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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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trugen nur Keulen und kurze Speere mit Steinspitzen. Die Amazonen hatten Zeit gehabt, sich Bogen anzufertigen und Pfeile zu schnitzen, aber die Atlantiden besaßen nichts als ihre Dolche. Sie hatten weder Schilde noch Harnische. Ein Handgemenge würde mörderisch sein.
    Die ungefähr dreißig Krieger umfassende Horde kam immer näher. Zena zischte einen Befehl. Die Amazonen stellten sich so auf, dass sie die Sonne im Rücken hatten, und legten ihre Pfeile an die Bogensehne. Ihre Füße tasteten sorgfältig den Boden ab; sie suchten den festgefügten nassen Sand, weil es dort leichter sein würde zu kämpfen.
    Und dann spielte sich alles mit unheimlicher Schnelligkeit ab. Ein heftiges Kreischen erhob sich, dann ein weiteres und dann wieder und wieder. Die Schreie schienen von allen Seiten zugleich zu kommen und die ganze Weite des Strandes zu erfüllen. Die Horde stürzte vorwärts! Aufrecht und geschmeidig, in zerfetztem Gewand, das Haar wie einen kupfernen Überwurf um ihre Schultern gebreitet erwartete Zena den Ansturm des Feindes mit einem Ausdruck hochmütigen Spotts. Isa stand neben ihr; ihr Bogen war in Augenhöhe gespannt und Usir erkannte - zu seltsamer Härte erstarrt - das kühne Antlitz der Kriegerin wieder, die er am Strand der Fraueninsel überwältigt hatte. Doch schon fiel die Horde über sie her! Das Gebrüll der Angreifer mischte sich in das Surren der Bogensehnen und Pfeile. Mitten in die Brust getroffen stürzten drei Männer zu Boden. Die anderen stürmten weiter. Mit einer geschickten Wendung wich Usir dem heftigen Keulenschlag aus, den ein Krieger auf ihn abzielte. Er riss seinen Dolch hoch; die Klinge bohrte sich in die Achselhöhle des Gegners, der taumelnd zu Boden stürzte. Doch schon trat ein anderer an seine Stelle. Usir hörte das Keuchen hinter den hohlen Masken, roch den mit Moschus durchsetzten Gestank von Schweiß und frisch gegerbtem Leder. Die Augen glänzten in den Löchern der Masken und erfüllten die gewaltigen Stierköpfe mit gespenstischem Leben.
    Wie alle Atlantiden an das Handhaben von Waffen gewohnt, kämpften Torr, Ato und Merit, jeder für sich allein, sehr geschickt und überlegt. Mit seiner Waffe, die er mit tödlicher Sicherheit schwang, beschützte Haku den alten Xoris. Das Klirren der Waffen, der Aufprall von Steinen, der Kriegsruf der Amazonen, das dumpfe Brüllen der maskierten Krieger steigerte sich zu wildem Tosen. Usir spürte, wie seine Kräfte erschlafften. Seine schmerzenden Schläfen pochten, rote und gelbe Funken tanzten vor seinen Augen. Er hatte das Gefühl, jeden Augenblick von der Seite oder von hinten den endgültigen Todesstoß durch einen Speer oder vom Schlag einer Keule zu erhalten.
    Plötzlich glaubte er das Opfer eines Trugbildes zu sein: Die einsame Gestalt einer Frau erschien auf dem Hügelkamm, der den Strand beherrschte. Ihr purpurner Mantel flatterte im Sonnenlicht. Sie hob den Arm zum Signal empor. Im gleichen Augenblick sah er, wie an die hundert - Frauen und Männer - hinter jedem Felsen, hinter jedem Busch, hinter jedem Baum hervorbrachen. Er vernahm Isas triumphierenden Aufschrei: »Das ist Leia! Das sind die Unsrigen!«
    Etwas Schwarzes sauste haarscharf an ihm vorbei. Es gelang ihm gerade noch rechtzeitig, dem Keulenschlag auszuweichen, doch die Kopfverletzung, die er sich beim Schiffbruch zugezogen hatte, schwächte seine Widerstandskraft. Der Dolchstoß, mit dem er den Angriff parierte, ging daneben. Er fühlte, wie zwei sehnige Hände seine Kehle umspannten. Ein eiserner Ring drohte ihn zu ersticken. Er sank in die Knie; der Dolch entfiel seiner Hand. Ein Röcheln drang aus seiner Kehle. Der schwarze, stinkende Stierkopf kam immer näher. Er füllte seinen Blick aus und zugleich die ganze Welt -
    Ein Klatschen, ein jäher Stoß. Die Maske schwankte und wich zurück. Die Umklammerung löste sich. Luft strömte wieder in Usirs Lungen. Er atmete gierig und tastete nach seinem Dolch. Sein Angreifer lag vor ihm im Sand. Ein Pfeil stak bis zum Schaft in seinem Rücken. Die Maske hatte sich verschoben und der Mann versuchte sie von seinem Kopf zu reißen. Doch seine Hände erschlafften und er rührte sich nicht mehr.
    Ein Schatten fiel auf den Sand. Usir sah Zena einige Schritte entfernt vor sich stehen. Ihr schweißbedecktes Gesicht glänzte wie Gold. Sie hob den Blick von dem Mann, den sie soeben

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