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Zwei Esel Auf Sardinien

Titel: Zwei Esel Auf Sardinien Kostenlos Bücher Online Lesen
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Geheimnis. In Bewegung bleiben, nach allen Seiten offen sein, Schranken in ihre Schranken verweisen und sie nicht an sich heranlassen, das Individuum gewähren und Milde walten lassen.
    Ich schwimme im Meer.
    Heimlich bin ich nachts aufgestanden, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass die tiefen Atemzüge, die Brunos Brust entströmten, Tiefschlaf bedeuten, und habe die große Terrassentür geöffnet, um die milde Herbstluft in unser Schlafzimmer zu bitten. Den weißen, fast durchsichtigen Vorhang ließ ich davor hängen. Mit jedem Windhauch blähte er sich wie ein Segel, dann fiel das Segel in sich zusammen und entließ die gefangene Luft, um sie im Zimmer tanzen zu lassen. Sie streifte sacht meine Nasenspitze, und der Duft von Tang und Salz betörte mich. Ich konnte kaum die ersten Anzeichen von Tageslicht erwarten. Mein Plan stand fest. Kaum färbte sich das weiße Segel rosagrau, stieg ich aus dem Bett, leise, behutsam. Schlang ein bereitgelegtes Handtuch um meinen nackten Körper und schlich barfuß hinaus ins Freie. Lief über taunasses Gras, entlang am verschlammten Salzsee, dem die Ebbe fast gänzlich das Wasser entzogen hatte und in dem sich Hunderte verschlafene Flamingos einbeinig ihren Träumen hingaben, denn bevor nicht die Flut ihnen neue Nahrung lieferte, gab es nichts, was sie versäumen konnten.
    Am Strand offenbart sich mir ein silbrig blauer Spiegel bis zum Horizont. Ich bin absolut allein. Nirgendwo eine Menschenseele. Vorsichtig tauche ich meine Füße in die fast unmerklichen kleinen Wellen. Erschaudere ob der Kühle, die sie umfängt. Kurz überlege ich mir, ob ich meinen Plan nicht doch besser fallenlasse und wieder zurückkehre in mein warmes Bett, verwerfe jedoch blitzartig den Gedanken, denn vielleicht habe ich nie mehr die Gelegenheit, so früh am Morgen, so spät in der Jahreszeit ins Meer hinauszuschwimmen. Also atme ich tief ein und gehe zügig auf weichem Sand ins Wasser, bis mein Bauch umspült ist und ich eintauchen kann in die salzige Flut. Wunderbar weich und letztlich viel wärmer als im ersten Moment empfunden ist das Meer. Hier kann ich mich hingeben. Bewusst meinem Atem lauschen, meinen Schwimmbewegungen folgen und dem Herrgott danken, dass ich diesen Moment erleben darf. Zug um Zug tauche ich ein, schwimme zügig, mal auf dem Rücken, mal auf dem Bauch, drehe mich im Wasser und fühle mich wie ein Delphin, so leicht, so heiter. Endlos könnte ich so hinausschwimmen, habe ich doch keine Angst, weder vor der Tiefe unter mir noch vor seinen Bewohnern. Ich weiß, mein Schwimmen ist beschützt, im Universum freut man sich über meinen Mut. Plötzlich verändert sich die Farbe des Meeres. Was gerade noch ein bleifarbenes Blau war, ist nun pures Gold. Ich folge dem goldenen Strom, der am Ende in die aufgehende Sonne mündet. Endlos könnte ich darin schwimmen. Ein so großes Glücksgefühl macht sich in mir breit, wie ich es lange schon nicht mehr erlebt habe, und unendlich dankbar lasse ich mich auf dem Rücken treiben. Ich blicke hinauf zum Himmel. Die letzten Sterne verschwinden im morgendlichen Schleier. So bleibe ich liegen, schwerelos, vom Salz getragen. Erst als Minuten später der Zauber vorüber ist, beschließe ich, umzudrehen und zurückzuschwimmen an den weit entfernten Strand. Eingehüllt in das Badehandtuch lasse ich mich am Strand in dem noch kühlen Sand nieder.
    Nach wie vor ist niemand zu sehen. So rubble ich mich trocken, rolle das Handtuch zusammen und setze mich im Schneidersitz darauf, um nackt, wie Gott mich schuf, in Meditation zu gehen.
    Betrachte ich nun in diesem Moment Bruno und mich, so kann die Wahrnehmung unterschiedlicher nicht sein. Vermutlich schläft er noch tief, erwartete er doch von dieser Nacht eine ausgiebige Erholung. Diese schien gewährleistet zu sein, nachdem er die Terrassentür fest verriegelte, um ja durch nichts und niemanden gestört zu werden. Mit dem festen Entschluss, mindestens zehn Stunden durchzuschlafen, verabschiedete er sich gestern Abend von mir, bevor er sich zusammenrollte. Ich hingegen schnupperte die überwältigende Natur, das Abenteuer und erwartete von dieser Nacht, dass sie mir einen tiefen, aber kurzen Schlaf schenken und mich am frühen Morgen in die Stille, in das Unberührte entlassen würde.
    Wenn ich nun in unser Schlafzimmer zurückkehre, hat jeder von uns seine eigene Erfahrung gemacht. Wir werden uns schwerlich austauschen können, es sei denn, wir lassen uns gegenseitig so lange Zeit, bis der Moment

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