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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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schien stabil. Das Hirn hatte keinen erkennbaren Schaden davongetragen. Die rechte Lunge war gequetscht. Seine Luftröhre war zerfetzt. Wenn keine unvorhergesehenen Komplikationen auftraten, würde er wohl überleben.
    Mrs. Kennedy war nicht getroffen worden. Gouverneur Conally befand sich in einem kritischen Zustand. Der Vizepräsident war nicht getroffen worden. Die behandelnden Ärzte sagten nichts zur Anzahl der abgefeuerten Schüsse. Eindeutig war allerdings, daß nur eine Kugel den Präsidenten getroffen hatte.
    Erregtes Gemurmel in der Menge vor dem Fernsehgerät. Das Gefühl von Leichtigkeit und drückender Hitze war fort. Gegenstände schwankten nicht mehr, als würden sie unter Wasser in gebrochenem Licht gesehen. Gordon zwängte sich durch die dichten Studentenreihen. Rundherum wurden Vermutungen, Spekulationen laut. Er öffnete die Glastür zur Veranda und trat hinaus. Ohne nachzudenken, sprang er über das Geländer und ging zum Parkplatz. Aus dem Kofferraum des Chevy holte er seine Sportkleidung und zog sich in der nahe gelegenen Toilette um. In Shorts und Tennisschuhen sah er so jung aus wie viele der Studenten, die sich immer noch im Fernsehraum drängten und auf weitere Nachrichten warteten. Er spürte ein unwirkliches Gefühl der Befreiung und eine summende, ziellose Energie. Er wollte jetzt nichts denken.
    Er begann, auf dem flachen, wäßrigen Sand zu laufen. Ein stetiger Wind blies ihm Strähnen schwarzen Haars in die Augen. Er rannte mit gesenktem Blick, beobachtete den Rhythmus seiner Füße. Wenn seine Hacken auftraten, entstand ein heller Kreis, wenn das Wasser durch den plötzlichen Druck zurückwich. Unter jedem Schritt wurde der Strand fester, stützte ihn und löste sich hinter ihm wieder in graue Eintönigkeit auf. Über ihm flog ein Helikopter.
    Er rannte am Rand der Stadt vorbei durch kleine Halbmondbuchten nach Süden, bis er Nautilus Street erreichte. Penny zensierte Aufsätze. Er berichtete ihr die Neuigkeiten. Sie wollte das Radio einschalten, mehr erfahren, aber er zog sie fort. Widerstrebend folgte sie ihm. Sie gingen zum Strand und spazierten nach Süden. Keiner von beiden sprach ein Wort. Penny war nervös, gereizt. Die Brise von See wehte die Gischtspitzen von den weißen Wellenkämmen und verwandelte sie in schaumige kleine Fahnen. Gordon betrachtete sie und dachte daran, daß sie, von Gezeiten und Winden getrieben, über den Pazifik kamen. Draußen im Ozean waren sie seicht und schnell. Wenn sie sich dem Land näherten, stieg der Meeresgrund unter ihnen an, sie wurden tiefer und langsamer. Kurz vor dem Ufer bewegte eine Welle sich in der Spitze schneller als am Grund, überkippend stürzte sie nach vorn; die Energie aus dem fernen Asien löste sich in malmenden Wirbeln auf.
    Penny rief ihn. Sie watete bereits im flachen Wasser. Er folgte ihr. Es war das erste Mal, daß er das versuchte, aber es spielte keine Rolle. Sie schwammen bis hinter die Wellen hinaus und warteten auf die nächste große Woge. Sie bewegte sich in majestätischer Langsamkeit. Die dunkelblaue Linie wurde kompakter, stieg hoch. Gordon beobachtete sie und versuchte abzuschätzen, wo sie brechen würde. Er schwamm mit schnellen Arm- und Beinbewegungen. Penny war vor ihm. Er spürte, wie ihn etwas packte, vor ihm fiel das Wasser in ein Tal. Ein brausendes Geräusch, er wurde schneller. Er breitete die Arme weit aus, neigte sich nach links. Dunstiger Schaum benebelte seine Augen. Er blinzelte. In eine Mauer aus Wasser gehüllt, stürzte er in die Welle, wurde zwischen Schaumkronen ans Ufer getragen.

 
– 45 –
1998
     
     
    John Renfrew arbeitete die Nacht durch. Er hatte die Notstromversorgung in Betrieb und wollte nicht aufhören, solange die Treibstoffvorräte reichten. Falls er aufhörte, gab es keine Garantie, daß er das Aggregat wieder in Gang bekam. Besser weitermachen und abwarten, was geschehen würde. Dann konnte er sich nichts vorwerfen.
    Er zog eine Grimasse. Abwarten, was geschehen würde? Oder geschehen war? Oder geschehen könnte? Die menschliche Sprache war der Physik nicht gemäß. Es gab keine Zeitform des Verbs sein, die die Schleife in der Zeit wiedergab. Keine Möglichkeit, die Sprache auf der Achse der Physik zu drehen, ein Drehmoment einzufügen, das die Paradoxe in einem geordneten Zyklus auflöste, der sich endlos drehte.
    Er hatte die Techniker nach Hause geschickt. Dort wurden sie gebraucht. Keine Fahrräder, keine Bewegung draußen auf dem Fußweg. Die Familien waren zu Hause,

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