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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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die protzigen Mauern des Kongresszentrums im Nebel auf, dahinter ging es hinab zum alten Wachturm.
    Halten Sie sich links!, flötete das Navigationsgerät mit verführerischer Frauenstimme.
    Schröder bremste ab, blinkte und ordnete sich ein. Ein weißer Audi röhrte auf der rechten Spur vorbei. Schröder beachtete ihn nicht, ebenso wenig den Stinkefinger, den ihm der Fahrer, ein achtzehnjähriger Knirps mit umgedrehter Baseballkappe, entgegenstreckte.
    Oben auf der Hochstraße wurde die Sicht schlechter, zehn, höchstens zwanzig Meter vielleicht. Schröder kniff die Augen zusammen und umklammerte das Lenkrad fester. Die Scheiben beschlugen, er schaltete das Gebläse eine Stufe höher. Schräg vor ihm hätten jetzt die Türme der Marktkirche erscheinen müssen, doch sie verschwammen im Nebel, der wie eine verdreckte Gardine über der nassen Fahrbahn hing.
    Nach achthundert Metern nehmen Sie die Ausfahrt, befahl das Navigationsgerät.
    Zu Befehl, murmelte Schröder und ging in Gedanken das geplante Gespräch mit dem Filialleiter der Sparkasse durch. Die Rücklichter eines Lkw tauchten vor ihm auf, er bremste ab, um den vorschriftsmäßigen Sicherheitsabstand einzuhalten. Dunst wurde aufgewirbelt, er schaltete die Scheibenwischer ein.
    Leise begann er vor sich hinzupfeifen, eine Sarabande von Erik Satie.
    Auf dem Beifahrersitz vibrierte sein Handy, er hörte es nicht.
    Das war nicht schlimm, denn nie im Leben wäre Schröder auf den Gedanken gekommen, während des Autofahrens zu telefonieren.
    Schlimm war, dass er nicht mitbekam, wie fünfzig Meter vor ihm der Fahrer eines Mitsubishi die Kontrolle über seinen Wagen verlor und mit sechzig Stundenkilometern auf die Leitplanke zuraste. Der Wagen streifte die Begrenzung, drehte sich mehrfach um die eigene Achse, überschlug sich und blieb dann quer zur Fahrbahn liegen. Schröder hörte das Kreischen des Metalls, Aufprall für Aufprall, als sich die nachfolgenden Autos ineinander bohrten, sah den aufsteigenden Rauch und registrierte, wie der Lkw vor ihm nach rechts ausscherte und zuerst die Leitplanke und dann das Geländer durchschlug, als wäre es aus Butter.
    Dahinter ging es fünfzehn Meter in die Tiefe.
    Der dicke Schröder trat mit aller Kraft auf die Bremse, der Beetle blockierte, doch obwohl er das Lenkrad nach links zog, folgte sein Auto dem Laster wie ein kleiner, störrischer Esel.
    Den Bruchteil einer Sekunde später raste der Beetle durch das Loch in der Leitplanke, hob ab und flog in einem eleganten Bogen durch die Luft.
    Mein schönes Auto, stöhnte Schröder.
    Bitte wenden Sie jetzt!, befahl das Navigationsgerät barsch.
    Metall splitterte, Plastik barst.
    Doch das hörte Hauptkommissar Schröder nicht mehr.

Fünf
    »Was?!«
    Zorn war aufgesprungen.
    »Eine Massenkarambolage auf der Hochstraße«, wiederholte der uniformierte Beamte. »Insgesamt sind zwölf Fahrzeuge betroffen. Eines davon war der Wagen von Hauptkommissar Schröder. Mehr kann ich Ihnen im Augenblick …«
    »Was ist mit Schröder?«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    Zorn wurde blass. Rote Flecken erschienen auf seinen Wangen, seine Augen weiteten sich, als habe er einen Schlag in den Magen erhalten.
    »Ich will wissen, wie es ihm geht, verdammt!«
    Der Beamte, ein stiernackiger Wachtmeister um die vierzig, wich einen Schritt zurück.
    »Es gibt siebzehn Verletzte, einige davon wahrscheinlich schwer. Ein Lkw hat die Leitplanke durchbrochen und ist fünfzehn Meter tief auf die darunterliegende Fahrbahn gekracht, direkt auf die Kreuzung am unteren Knoten. So, wie es aussieht, hat Hauptkommissar Schröder die Kontrolle über seinen Wagen verloren und ist ebenfalls abgestürzt. Alle verfügbaren Kräfte sind vor Ort, beziehungsweise unterwegs.«
    »Was ist mit Schröder?«, wiederholte Zorn leise. Langsam, als rede er mit einem Kleinkind.
    »Wir haben noch keine Information. Auf der Hochstraße herrscht totales Chaos.«
    Zorn hieb mit der Faust auf den Tisch. Ein Becher mit Schreibutensilien fiel um, die Stifte rollten über die Tischplatte und fielen, einer nach dem anderen, zu Boden.
    »Was auf der Hochstraße abläuft, ist mir scheißegal!«
    »Die Meldung ist um vier Minuten nach elf reingekommen«, der Beamte sah auf seine Armbanduhr, »also vor gerade mal sechs Minuten.«
    »Das interessiert mich nicht!«, brüllte Zorn, seine Stimme überschlug sich. Ein dünner Speichelregen ergoss sich über seinen Monitor. Der Wachtmeister wich einen weiteren Schritt zurück, er stand jetzt

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