Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Abbildung des positiven. Man sieht darauf jene urweltlichen Felsen, welche niemals das Himmelslicht erblickt haben, jenen Granitkern, welcher die mächtige Grundschicht des Erdballs bildet, diese tiefen, in den Steinmassen ausgehöhlten Grotten, diese unvergleichlich klaren Profile, deren letzter Strich sich schwarz abhebt. Sodann, weiter hinaus ein Horizont von Bergen, eine bewundernswerthe Wellenlinie, welche den Hintergrund des Gemäldes bildet. Unbeschreiblich ist dieses Gesammtbild glatter, schwarzer, glänzender Felsen, ohne ein Moospflänzchen, ohne einen Flecken, in seltsam geschnittenen Formen, von solidem Bau auf diesem Teppich von Sand, der in den Strahlen des elektrischen Lichtes funkelte.
    Doch als diese Arbeit fertig war, sprach der Kapitän Nemo:
    »Jetzt wollen wir wieder aufsteigen, Herr Professor. Man darf den Nautilus nicht allzulange solchem Druck aussetzen.
    – Ja wohl, erwiderte ich.
    – Halten Sie sich fest.«
    Ich hatte noch nicht Zeit zu begreifen, weshalb der Kapitän mir dieses empfahl, als ich zu Boden geworfen wurde.
    Als auf ein Signal des Kapitäns die Schraube gehemmt, die Ebenen senkrecht gerichtet waren, fuhr der Nautilus, wie ein Ballon in die Lüfte steigt, mit blitzgleicher Schnelligkeit aufwärts. Er durchschnitt die Masse der Gewässer mit lautem Zischen. Unmöglich war’s, irgend ein Detail zu sehen. In vier Minuten legte er die vier Lieues zurück, welche er von der Oberfläche des Oceans entfernt war, fuhr gleich einem fliegenden Fisch über dieselbe empor und fiel wieder herab, daß die Wogen zum Erstaunen hoch aufspritzten.
Zwölftes Capitel.
Pottfische und Wallfische.
    Während der Nacht des 13. zum 14. März fuhr der Nautilus in seiner südlichen Richtung weiter. Ich dachte, auf der Höhe des Cap Horn werde er dieses umfahren, um in dem Stillen Ocean seine Rundreise um die Erde zu vollenden. Wollte er zu dem Pol dringen, das wäre unsinnig gewesen. Ich fing an zu glauben, daß die Verwegenheiten des Kapitäns hinlänglich die Befürchtungen Ned-Land’s rechtfertigten.
    Der Canadier sprach seit einiger Zeit nicht mehr mit mir über seine Fluchtprojecte. Er war weniger mittheilsam, fast schweigsam geworden. Ich sah, wie die Fortdauer der Gefangenschaft auf ihm lastete. Ich fühlte, wie sich der Zorn in ihm steigerte. Wenn er mit dem Kapitän zusammen traf, funkelten seine Augen von einem düsteren Feuer, und ich fürchtete stets, das Ungestüm seines Charakters werde ihn zu einem Aeußersten treiben.
    Am 14. März kam er mit Conseil auf mein Zimmer. Ich fragte sie um die Ursache ihres Besuchs.
    »Ich habe eine einfache Frage an Sie zu richten, mein Herr, erwiderte der Canadier.
    – Reden Sie, Ned.
    – Wieviel Mann glauben Sie, daß sich an Bord des Nautilus befinden?
    – Ich wüßte es nicht zu sagen, mein Freund.
    – Es scheint mir, versetzte Ned-Land, sein Manövriren erfordert keine große Mannschaft.
    – In der That, erwiderte ich, müssen in den Verhältnissen, worin er sich befindet, wohl zehn Mann höchstens dafür genügen.
    – Nun, sagte der Canadier, weshalb sollten mehr vorhanden sein?
    – Weshalb?« entgegnete ich, und sah Ned-Land, dessen Absichten leicht zu errathen waren, fest in’s Angesicht.
    »Weil, sagte ich, wenn nicht meine Ahnungen mich trügen, wenn ich die Existenz des Nautilus recht verstehe, derselbe nicht blos ein Schiff ist, sondern eine Zuflucht für diejenigen sein soll, welche, wie sein Commandant, alle Verbindung mit der Erde abgeschnitten haben.
    – Vielleicht, sagte Conseil; aber am Ende kann der Nautilus doch nur eine gewisse Anzahl Menschen fassen, und mein Herr könnte wohl schätzen, wie viele höchstens?
    – Wie so, Conseil?
    – Durch Berechnung. Da der Umfang des Schiffsraumes meinem Herrn bekannt ist, folglich auch, wie viel Luft er fassen kann; da er ferner weiß, wie viel Luft jeder Mensch durch Einathmen verbraucht; und vergleicht er diese Resultate damit, daß der Nautilus alle vierundzwanzig Stunden auftauchen muß …«
    Ich ließ Conseil nicht seinen Satz ausreden, denn ich sah wohl, wo hinaus er damit wollte.
    »Ich verstehe Dich, sagte ich; aber diese Berechnung, obwohl leicht anzustellen, kann doch nur eine unbestimmte Ziffer ergeben.
    – Gleichviel, versetzte Ned-Land dringend.
    – Die Rechnung ist folgende, sagt’ ich. Jeder Mensch verbraucht in einer Stunde den in hundert Liter Luft enthaltenen Sauerstoff, das macht in vierundzwanzig Stunden so viel als zweitausendvierhundert Liter. Also muß man

Weitere Kostenlose Bücher