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Zuckerblut

Zuckerblut

Titel: Zuckerblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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    ›Herrn
    Kriminalhauptkommissar
    Oskar Lindt
    – persönlich –
    Polizeipräsidium – Mordkommission
    Beiertheimer Allee
    Karlsruhe‹,
    stand handgeschrieben auf einem mittelgroßen, braunen Briefumschlag, der versteckt im Stapel der Eingangspost auf Lindts Schreibtisch lag.
    Meistens erledigte er seine Bürogeschäfte zügig, aber an manchen Tagen, vor allem, wenn kein aktuelles Tötungsdelikt aufzuklären war, hatte er mit einem massiven Anfall von Lustlosigkeit zu kämpfen. Am liebsten wäre er nach draußen gegangen, um bei einem Spaziergang den Frühlingstag an der frischen Luft zu genießen, doch vor einer Stunde hatte es begonnen, Bindfäden zu regnen und sein großer schwarzer Stockschirm stand zuhause.
    Zudem war er am Freitag der letzten Woche in der Fußgängerzone einem Ermittler vom Dezernat für Wirtschaftsstraftaten begegnet, der gerade aus der Tür einer Rechtsanwaltskanzlei trat, geschäftig eine schmale Aktenmappe aus edlem Leder unter den Arm geklemmt.
    »Hoppla Oskar, frei heute?«
    »Nein, nein«, konterte Lindt schnell, »wir ermitteln immer, bei uns geht die Arbeit nie aus.«
    »Ach ja, man sieht’s. Aber hast du dich jetzt auf Kaufhausdiebstähle spezialisiert?«
    Der nach teurem Rasierwasser duftende, sonnenstudiogebräunte Kollege im eleganten Maßanzug hatte grinsend auf die kleine ›Karstadt‹-Tüte in der Hand des Kommissars gezeigt und war davongeeilt, ehe der noch etwas entgegnen konnte.
    Obwohl er sich wegen seiner unzähligen, niemals notierten Überstunden ganz und gar kein schlechtes Gewissen machte, auch tagsüber eine persönliche Besorgung zu erledigen, wurmte ihn die Begegnung doch.
    ›Da haben die im Wirtschaftsdezernat beim Kaffee wieder was zu ratschen‹, ging es ihm durch den Kopf, als er daran zurückdachte.
     
    Abwechselnd schaute Lindt nach dem Wetter und dann wieder zu den Aktenstapeln auf dem Schreibtisch. Seine Stimmung verbesserte sich nicht. ›Erst mal etwas zum Ablenken‹, dachte er.
    Er griff in die unterste Schreibtischschublade, holte den Vorrat an Pfeifentabak hervor und füllte die kleine rechteckige Tabaksdose auf, die er in seiner Jackentasche ständig bei sich trug.
    Anschließend schaffte er Platz auf seinem Schreibtisch und zog den langen hölzernen Pfeifenständer, den er neben dem Telefon platziert hatte, zu sich her. Nacheinander nahm er alle neun Pfeifen heraus, reinigte sie gründlich, versah sie mit neuen Neun-Millimeter-Filtern und stellte sie wieder an ihren Platz.
    ›Auch ein Zufall, meine Pfeifen und unsere Dienstpistolen haben dasselbe Kaliber‹ und als er eine halbe Stunde lang borstige Pfeifenreiniger durch die Rauchkanäle gezogen hatte, war seine üblicherweise gute Laune schon fast wieder zurückgekehrt.
    Schnell säuberte er seine Schreibunterlage von den Überbleibseln der Aktion, wusch sich gründlich die Hände, um die klebrigen Teer- und Nikotinreste zu entfernen, stopfte eine lange gebogene Pfeife und nahm umgehend den Papierberg der Eingangspost in Angriff.
    Er zeichnete drei Schreiben der Staatsanwaltschaft ab, las den Bericht über die Razzia in einem illegalen Spielclub und ging die neuesten Fahndungsmeldungen durch.
    Briefe, die von außen kamen, wurden normalerweise schon in der zentralen Poststelle geöffnet und dann auf die jeweils zuständigen Abteilungen verteilt. Der Kommissar wunderte sich deshalb über den geschlossenen Umschlag, den er nun in der Hand hielt.
    ›Wer schickt denn persönliche Post an mich hierher ins Präsidium?‹ Er tastete das Kuvert ab.
    ›Für eine Briefbombe ist es auf jeden Fall zu dünn.‹ Lindt lächelte kurz über seine Bedenken, es könnte ihm jemand etwas Explosives zuschicken. Außerdem wurde die gesamte Post schon in der Zentrale mit Metalldetektoren überprüft. Für besonders verdächtige Sendungen hatten sie seit neuestem sogar eine Durchleuchtungsmöglichkeit.
    Allerdings konnte er sich durchaus einige Personen vorstellen, die meinten, eine alte Rechnung mit ihm begleichen zu müssen. Die meisten dieser Kandidaten befanden sich aber noch immer auf Staatskosten im mehrjährigen Zwangsurlaub.
    ›Kommt schon was zusammen in fast fünfunddreißig Dienstjahren.‹ Einige spektakuläre Fälle hatte er gemeinsam mit seinen Mitarbeitern lösen können.
    Lindt suchte auf dem Umschlag vergeblich nach einem Absender und genauso vergeblich auf seinem Schreibtisch nach einem Brieföffner. Automatisch griff er nach dem Schweizer Taschenmesser in seiner Hosentasche.
    Er

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