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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Kapitän James Bolitho, nicht daheim war. Und das war oft der Fall.
    Bolitho und sein Bruder Hugh, seine beiden Schwestern Felicity und Nancy, sie alle hatten die Mutter geliebt, jeder auf seine Weise.
    Als er von der Destiny nach Hause gekommen war, noch an den Folgen seiner Verwundung leidend, hätte er sie nötiger gebraucht denn je. Aber sie war tot. Er konnte sich auch jetzt noch nicht vo rstellen, daß sie nicht daheim war in Falmouth, die See unter Pendennis Castle mit einem Lachen beobachtete, das ansteckend wirkte und alle Niedergeschlagenheit beiseite fegte.
    Eine Erkältung, hatten sie gesagt, dann ein plötzliches Fieber. In wenigen Wochen war es zu Ende gewesen.
    Er konnte sich seinen Vater vorstellen, jetzt, in diesem Augenblick: Captain James, unter diesem Namen kannte und schätzte man ihn daheim. Er war ein angesehener Friedensrichter, seit er seinen Arm verloren hatte und aus dem aktiven Dienst ausscheiden mußte.
    Das Haus im Winter, die schlammigen, heckengesäumten Wege, auf denen die Neuigkeiten immer etwas verspätet eintrafen, die Landbevölkerung war viel zu beschäftigt mit ihren eigenen Sorgen, mit der Kälte, der Nässe, verlorenen Tieren, räubernden Füchsen und anderem, um sich für den weit entfernten Krieg zu interessieren.
    Aber sein Vater tat es. Wie ein Kriegsschiff, das bei Carrick Roads vor Anker lag, so brütete er vor sich hin und sehnte sich nach dem Leben, das ihn ausgestoßen, ihn zurückgewiesen hatte.
    Nun war er vollständig allein.
    Für ihn muß es tausendmal schwerer sein, dachte Bolitho traurig.
    Cairns erschien an Deck und kam nach einem prüfenden Blick auf Kompaß und Schiefertafel, wo der Steuermannsmaat der Wache seine halbstündlichen Eintragungen machte, herüber zu Bolitho.
    Dieser berührte grüßend seinen Hut. »Sie liegt stetig, Sir. Nord bei Ost, voll und bei.«
    Cairns nickte. Er hatte sehr helle Augen, die durch einen hindurchsehen konnten.
    »Wir müssen wohl reffen, wenn es noch mehr auffrischt. Trotzdem lassen wir soviel wie möglich stehen.«
    Er hielt die Hand über die Augen, als er jetzt nach Backbord blickte, denn obwohl die Sonne nicht schien, war die Strahlung intensiv und blendete. Es war schwierig, die Grenze zwischen Himmel und Wasser zu erkennen, die See wirkte wie eine Wüste ruhelosen, grau glänzenden Stahls. Aber der Abstand zwischen den einzelnen Brechern war jetzt größer, sie rollten unter Trojans fettem Heck hinweg, lüfteten es und verursachten noch mehr Schlagseite.
    Gelegentlich brach sich einer von ihnen an der Luvpforte, bevor er zum jenseitigen Horizont weiterrollte.
    Sie hatten den gesamten Seeraum für sich allein, denn seit sie Nantucket gerundet und Kurs auf die Einfahrt der Massachusetts Bay genommen hatten, waren sie nicht nur frei von Land, sondern auch von der örtlichen Küstenschiffahrt. Irgendwo in Luv, rund sechzig Meilen entfernt, lag Boston. An Bord der Trojan konnten sich nicht wenige noch an die Stadt erinnern, wie sie einmal gewesen war, bevor aus Spannung und Verbitterung offener Haß und Blutvergießen wurde.
    Die Bucht selbst mieden alle außer den verwegensten britischen Seefahrern. Hier waren einige der fähigsten Kaperkapitäne beheimatet, und Bolitho überlegte nicht zum ersten Male, ob man wohl den mächtigen Zweidecker bereits belauerte.
    Cairns, der einen Wollschal um den Hals geschlungen hatte, fragte: »Was hältst du vom Wetter, Dick?«
    Bolitho sah zu, wie die Leute auf ihrem Weg zur Kombüse aus den Niedergängen und dann wieder zurück in ihre überfüllten Mannschaftsräume strömten.
    Er ging die Wache selbst, da Bunce streng darauf achtete, daß die Mittagsbreite genommen wurde, was bei dieser schwachen Sicht mehr ein routinemäßiges Ritual war. Die Fähnriche standen bereits mit ihren Sextanten in der Hand in einer Linie da, und die Steue rmannsmaaten überwachten ihre Fortschritte beziehungsweise den Mangel daran.
    Bolitho sagte ruhig: »Wir bekommen Nebel.«
    Cairns starrte ihn verblüfft an. »Ist das eine deiner keltischen Halluzinationen, Dick?«
    Bolitho lächelte. »Der Master sagt Nebel.«
    Der Erste Offizier seufzte. »Dann gibt es auch Nebel. Obgleich ich bei diesem halben Sturm keine Chance dafür sehe.«
    »An Deck!«
    Sie blickten hoch, ein wenig achtlos geworden nach ihrer tagelangen Einsamkeit. Bolitho sah die verkleinerte Gestalt des Ausgucks im Großtopp, eine winzige Figur vor den tiefhängenden Wolken. Schon das Hinaufschauen machte ihn schwindlig.
    »Segel in Luv

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