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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Schröder war der Name. Sie melden sich, wenn Sie etwas Neues haben.«
    Sie legte auf, sah einen Moment nachdenklich auf das Telefon und wandte sich dann an Zorn. »Das war das Stadtkrankenhaus.«
    Der Klumpen in seinem Magen löste sich, seine Wut schmolz wie Margarine im Backofen.
    »Und?«
    Mehr brachte er nicht heraus. Sein Mund war trocken, pelzig, als habe er ein Insekt im Hals. Etwas, das mit haarigen Beinen von innen an seiner Kehle kratzte.
    Was bin ich für ein Blödmann, schoss es ihm durch den Kopf. Sie telefoniert mit dem Krankenhaus, und ich führe mich auf wie ein Vollidiot!
    Frieda Borck schüttelte den Kopf.
    »Wir wissen nicht, was mit Hauptkommissar Schröder ist. Und das ist auch kein Wunder, im Krankenhaus muss der Teufel los sein. Sie haben sämtliche Unfallopfer dort hingebracht. Es sind viel mehr, als ursprünglich angenommen wurde. Ein Laster ist direkt neben einer Schulklasse auf die Fahrbahn gestürzt, fast zwanzig Kinder, die mit ihrer Lehrerin ins Stadtmuseum wollten.« Sie holte tief Luft. »Es gibt Tote, Zorn. Mindestens einen. Einige schweben noch in Lebensgefahr. Mehr sagen sie nicht, sie haben jetzt anderes zu tun, als die Personalien der Verletzten aufzunehmen.«
    Zorn schluckte und schwieg.
    »Wir müssen abwarten«, sagte Frieda Borck leise. »Sie sind nicht der Einzige hier, der sich Sorgen macht. Wir alle mögen Hauptkommissar Schröder. Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal hier reinplatzen wie ein Idiot.«
    Vollidiot, dachte Zorn und schluckte abermals.
    »Ich fahr ins Krankenhaus.«
    »Das können Sie gerne tun. Nutzen wird es nichts.«
    Es klopfte.
    »Herein«, sagte Frieda Borck.
    Ein kalter Luftzug wehte ins Zimmer.
    Zorn drehte sich um und prallte zurück.
    Setzte die Brille auf, weil er glaubte, sich zu irren.
    Doch es blieb dabei: In der Tür stand Hauptkommissar Schröder.
    *
    »Du siehst blass aus, Chef. Was ist los? Hast du ein Gespenst gesehen?«
    Ja, Zorn war blass geworden, mehr noch, er war kalkweiß im Gesicht.
    Du Arsch!, wollte er rufen. Du Blödmann! Ich hab mir Sorgen gemacht, weil ich dachte, dass dir was passiert ist! Ich bin durch dieses Scheißpräsidium gerannt, hab Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, weil ich nicht wusste, was los ist! Und jetzt? Jetzt tauchst du auf, als wäre nichts passiert! Geht’s noch?
    Das war es, was Zorn durch den Kopf ging, aber er brachte kein Wort heraus. Stattdessen stand er mit offenem Mund da und glotzte auf Schröder hinab, der ebenfalls ein wenig blass um die Nase schien, ansonsten aber aussah wie immer – abgesehen von einem schmalen Kopfverband um die Stirn.
    Frieda Borck war aufgesprungen, einen Moment sah es so aus, als wolle sie Schröder um den Hals fallen. Kurz, bevor sie ihn erreichte, stoppte sie. »Geht es Ihnen gut?«
    »Aber ja!«, erklärte Schröder heiter. »Warum auch nicht?«
    Die Staatsanwältin strich ihr Kleid glatt.
    »Wir haben uns Sorgen gemacht.« Ein kurzer Blick zu Zorn. »Nicht wahr?«
    Sorgen?, dachte Zorn, der noch immer dastand wie vom Donner gerührt. Dass ich nicht lache! Ich dachte, du wärst tot! Was bildest du dir eigentlich ein?
    Aber auch das sprach er nicht aus.
    »Du siehst aus wie Mark Knopfler«, sagte er stattdessen.
    Frieda Borck fuhr herum.
    »Wer zur Hölle ist Mark Knopfler?«
    »Der Gitarrist der Dire Straits«, half Schröder. »Eine Rockband aus den Achtzigern, den werden Sie nicht mehr kennen, Frau Borck.«
    »Ach!«
    »Er ist immer mit einem Stirnband aufgetreten.« Schröder stellte seine Aktentasche neben die Tür und begann seinen Mantel auszuziehen. »Kollege Zorn meint, dass ich ihm mit meinem Kopfverband ein wenig ähnlich sehe, obwohl Knopfler mindestens einen Kopf größer ist als ich und wahrscheinlich nur die Hälfte wiegt, fürchte ich.« Er zog den Verband ein wenig tiefer in die Stirn und erinnerte plötzlich an einen kleinen, pummeligen Ninjakämpfer. »Findest du, dass mir das steht, Chef?«
    Jetzt platzte Zorn der Kragen.
    »Erzähl endlich, was passiert ist, oder ich mach dich einen Kopf kürzer!«
    »Noch einen?«
    »Vorsicht, ich werd dir gleich …«
    »Schluss jetzt!«
    Die Staatsanwältin griff Zorn am Oberarm, führte ihn wie einen Schuljungen zum Fenster und drückte ihn in einen der Besucherstühle. »Und jetzt«, wandte sie sich an Schröder, »erzählen Sie uns, was genau los war. Das halbe Präsidium ist auf der Suche nach Ihnen. Sind Sie wirklich okay?«
    Schröder wurde ernst.
    »Ja. Anscheinend hatte ich einen Schutzengel.

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