bewegung blieben. Der König des Saarlands, umringt von seinen Herolden, Ärzten, seinem Hofnarren, seinem Premierminister, dem Zauberer, zwei Mätressen und einem Trupp schwerbewaffneter Ritter, die ihn und die anderen schützen sollten, beobachtete sie. Ein Page brachte ihnen Wein, während die Lothringer ebenfalls über die Wiese vorzurücken begannen.
    Die beiden Seiten fingen damit an, sich gegenseitig umzubringen.
    Alles verlief wie üblich. Jedes Heer drängte das andere ein paar Schritte zurück, um dann selbst wieder zurückgedrängt zu werden. Jedes Manöver kostete ungefähr hundert Tote. Die Heere waren gleich stark.
    Dann bekamen die Männer in den blauen Hemden Unterstützung. Von irgendwoher erschienen Hunderte und aber Hunderte von schwarzen… Männern? Zur Hälfte waren sie acht, zur anderen Hälfte dagegen nur drei Fuß groß. Alle waren völlig nackt. Die Kleinen waren mit Pfeil und Bogen bewaffnet, die Großen trugen Speere und hohe, schmale Schilde. Sie machten sich daran, die Lothringer umzubringen.
    Die Soldaten wandten sich zur Flucht – die von beiden Seiten. Und die Schwarzen brachten die davonlaufenden Männer Napoleons um: Die Bogenschützen erlegten sie mit ihren kurzen Pfeilen; die Riesen jagten hinter den Rittern her, zerrten sie von ihren Pferden und erstachen sie zwischen Helm und Halskrause. Einigen von den Rittern Attilas wurde klar, daß sie selbst nicht angegriffen wurden, sondern daß die Neuankömmlinge sie vielmehr unterstützten. Sie verstanden das nicht, es sei denn, daß sie vielleicht dachten, der Zauberer ihres Königs habe die Fremden zu ihrer Verstärkung herbeigezaubert. Sie trieben ihre Soldaten zusammen und warfen sie herum. Die Männer vom Saarland und die Männer – wenn es welche waren – von irgendwoher vernichteten gemeinsam die Lothringer.
    Möglicherweise war dem einen oder anderen etwas Ungewöhnliches aufgefallen, als Napoleon XIV. getötet wurde, was gegen die übliche Praxis verstieß und von den Kriegsregeln keinesfalls vorgesehen war. Bevor die Ereignisse in dieses Stadium getreten waren, hatte der verlierende König bisher immer seine Niederlage eingestanden. Diesmal aber wurden er und seine gesamte Gefolgschaft von den Riesen und den Zwergen erschlagen. Es war also zu spät.
    Dann wandten sich die Schwarzen auch gegen die andere Armee – hundert von ihnen jagten die anderthalbtausend Soldaten, die noch laufen konnten,

Weitere Kostenlose Bücher