Zu Staub Und Asche
Kapitel Eins
Die Bücher brannten.
Seiten knisterten, Buchrücken barsten. Das Feuer fauchte und zischte wie ein wildes, aus der Gefangenschaft befreites Tier, das sich gierig durch Kalbsleder, Buchbinderleinen und Leim fraß. Papier wurde schwarz und schrumpfte zusammen, Wörter verblichen und verschwanden. Poesie oder Prosa - die Flammen machten keinen Unterschied.
Beißender Rauch drang in George Saffells Augen. Sie füllten sich mit salzigen Tränen, die seine Sicht trübten und über seine Wangen liefen. An der Stelle, wo der Knüppel ihn getroffen hatte, schmerzte sein Kopf; lange war er zwischen Ohnmacht und Bewusstsein hin und her gedriftet und hatte die gesägte Klinge des Messers kaum wahrgenommen, die wie eine Warnung über seinen Hals geglitten war und die Haut geritzt hatte. Dann war er von behandschuhten Händen gefesselt und zu Boden gestoßen worden.
Saffells Angreifer hatte nicht gesprochen. Selbst das leise, zufriedene Murmeln mochte eine Einbildung gewesen sein. Jetzt war er allein. Seine Fesseln saßen so stramm, dass er sich hilflos fühlte wie ein Baby. Er konnte weder Arme noch Beine bewegen - er war nicht einmal in der Lage, sein Gesicht abzuwischen. Er konnte nur daliegen und zuschauen, wie das wilde Tier seine Beute verschlang.
Zu beiden Seiten des Zimmers erstreckten sich Bücherregale vom Boden bis zur abgeschrägten Decke. Saffell hatte diesen Raum gern seine Bibliothek genannt - natürlich im Scherz, denn wer hatte schon von einem Bootshaus mit Bibliothek gehört? Doch Saffell gefiel sich darin, anders zu sein. Er brüstete sich sogar damit und betonte gern, Sinatras »My Way« hätte für ihn geschrieben worden sein können. Die Feststellung war sein ganz privater kleiner Scherz. Die Leute behaupteten zwar, er habe keinen Humor, doch das war nicht fair.
Er fühlte sich nie einsam - nicht, wenn seine Bücher ihm Gesellschaft leisteten. Bücher beklagten sich nie und stellten keine unangenehmen Fragen. In diesen vier Wänden fühlte er sich frei, um die Wonne des Besitzens voll auszukosten.
Vorwürfe kamen ihm in den Sinn.
Deine Bücher sind dir wichtiger als ich.
Zwar hatte er protestiert, doch selbst in den eigenen Ohren klangen seine Einwände hohl. Sie hatte recht, und sie wussten es beide.
De Quincey, Coleridge und Martineau. Seit zwanzig Jahren sammelte er alles, was sie geschrieben hatten, sowie Tausende anderer Bücher. Zwanzig Jahre, die er mit Suchen, Feilschen, Sortieren und Horten verbracht hatte. Er liebte es, einen staubigen Wälzer zu berühren, mit dem Finger an seinem Rücken entlangzufahren und die Ränder auf Unebenheiten hin zu prüfen. Wie faszinierend war es doch, ein warmes Buch an die Nase zu halten, seinen modrigen Duft genüsslich in sich aufzunehmen und dem sanften Rascheln durchgeblätterter Seiten zu lauschen. Seine Haut prickelte, wenn er die raue Struktur spröden Papiers mit den Fingerspitzen oder der Handfläche berührte.
Das Jagdfieber erregte ihn, und er genoss den Triumph, trotzdem war ihm der Preis seiner Mühe nie genug. Die Gestalt der Wörter auf den Seiten entfaltete einen sinnlichen Zauber, der ihm mehr bedeutete als das, was sie aussagten. Gelesen hatte er nur einen Bruchteil seiner Trophäen. Eines von zehn Büchern vielleicht, möglicherweise auch nur eines von zwanzig.
Die Zeit war so kurz, und nun würde sie bald für immer vorbei sein. Irgendwie war er vom Jäger zur Beute geworden, und irgendjemand wollte, dass er zusammen mit seinen Schätzen starb.
Er spürte das Blut, das sein dünnes Haar verklebte und über die Kopfhaut sickerte. Petroleumgestank stach ihm in die Nase und kratzte in seiner Kehle. Er schmeckte die Ausdünstungen und spürte, wie ihr Gift tief in seine Eingeweide eindrang. Dennoch konnte er sich nicht dazu durchringen, die Augen zu schließen und sich der Finsternis zu überlassen. Das Feuer hypnotisierte ihn und zog ihn in seinen Bann, das Entsetzen lähmte ihn. Es war ihm unmöglich, den Blick von seinen zusammenschrumpfenden, sterbenden Büchern zu wenden.
Die Fessel fraß sich in seine dünnen Handgelenke und schnürte seine Fußknöchel schmerzhaft ab. Man hatte ihn nicht geknebelt, weil es nicht nötig war. Er hätte sich heiser schreien können - niemand hätte ihn gehört. Draußen plätscherten die Wellen gegen den Steg; ihr Glucksen hatte ihn in vielen Nächten in den Schlaf gelullt. Selbst in der kältesten Jahreszeit pflegte er das Fenster nur anzulehnen. Wenn er nachts aus dem Schlaf
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