Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
und durch meinen neuen Zahnarzt Herrn Doktor Peter Gabanski-Hammer ersetzte. Einzig einem Doppelnamen hielt ich die Treue. Der neue Zahnarzt überzeugte dennoch nicht nur durch seinen Doppelnamen oder seine Fähigkeiten als Dentist. Nein! Er war außerdem um einiges jünger und auch attraktiver als der alte, soweit ich das beurteilen konnte. Seine Augen waren stahlblau und sein Blick sprach Bände und verfehlte seine Wirkung nicht! Seinen Mund sah ich anfänglich nicht, da dieser hinter einem Mundschutz verborgen lag. Aber schon beim zweiten Zahnarztbesuch machte ich Bekanntschaft mit einer Reihe derart strahlend weißer Jacketkronen, dass ich von Stund‘ an nicht nur hingerissen, sondern ganz aus dem Häuschen war. So kam es dann, dass ich alle drei Tage wie auf Wolke Sieben in Peters Praxis schwebte, um meinen Wurzelkanal versorgen zu lassen, was einerseits äußerst unangenehm war, andererseits bei der vierten und auch abschließenden Behandlung zum Schäferstündchen führte. Wobei Schäferstündchen die Untertreibung des Jahrhunderts war! Peter überwältigte mich auf dem Zahnarztstuhl und - Asche auf mein Haupt - ich legte kein Veto ein! Dies war der Anfang einer wundervollen Liebschaft, welche dann ja auch sechs lange Jahre andauern sollte. Anfangs überhäufte Peter mich mit Aufmerksamkeit, Geschenken und Liebe. Alles an uns prickelte. Später spießerten wir gemeinsam um die Wette. Wir besuchten Ärztekongresse, Theater- und Opernaufführungen, wohingegen Kino vergleichsweise an Trivialität kaum zu unterbieten war, ausgenommen der Film war geringstenfalls französisch mit japanischem Untertitel. Peter trug ausschließlich Bruno-Campari-Anzüge, während sich in meinem Schrank Novitäten von Tommy Schlimmfinger stapelten. Unser Leben bestand aus Luxus und Labels. Wir residierten in Peters Eigentumswohnung und aus dem ersten Prickeln wurde mit den Jahren Gewohnheit, noch später Selbstverständnis. Ich unterwarf mich in jeder Beziehung Peter und seinem Lebensstil, was mir erst nach unserer Trennung gewahr geworden war. Tag um Tag lebte ich sein Leben und verschloss meine Augen vor der traurigen Realität. Anderenfalls barg die Liaison mit Peter auch gewisse Vorteile. Ich war zum ersten Mal der Günstling meiner Mutter, wenngleich nur für kurze Zeit. Ilse-Dore konnte ihren Schachteln beim Kaffeeklatsch imponieren, indem sie ihnen vorgaukelte, dass ihre Tochter in naher Zukunft einem Zahnarzt das Ja-Wort geben würde und daraus resultierte natürlich auch die unumstößliche Erkenntnis, dass Ilse-Dore die Großmutter vieler kleiner Zahnarztenkel mimen würde. Wie sie auf die Schnapsidee mit der Verlobung kam, kann noch heute niemand so wirklich rekonstruieren. In Mama Prügels Kopf scheinen sich bisweilen Szenen abzuspielen, die für Außenstehende wahrlich schwer nachvollziehbar sind, eben weil sie lediglich ihrem Wunschdenken entspringen. Nichtsdestotrotz - während der Peter-Phase wuchs mein Renommee bei meiner Mutter enorm.
Streng genommen war ja Thea der Liebling meiner Mutter. Sie war schon als Kind gehorsamer und umgänglicher als ich und in der Schule in jedem Fach um mindestens zwei Zensuren schlauer. Thea studierte im Folgenden Germanistik, während ich lediglich eine Lehre zur medizinischen Fachangestellten antrat. In allem was Thea zu Wege brachte, war sie mir stetig einen Schritt voraus. Bis zu dem Tag, an dem sie nach Hause kam und unsere Eltern über den Tatbestand ihrer ungewollten Schwangerschaft aufklärte. Und zu allem Überfluss übte der ebenso ungewollt werdende Vater unvorteilhafterweise auch noch einen eher gar nicht akademischen Beruf, nämlich den des Bademeisters, aus. Thea war inzwischen achtundzwanzig und das bedeutete, dass sie von Alters wegen durchaus in der Lage war, Mutter zu werden und zu sein. Nach etlichen Debatten, Abwägungen des Für oder Wider und nicht zuletzt aufgrund eines Heiratsantrags von Seiten des ungewollt werdenden Vaters, beschlossen Thea und Bernd das Baby zu bekommen. Angemerkt sei, dass der Bräutigam mit Mädchennamen „Schwanz“ hieß, nun wechselte auch dieser zu unserem prachtvollen Namen „Prügel“. Einen Doppelnamen zogen beide Parteien wohl nicht in Betracht. Merkwürdig! Jedenfalls war Theas Verhütungs-Fauxpas der Beginn meiner Sternstunde. Eigentlich hatte ich ihr die Rolle des Mutter-Lieblings nie geneidet, dennoch war es erbaulich, dass sich auch im Leben einer Thea Prügel mal eine Entgleisung vollzog. Lucy war das folgenschwere
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