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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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aufsuchen, wie viel mal zweitausendvierhundert Liter Luft der Nautilus faßt.
    – Ganz richtig, sagte Conseil.
    – Da nun der Nautilus fünfzehnhundert Tonnen faßt, und die Tonne tausend Liter enthält, so muß der Nautilus fünfzehnhunderttausend Liter Luft fassen, die man mit zweitausendvierhundert zu dividiren hat …«
    Ich rechnete rasch das Exempel mit dem Bleistift:
    » … Das macht sechshundertfünfundzwanzig. Das will eben so viel heißen als, daß der Nautilus strenge genommen so viel Luft faßt, als für sechshundertfünfundzwanzig Mann während vierundzwanzig Stunden erforderlich ist.
    – Sechshundertfünfundzwanzig, wiederholte Ned.
    – Aber seien Sie nur versichert, fügte ich bei, daß wir, Passagiere, Matrosen oder Officiere, nicht den zehnten Theil dieser Zahl ausmachen.
    – Gegen drei Mann ist dies zu viel! brummte Conseil.
    – Folglich, armer Ned, kann ich Ihnen nichts rathen, als Geduld.
    – Und mehr noch Ergebung, erwiderte Conseil.
    – Trotzdem, fuhr er fort, kann der Kapitän nicht immerfort südwärts fahren! Er muß wohl einmal einhalten, sei es auch nur vor den Eisbergen, und muß in mehr cultivirte Meere zurück kehren! Dann wird es Zeit sein, Ned-Land’s Projecte wieder vorzunehmen!«
    Der Canadier schüttelte den Kopf, fuhr mit der Hand über seine Stirne, und zog sich ohne zu antworten zurück.
    »Erlaube mir mein Herr, sagte darauf Conseil, etwas zu bemerken. Diesem armen Ned stehen seine Gedanken auf alles, was er nicht haben kann. Es kommt ihm alles aus seiner Vergangenheit. Alles was uns untersagt ist, darnach sehnt er sich. Seine früheren Erinnerungen überwältigen ihn, und sein Gemüth ist davon voll. Man muß ihn begreifen. Was hat er hier zu thun? Nichts. Er ist nicht ein Gelehrter, wie mein Herr, und weiß den Wundern des Meeres keinen Geschmack abzugewinnen. Er würde alles daran setzen, um einmal eine Schenke seines Landes besuchen zu können!«
    An ein thätiges Leben in Freiheit gewöhnt, mußte der Canadier die Einförmigkeit des Lebens an Bord unerträglich finden. Selten traten Ereignisse ein, die ihn mit Leidenschaft interessiren konnten. Doch begab sich damals ein Zwischenfall, der ihm seine frohen Tage als Harpunier in Erinnerung brachte.
    Gegen elf Uhr Vormittags, als sich der Nautilus auf der Meeresoberfläche befand, gerieth er mitten unter einen Trupp Wallfische. Diese Thiere flüchten nämlich, wenn sie auf’s Aeußerste verfolgt werden, in die höheren Breitengrade.
    Der Wallfisch hat in der Geschichte der Entdeckungen eine große Rolle gespielt. Er hat die Basken, die Asturier, Engländer und Holländer gegen die Gefahren des Meeres gleichgiltig gemacht, so daß sie bei seiner Verfolgung von einem Land zum anderen drangen. Sie sind vorzugsweise in den südlichen und nördlichen Meeren zu Hause.
    Wir saßen bei ruhiger Fluth auf der Plateform, und der October hat unter jenen Breitegraden recht schöne Herbsttage. Der Canadier gewahrte in einer Entfernung von fünf Meilen einen Wallfisch am östlichen Horizont.
    »Ach! rief Ned-Land, wäre ich an Bord eines Wallfischjägers, das wäre mir eine Luft! Was für ein stattliches Thier das ist! Wie mächtig schleudert er die Wassersäulen empor! Tausend Teufel! Daß ich auch an dies Stück Eisen gefesselt bin!
    – Wie? Ned, erwiderte ich, Sie haben immer noch Ihre alten Fischergedanken?
    – Mein Herr, kann ein Wallfischfänger sein Handwerk vergessen?
    – In diesen Meeren, Ned, haben Sie nie gefischt?
    – Nein, mein Herr. Nur im Norden, und in der Berings-wie in der Davis-Straße.
    – So kennen Sie also den südlichen Wallfisch noch nicht. Der nördliche, den Sie bisher gejagt haben, würde sich nicht in die warmen Gewässer des Aequators wagen.
    – Ah! Herr Professor, was sagen Sie mir da? erwiderte der Canadier etwas ungläubig.
    – Ich sage, wie es wirklich ist.
    – Ich will Ihnen ein Beispiel sagen. Ich habe im Jahre fünfundsechzig in der Nähe von Grönland einen Wallfisch aufgetrieben, dem steckte in der Seite eine Harpune mit dem Stempel eines Wallfischjägers der Beringsstraße. Nun frage ich Sie, wie ist es möglich gewesen, daß ein Thier, welches im Westen von Amerika getroffen worden, im Osten erlegt wurde, wenn es nicht über den Aequator kam, sei es um’s Cap Horn oder das Cap der guten Hoffnung?
    – Das ist auch meine Meinung, sagte Conseil, und ich bin begierig, was mein Herr darauf antworten wird.
    – Ich habe darauf zu antworten, meine Freunde, daß die Wallfische ihren

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