Zur Sünde verführt: Roman (German Edition)
geflüchtet war. Wie Jäger, die die Schwäche ihrer Beute witterten und immer näher rückten, tauchten sie inzwischen immer öfter auf. Lauerten beständig irgendwo im Hintergrund und brachen von dort aus immer häufiger in ihre Gedanken ein. Sie wollte allerdings weder diese Stimme hören noch die lästerlichen Bilder sehen. Wollte sich an nichts erinnern. Gott, sie wollte sich an nichts erinnern, was in jener Nacht geschehen war.
Sie schob die Wagentür auf, stieg aus und ging zum Haus. Es war uralt und winzig klein, doch sie fühlte sich dort pudelwohl. Es gab ein sonnenhelles Wohnzimmer mit einer breiten Fensterfront, einem gemauerten Kamin und einer winzig kleinen Essecke, aus der man direkt in die heimelige Küche kam, zwei Schlafzimmer und dazwischen ein Bad.
Laney hatte das Haus sofort bei der Besichtigung gemietet, nachdem ihr die Vermieterin gestattet hatte, vernünftige Veränderungen darin durchzuführen. Als Erstes hatte sie den stark vernachlässigten, aber wunderschönen Hartholzboden sorgfältig gewachst, dann hatte sie die Zimmer mit hellen, fröhlichen Farben gestrichen und am Ende alles kostengünstig und zugleich geschmackvoll dekoriert.
Nur das zweite Schlafzimmer sah noch recht traurig aus. Vielleicht könnte sie es ja an diesem Wochenende streichen? Vorher sollte sie jedoch den Doktor fragen. Denn die Farbdämpfe würden dem Kind vielleicht nicht guttun.
Sie wollte gerade ihre Tasche auf den Flurtisch legen,
als sie mitten in der Bewegung innehielt. Das Kind. Hatte sie wirklich an »das Kind« gedacht? Ihr Kind? Jemand, den sie lieben könnte. Jemand, der sie lieben würde.
Plötzlich brach sie gleichzeitig in Lachen und in Weinen aus. Sie wollte dieses Kind. Dann gäbe es endlich einen Menschen, mit dem sie ihr Leben teilen könnte. Dann wäre es nach all den Jahren nicht mehr so leer.
Der Aufsichtsrat der Schule ließe sich doch sicher dazu überreden, sie weiterzubeschäftigen. Und wenn die Mitglieder es nicht täten, zöge sie einfach um. Nichts könnte ihrem Glück im Wege stehen. Sie würde ein Kind bekommen!
»Das ist [ein Räuspern], gelinde gesagt, eine ziemliche Überraschung, Miss McLeod.«
»Ms McLeod«, korrigierte Laney Mr Harper nachdrücklich. Sofort nachdem sie von der Schwangerschaft erfahren hatte, hatte sie um ein Gespräch mit ihrem Schuldirektor und dem Leiter des Verwaltungsrats gebeten. Denn am besten brächte sie die Feuertaufe sofort hinter sich. Sie war beinahe im dritten Monat schwanger, und bald würde man es sicher sehen. »Wie ich Ihnen bereits erklärt habe, bin ich verheiratet, lebe aber getrennt von meinem Mann. Und seit meiner – unserer – Trennung trete ich wieder unter meinem Mädchennamen auf.«
Der Rektor blickte auf den Leiter des Verwaltungsrats. Dieser hatte bisher noch keinen Ton gesagt, und so fuhr sich der Schuldirektor mit einer Hand über die schweißglänzende Stirn. Er hatte Laney eingestellt,
und jetzt hatte er Angst, dass man möglicherweise ihm die Schuld an diesem Durcheinander gab.
»Und Sie sagen, Sie … uh … erwarten ein Baby?«
Laney befeuchtete kurz ihre Lippen. Dies war der kniffelige Teil. Wie sollte sie die beiden davon überzeugen, dass sie mit einem Mann, von dem sie sich getrennt hatte, ins Bett gegangen war? »Ja. Ich … es war einer dieser … wir haben noch mal versucht, uns zu versöhnen«, klärte sie ihre beiden Vorgesetzten mit einem schwachen Lächeln auf. »Es hat nicht funktioniert, aber das Ergebnis dieses Wochenendes war meine Schwangerschaft.«
Auch der Leiter des Verwaltungsrats begann zu schwitzen und räusperte sich laut. »Ich glaube, wir haben verstanden.« Er blickte auf den Schuldirektor, und dieser wiegte den Kopf. »Und was wollen Sie jetzt von uns?«
»Ich würde gerne weiter unterrichten«, gab sie unumwunden zu. Am besten gäbe sie sich möglichst selbstbewusst. »Der Geburtstermin ist Mitte März, fällt also mitten in die Frühjahrsferien. Und bis dahin haben Sie bestimmt schon eine Vertretung für mich gefunden, die die letzten acht Wochen des Schuljahrs übernehmen kann.«
Mr Harper sagte nichts. Er würde sich nicht festlegen, solange er nicht wusste, was der Leiter des Verwaltungsrats von Laneys Vorschlag hielt.
Der Mann bedachte sie mit einem durchdringenden Blick. »Es könnte etwas peinlich werden. Eine unverheiratete Vorschullehrerin, die … uh …«
»… schwanger ist«, beendete Laney seinen Satz. »Ja. Auch ich hatte so etwas nicht vorhergesehen, aber es
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