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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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»Allezallezallezallez!«, darauf hörten sie, aber nicht auf die Namen, die er ihnen gegeben hatte. Dumme Vögel.
    Dummer Mirko. Er glaubte, dass er einen Einfluss auf die Gänse hätte. So wie er geglaubt hatte, dass er das Schicksal beeinflussen könnte. Dass er es biegen und formen könnte, nach seinen Vorstellungen, nach seinen Wünschen. Zur Strafe für seine Anmaßung verlor er alles.
    Dass Maria Erscheinungen hatte, davon hatte ihm Madame Argent schon sehr früh erzählt. Mirko tat es am Anfang ab, er wollte nichts davon hören. Die lebendige Muttergottes im Käppele, das gefiel ihm nicht, also konnte es auch nicht wahr sein.
    Mirko war als Kind gläubig gewesen. Der Glaube an Gott und die Hoffnung auf eine ausgleichende Gerechtigkeit im Jenseits hatte ihn mit seiner Kleinwüchsigkeit versöhnt, aber später löste sich seine Frömmigkeit auf, sie widerte ihn geradezu an. Der dreieinige Gott, die Jungfrau Maria und die katholische Kirche, das war etwas für alte Weiber, dachte er, und Marienerscheinungen waren folglich nichts als Hysterie.
    In diesem Fall wurde er jedoch eines Besseren belehrt. Denn es kam sehr schnell genauso, wie es die Gottesmutter vorausgesagt hatte. Der Tumor in Madame Argents Brust wurde immer größer, dann starb sie.
    Danach wurde sie selber zu einer Erscheinung, erst erschien sie Maria und dann ihm selbst.
    Nun konnte er sich natürlich nicht länger sträuben, nun musste er es akzeptieren, auch wenn es ihm nicht gefiel. Denndiese Erscheinungen waren alles andere als eine Gnade, ein himmlischer Segen. Sie waren ein Fluch. Mit den Erscheinungen der Muttergottes hätte man sich ja noch abfinden können. Sie richteten zumindest kein Unheil an. Ein Krebsgeschwür in Madame Argents Brust, nun gut, ein paar Wochen später wäre es auch ohne ihre Prophezeiung zu Tage getreten. Der Krieg, der die halbe Welt zerstören würde, auch das hätte man ohne sie erfahren. Aber Madame Argent mit ihren Warnungen, die sie Maria gegenüber aussprach, brachte alles auf furchtbare Weise ins Ungleichgewicht. Ohne sie wäre Maria glücklich geworden. Und Mirko vielleicht auch.
    Vermutlich merkte Madame Argent selbst, was sie angerichtet hatte. Denn nachdem sie Maria vollkommen durcheinandergebracht hatte, wandte sie sich an Mirko. Er sollte die Sache retten. Dabei hätte sie wissen müssen, dass er der Allerletzte war, der sich dafür eignete. Er brachte die Dinge nicht wieder ins Lot, sondern zum endgültigen Zusammenbruch.
    In der Nacht, in der er die Erscheinung hatte, hatte er zu viel Wein getrunken, irgendwann hatte ihn seine volle Blase aus einem schwindligen Schlaf geweckt. Er war aufgestanden, um auszutreten, vor dem Zelt hatte sie auf ihn gewartet. Sie war schwarz gekleidet, wie damals, als er sie zum ersten Mal im Zirkus gesehen hatte. Mirko erschrak nicht, er war viel zu müde und zu betrunken, um zu erschrecken. Es erschien ihm vollkommen normal, dass sie mitten in der Nacht auftauchte, um mit ihm zu reden. »Es ist wegen Maria«, sagte sie.
    Wenn es um Maria geht, warum kommst du dann zu mir? dachte Mirko, und sie verstand ihn, wie sie ihn auch früher immer verstanden hatte.
    »Weil es auch dich betrifft.«
    Sie machte eine Pause. Mirko hatte plötzlich den Eindruck, dass ihre Gestalt in der Luft flackerte wie eine Filmprojektion, bei der das Vorführgerät nicht richtig funktioniert. Vielleicht lag es aber auch an dem vielen Wein, den er getrunken hatte.
    »Es ist nichts festgelegt«, sagte Madame Argent. »Das muss sie verstehen und du auch.« Dann war sie verschwunden.
    Am nächsten Morgen war Wunder weg, über Nacht hatte er seine Sachen gepackt und den Zirkus verlassen. Maria hatte rot verweinte Augen, aber Mirko schwieg. Selbst als Maria ihm später auf den Kopf zusagte, dass sie glaubte, dass Madame Argent auch ihm erschienen sei, schwieg er.
    Wenn er ihr die Wahrheit gesagt hätte, wäre sie ihrem Herzen gefolgt und hätte Wunder zurückgeholt. Sie hätten geheiratet und den Zirkus verlassen. Er hätte Maria verloren. Er hätte Mirabella niemals kennengelernt.
    War es richtig gewesen, dass er geschwiegen hatte? War es falsch gewesen, dass er geschwiegen hatte? Zwischen diesen beiden Fragen pendelte sein Leben hin und her.
    Jahre später hatte er Wunder noch einmal getroffen und versucht, alles wiedergutzumachen. Aber es war zu spät, das hatte er auch in Mirabellas Blick gelesen, an jenem Tag, als er sie in Düsseldorf gesehen hatte. Dieser Hass in ihren Augen.
    Es ist nichts

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