Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn des Loewen

Zorn des Loewen

Titel: Zorn des Loewen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
verflogen.

    Im Ruderhaus der Kontoro gähnte Janvier, der Erste Offizier, als er sich über die Karte beugte. Er nahm eine schnelle Messung vor und warf den Bleistift hin. Bei genauester Berechnung befanden sie sich vierzig Seemeilen westlich von Ouessant. Der Wetterbericht verhieß nichts Gutes. Drohende Stürme wurden für die Seegebiete um Rockall, Shannon, Sole und Finistère gemeldet.
    Es lag eine unnatürliche Ruhe über dem Wasser. Die See hob und senkte sich in einer mächtigen öligen Dünung. Janvier war müde, seine Augen aufgrund des fehlenden Schlafes schmal und verklebt. Ihm, dem gebürtigen Provenzalen, war es nie gelun gen, sich an die Kälte der nördlichen Meere zu gewöhnen. Ihn schauderte. Mit Abscheu starrte er in das Grau der Morgendämmerung.
      Hinter ihm öffnete sich die Tür zur Kajütentreppe. Der Steward trat ein, in jeder Hand eine Tasse mit dampfendem Kaffee. Die eine reichte er Janvier, die andere dem Steuermann. Während dieser sich an dem Getränk labte, übernahm der Steward das Ruder.
      Janvier öffnete die Tür und trat auf die Brücke hinaus. Er stellte sich an die Reling, trank seinen Kaffee und sog die kühle Morgenluft in tiefen Zügen in sich auf. Seine Laune besserte sich zusehends. Wenn sie erst einmal jenseits der Biskaya waren, konnte man sich auf die lange Strecke nach Süden freuen – Madeira, dann das Kap und immer nur Sonne. Er trank den Kaffee aus und kippte den Bodensatz ins Meer. Er war gerade im Begriff sich umzudrehen, als plötzlich etwa hundert Meter über Steuerbord das träge, glatte Wasser heftig aufwallte. Weißer Gischt schäumte auf, und plötzlich tauchte ein Unterseeboot an der Oberfläche auf, seltsam und fremd wie ein Ungetüm aus grauer Vorzeit.
      Janvier stand vor Überraschung wie angenagelt. Er beobachtete, wie sich die Luke des Kommandoturmes öffnete, und ein junger Offizier mit Schirmmütze erschien, gefolgt von einem Matrosen, der unverzüglich eine kleine Flagge hißte. Eine plötzliche Windbö erfaßte sie, und das Blau-Weiß-Rot der Trikolore hob sich leuchtend vom Grau der Wolken ab.
      Der Steward trat aus dem Ruderhaus heraus und gesellte sich zu Janvier. »Was halten Sie davon, Sir?«
      Janvier zuckte die Achseln. »Wir sollten besser den Kapitän holen.«
    Ein dritter Matrose erschien im Kommandoturm. Er hielt eine Signallampe in der Hand. Das U-Boot näherte sich und verengte den Raum zwischen den Schiffen. Dann begann die Lampe rasch zu blinken.
      Als Marineoffizier der Reserve hatte Janvier keine Mühe, die Zeichen zu verstehen. Nachdem er sie entziffert hatte, verharrte er eine Weile stirnrunzelnd an der Reling, ging dann zurück in das Ruderhaus und löste die Signallampe vom Haken.
      Als er wieder hinaustrat, flackerte das Licht vom Turm abermals. Das Begehren wurde wiederholt. Während Janvier mit »Meldung erhalten« antwortete, kam der Kapitän die Leiter vom Hauptdeck herauf, den Quartiermeister im Schlepptau.
      Henri Duclos war annähernd fünfzig, und nach dreißig Jahren auf See, fünf davon als Korvetten-Kapitän bei der Freien Französischen Marine, vermochte ihn so schnell nichts aus der Ruhe zu bringen.
    »Was hat das zu bedeuten?« wollte er wissen.
      »Sie haben zweimal dasselbe Signal gegeben«, berichtete Janvier, »›Dreht bei. Ich möchte an Bord kommen.‹«
    »Was haben Sie geantwortet?«
    »›Meldung erhalten.‹«
      Duclos verschwand im Ruderhaus und kehrte mit einem Fernglas zurück. Einen Moment lang betrachtete er prüfend das U-Boot und brummte dann: »Es ist tatsächlich französisch. Ich erkenne die Uniformen. Ziemlich klein für ein U-Boot.« Er reichte dem Quartiermeister das Glas. »Was halten Sie davon?«
      Der alte Mann ließ sich Zeit. Dann nickte er: »Die Alouette. Ich habe sie letztes Jahr bei Flottenübungen vor Oran gesehen. Ein ausgemustertes U-Boot. Gehörte zu einer Versuchsreihe, an der die Deutschen bei Kriegsende gearbeitet haben. Eins davon hat die Marine übernommen.«
      »Jetzt wissen wir wenigstens, mit wem wir es zu tun haben. Nur – was wollen sie, verdammt noch mal, von uns?« Duclos wandte sich an Janvier. »Bitten Sie um deutlichere Auskünfte.«
    Eine kurze Pause trat ein, als die Lampen wieder aufflackerten. Janvier drehte sich verblüfft um. »Sie bedeuten uns: ›Drin gend erforderlich, daß ich an Bord komme. Angelegenheit von nationalem Interesse. Bitte halten Sie Funkstille.‹«
      Die Lampe auf dem Kommandoturm erlosch. »Was

Weitere Kostenlose Bücher