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Zeltplatz Drachenloch

Zeltplatz Drachenloch

Titel: Zeltplatz Drachenloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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der neue Lehrer im Klassenzimmer. Nachher wußte keiner zu sagen, wann er eigentlich gekommen war. Er stand bei der Tür und schaute alle an. Er sagte kein Wort, war nur da, hatte Zeit und schaute.
    Max wollte gerade wieder zum Wurf ausholen, da bemerkte auch er den neuen Lehrer. Max zuckte zusammen und stand langsam auf. Einer nach dem anderen bemerkte nun den Lehrer; nur Fritz, der immer etwas langsam begriff, warf den nassen Schwamm noch nach vorn. Als der Schwamm dort liegenblieb und er ihn wieder holen wollte, da endlich erblickte auch er den »Neuen«. »Oh«, stotterte er und suchte nach einer Ausrede, und da ihm nichts Besseres einfiel, sagte er: »Komisch, der Schwamm liegt da .«
    Der Lehrer sah auf Fritz, dann auf den Schwamm und wieder auf Fritz. Der wurde rot bis unter die Haare, bis hinauf zu seinen großen Ohren und den Hals hinunter bis unters Hemd.
    Warum schrie der Neue nicht? Die ganze Klasse fragte sich das, nicht nur Fritz, der dem Lehrer gegenüberstand. Allmählich wurde allen sehr heiß, obwohl draußen der kühle Frühjahrswind den Regen an die Fenster warf und die Klasse nicht mehr geheizt war. Max, der sich sonst durch nichts aufregen ließ, begann zu schwitzen. Sooft er aber auf die Tafel blickte und dort seine Geschosse kleben sah, durchfuhr ihn ein eisiger Schauer.
    »Setz dich !« sagte jetzt der Neue zu Fritz. Er stieg langsam auf das Podium und legte seine Mappe und das Klassenbuch auf den Tisch.
    Auf die Tafel hat er noch nicht gesehen, stellte Max fest. Was wird geschehen, wenn er zur Tafel gehen wird?
    Es war unheimlich still in der Klasse.
    Der Neue schreit nicht, wunderten sich alle. Das kann ja schön werden, wenn er immer so still ist, dachte Max. »Ach, ihr steht noch«, sagte jetzt der Lehrer. »Entschuldigt, bitte, ich habe ganz vergessen, >Setzen !< zu sagen. Bitte, setzt euch !«
    Wie er das nur sagte! So leise, als spräche er mit sich selbst. Und »bitte« sagte er. Das wirkte fast wie eine Ohrfeige. »Entschuldigt, bitte«, das war eine rechts, und »Bitte, setzt euch«, das war eine links.
    »Ich vertrete Herrn Hamm, solange er krank ist. Mein Name ist Florian Immerfroh. Damit ihr ihn behalten könnt, werde ich ihn auf die Tafel schreiben .«
    Die Tafel!
    Der Lehrer wandte sich um und sah die Bescherung.
    Eine unglaubliche Beherrschung, dachte Hans bei sich, er zuckt nicht einmal mit den Ohren.
    Immerfroh ging auf die Tafel zu und zählte die aufgeweichten Papierpatzen. Es waren siebenundzwanzig. Er nahm aus seiner Mappe ein Blatt Papier und pflückte mit spitzen Fingern die feuchten Dinger hinein. Er ließ sich Zeit dabei, und die Klasse wäre am liebsten unter den Bänken verschwunden.
    Der Lehrer war inzwischen fertig. »Würdest du so nett sein und das hier in den Abfalleimer werfen ?« fragte er Hans.
    Hans stand auf und nickte.
    Immerfroh drehte den Wasserhahn auf und wusch sich sorgfältig die Hände. Zweimal, dreimal seifte er sie ein und spülte sie dann wieder ab. Endlich langte er nach dem Handtuch. Er tat das alles, als wäre er allein, als würde ihm kein Mensch Zusehen.
    Ich werde krank, dachte Max. Das halte ich nicht aus. »So, nun wollen wir aber endlich mit dem Unterricht beginnen. Ihr habt, wie mir berichtet wurde, in der letzten Zeit...«
    Weiter kam Immerfroh nicht. Im Schrank rumpelte und polterte es plötzlich. Alle fuhren auf. Georg! Den hatten sie vergessen. Sie hatten ihn eingesperrt und vergessen. Und das bei dem Neuen hier, der nicht schrie!
    Als Immerfroh die Schranktür aufschloß , fiel ihm Georg entgegen. Ihm war schlecht geworden, das sah jeder. »Schnell ein Glas Wasser !« rief der Lehrer. Er rüttelte Georg und befeuchtete seine Schläfen und seine Stirn. Schon nach kurzer Zeit richtete sich Georg auf, und Immerfroh führte ihn zu seiner Bank.
    »Geht es dir jetzt besser ?« fragte er.
    »Danke, ja«, flüsterte Georg.
    Jetzt wird er fragen, wer es war, dachten alle. Aber Immerfroh fragte nicht. Er schwieg, wie er zu allem anderen geschwiegen hatte. Und dieses Schweigen war nicht auszuhalten.
    Max begann hin und her zu wetzen. Seine Hände waren feucht. Und die, die Georg eingesperrt hatten, verkrochen sich hinter ihren Vordermännern.
    Das war die peinlichste Unterrichtsstunde für die Sechste. Da waren ja noch Prüfungen angenehmer oder Strafaufgaben.
    Immerfroh setzte sich an seinen Tisch auf dem Podium. Sein Blick ging von einem zum andern. Jeden Augenblick konnte das Donnerwetter losbrechen.
    »Ist dir noch schlecht ?« fragte

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