Zum Heiraten verfuehrt
ich in dieser Hinsicht meinen Kindern keine gute Mutter bin. Du fängst ständig wieder damit an, dass ich mich bei unserer ersten Begegnung wie ein Flittchen aufgeführt habe. Aber die Wahrheit ist, dass ich ein naives siebzehnjähriges Mädchen war, naiv und unberührt – ja, sieh mich ruhig so an, es ist trotzdem die Wahrheit –, ein leichtsinniges, törichtes Ding, das sich nach dem Tod seiner Eltern schrecklich nach Liebe und Geborgenheit gesehnt und sich eingeredet hat, der Mann auf der anderen Seite der Bar wäre sein Retter, ein Ritter, ein Held, jemand ganz Besonderes und dazu bestimmt, es aus seinem Elend zu erlösen. Das war mein einziges Vergehen, Sander, nicht mehr und nicht weniger. Ich muss mir selbst vorwerfen, dass ich dich idealisiert und einen Menschen in dir gesehen habe, der du nie warst und auch nie sein wirst.“
„Und was all die anderen Männer anbelangt, mit denen ich angeblich zusammen war – die gibt es nur in deiner Fantasie. Kein einziger davon hat je existiert. Es gab überhaupt keine Männer in meinem Leben, oder glaubst du ernsthaft, ich könnte jemals wieder einem Mann zu vertrauen, nachdem du mich so gedemütigt hast? Nun, ich nehme an, du wolltest mir eine Lektion erteilen. Was dabei allerdings überrascht, ist, dass du offenbar unfähig bist zu akzeptieren, dass du damit erfolgreich warst.“
„Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich darauf bestanden habe, dich zu heiraten, Sander: Weil ich mir ganz sicher war, dass du mich für verrückt erklärst, dass du meine Forderung entrüstet zurückweist und wieder aus meinem Leben verschwindest. Aber dann wurde mir klar, dass du ein echtes Interesse an den Zwillingen hast, und das habe ich dir damals auch gesagt. Selbstverständlich bin auch ich der Meinung, dass Kinder in einer heilen Familie am besten aufgehoben sind. Das weiß ich, weil ich selbst bis zum Tod meiner Eltern in so einer Familie aufgewachsen bin, und natürlich hätte ich mir für meine Söhne dasselbe gewünscht.“
„Aber deine Anschuldigungen jetzt ändern alles. Ich kann unmöglich zulassen, dass du die Köpfe und Herzen der Jungen vergiftest. Dieses Kind hier ist ihr Bruder oder ihre Schwester, aber du würdest wahrscheinlich nicht einmal das Ergebnis eines Vaterschaftstests anerkennen. Einfach weil du es nicht willst. Du willst mich verteufeln und nur das Allerschlechteste von mir denken. Nun, vielleicht kannst du ja nicht anders, aber dann tust du mir leid. Meine Aufgabe als Mutter kann jedoch nur sein, alle meine Kinder zu beschützen. Die Zwillinge sind aufgeweckte, sensible Kinder. Sie würden ganz schnell spüren, dass du ihre Schwester oder ihren Bruder nicht akzeptierst, und dann würden sie dein Verhalten womöglich kopieren, und das darf ich niemals zulassen.“
Anfangs war er fest entschlossen gewesen abzustreiten, dass in Rubys wütenden Anklagen auch nur ein winziges Körnchen Wahrheit stecken könnte. Aber sein Schutzpanzer hatte Sprünge bekommen, wenn auch so hauchdünne, dass er geglaubt hatte, sie übersehen zu können. Doch dann hatte er zu seinem Entsetzen entdecken müssen, dass ein Teil von ihm sie gar nicht übersehen wollte . Wann war das passiert? Wie konnte sich dieser Teil, der doch auch zu ihm gehörte, auf so niederträchtige Art und Weise mit Ruby verbünden? Sander suchte, innerlich hin- und hergerissen, verzweifelt nach einem Ausweg.
Ruby musste sich eingestehen, dass die Situation viel schlimmer war als alles, was sie sich je ausgemalt hatte. Dass Sander wütend sein würde, hatte sie befürchtet, aber dass er sich weigern könnte, sein Kind anzuerkennen, wäre ihr im Traum nicht eingefallen. Dafür müsste sie ihn eigentlich hassen, und fast wünschte sie sich, sie könnte es. Vielleicht hatte Hass ja eine reinigende Wirkung.
Sie musste von hier weg, und zwar so schnell wie möglich, aber nicht ohne die Zwillinge. Die Jungen würden Sander schrecklich vermissen, trotzdem durfte sie nicht zulassen, dass er sie mit seiner Bitterkeit ansteckte. Weil absehbar war, dass sie irgendwann so denken und fühlen würden wie er.
Sie wandte sich um und schaute, ihre Tränen fortblinzelnd, auf die offene Balkontür.
„Es sinnlos, diese Diskussion fortzusetzen“, sagte sie. „Ich weiß sowieso, dass du nur das Schlechteste von mir denkst.“
Aus Angst, sie könnte jeden Moment zusammenzubrechen, ging Ruby eilig nach draußen.
Alexander, der immer noch erbittert mit sich rang, beobachtete sie vom Schlafzimmer aus. Jetzt hatte
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