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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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Brandyflasche aus dem Schrank hervor, die normalerweise nur bei Abschluss wirklich lukrativer Mandate zum Einsatz kam und deshalb noch fast voll war. Rainer goss sich mit zitternder Hand ein halbes Glas ein und kippte es mit einem Schluck.
    »Rückfall in frühere Zeiten?«, spottete Martina Spremberg.
    »Halt die Klappe«, knurrte Rainer und kehrte, die Alkoholfahne ignorierend, zu seinem Mandanten zurück.
    »Übernehmen Sie die Sache?«, fragte Mühlenkamp, als Rainer wieder hinter seinem Schreibtisch saß.
    »Natürlich. Haben Sie denn irgendwelche Unterlagen, aus denen ich ersehen kann…«
     
    »Bitte.« Mühlenkamp reichte dem Anwalt das Schriftstück, das er bis jetzt in der Hand gehalten hatte. »Das ist eine Kopie des Mustervertrages. Natürlich habe ich noch nicht unterschrieben. Wie Sie sehen werden, steht auch weder mein Name noch der des Investors in den Papieren.«
    Esch blätterte den Vertragsentwurf flüchtig durch. »Ich werde das prüfen.« Er schob eine Vollmacht über den Tisch.
    »Bitte füllen Sie das hier aus.«
    Und ganz im Gegensatz zu seinen üblichen Gepflogenheiten verzichtete er auf einen Vorschuss.
     
    1
    Theo Bauer genoss auf seinem Balkon die spätnachmittägliche Sommersonne. Zugegeben, der Ausblick von hier oben war nicht gerade umwerfend. Aber jetzt, drei Stunden nach Feierabend, war der asphaltierte Hof, auf dem die Angestellten und Kunden der Heiligen-Apotheke ihre Fahrzeuge abstellten, leer. Kein aufheulender Motor und Abgasgestank störten ihn mehr an diesem frühen Samstagabend in seiner grünen Oase, wie er den gut zehn Quadratmeter großen Balkon bezeichnete.
    Das, was dem Parkplatz, auf den er herabblickte, an Pflanzen fehlte, wucherte in seinem Refugium umso heftiger. Sah man von dem Klappstuhl, der schmalen Liege, dem Tischchen und dem dreibeinigen Rundgrill ab, stand auf fast jedem freien Zentimeter ein Kübel oder ein Blumentopf. An den Wänden waren Kletterhilfen befestigt, an denen wilder Wein und Rosen der Sonne entgegenrankten. Wenn sich Theo Bauer auf die Liege zwischen seine Pflanzen legte, konnte er beinahe vergessen, dass er auf einem Balkon im ersten Stock eines Geschäftshauses im Recklinghäuser Stadtteil Suderwich ruhte.
    Er war vierundsechzig Jahre alt, Rentner und lebte schon seit knapp vier Jahren in der Zweizimmerwohnung über der Heiligen-Apotheke. Kurz nach dem Tod seiner Frau im Frühjahr 1996 war er hier eingezogen. Seine alte Wohnung in der Innenstadt war für ihn allein zu groß geworden. Die beiden Kinder waren schon lange aus dem Haus und gingen ihre eigenen Wege. Deshalb hatte er das Angebot des Hausbesitzers und Apothekers Klaus Lehmann gern angenommen. Er musste keine Miete bezahlen. Als Gegenleistung spielte er den Hausmeister und führte kleinere Reparaturen durch, sorgte im Winter dafür, dass die Verkehrsflächen schnee-und eisfrei blieben, pflegte die Blumen in den großen Waschbetoncontainern vor dem Eingang und half manchmal mit, größere Lieferungen von Fruchtsäften und andere Waren in die Lagerräume im Keller zu tragen.
    Der Hauptgrund aber, warum er hier mietfrei wohnen durfte, war, dass sich jemand nachts und an den Wochenenden im Haus aufhalten sollte. Früher wohnten die Lehmanns in der anderen Wohnung, die sich auf derselben Etage befand. Bauers Zimmer hatten damals als Büroräume gedient. Dann aber bezog das Apothekerehepaar einen Neubau in Datteln und es wurde mehr Platz für das Büro und zusätzliche Lagerkapazitäten benötigt. Kurzerhand wurden die alten Büroräume umfunktioniert und die frühere Wohnung diente nun geschäftlichen Zwecken.
    Für Theo Bauer war das ein wirklicher Glücksfall. Er kam mit seiner Knappschaftsrente mehr als gut aus und konnte nun sogar einen kleinen Sparvertrag bedienen, den er für seine Enkelkinder abgeschlossen hatte. Er hatte keinen Grund, unzufrieden zu sein.
    Der Rentner hörte ein Geräusch vom Garagenhof. Er erhob sich ächzend von der Liege, beugte sich über das Geländer und sah nach unten. Er konnte nichts Ungewöhnliches entdecken.
    Er wollte sich gerade wieder hinlegen, als er erneut etwas wahrnahm. Ein Scharren, dann ein dumpfes Klacken, so als ob vorsichtig eine Tür zugezogen wurde. Die Kellertür, dachte er.
    Er machte sich noch länger. Zu sehen war immer noch nichts.
    Doch, da. Zwischen den Büschen des Nachbargrundstücks, etwa fünfzig Meter von ihm entfernt, registrierte er eine Bewegung. Und da war auch wieder ein Geräusch, diesmal etwas lauter. Dann erkannte er

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