Zwielicht
zog wie eine Wolke über Valerians aristokratisches Gesicht. „Das stimmt. Das hätte ich nicht von ihm erwartet. Eine tapfere Tat."
„Und Sie haben eine heilige Stätte der Protoss eingenommen", fuhr Jake fort. „Verzeihen Sie mir meine Offenheit, Sir, aber nachdem ich den Protoss so nahe war, gefällt mir das ganz und gar nicht."
„Mir auch nicht. Bedauerlicherweise war es in dem Moment notwendig, um Sie zu finden. Es wird Sie jedoch freuen zu hören, dass Ihre Protoss-Freunde, während Sie operiert wurden, zurückgekehrt sind. Und viele weitere mit ihnen."
„Sie kamen unseretwegen zurück", sagte Rosemary. Sie blickte in ihr Glas mit Birnenbrandy, aber ihre Mundwinkel wiesen nach oben. „Was sagt man dazu, hm?"
Jake hüpfte das Herz in der Brust. Sie hatten ihn nicht verlassen, und auch die dunklen Templer nicht. Irgendwie überraschte ihn das kaum trotzdem war er sehr froh darüber.
„So ist es. Ich war gezwungen, ihnen die Herrschaft über Ehlna zurückzugeben, andernfalls wären die hübschen und sehr teuren Schiffe meines Vaters vom Himmel geschossen worden."
„Aber... all dieses Wissen... das ist doch genau das, wonach Sie gesucht haben", sagte Jake. „Verflucht, das ist genau das, wonach ich gesucht habe."
„Mein Vater würde es ausbeuten, und wenn er das nicht kann, würde er es vernichten. Ich möchte dieses Wissen lieber bewahrt sehen, geschützt auch wenn das bedeutet, dass ich selbst es nie besitzen werde. Aber ich gebe zu, in meinem Quartier befindet sich eine kleine Kiste mit Kristallen, mit denen ich mich zu einem späteren Zeitpunkt befassen werde."
Jake lächelte verhalten und nippte an seinem Brandy. Er war beinahe unerträglich süß, der reife Kuss einer von der Sonne erwärmten Birne, die bereit war, vom Baum geholt und veredelt zu werden prall, dick, sirupartig und golden. Einen Moment lang dachte er daran zurück, wie er und Valerian zuletzt etwas zusammen getrunken hatten.
Ich weiß, dass manche Leute der Ansicht sind, dies sei ein romantischer, aufregender Beruf. Aber in Wirklichkeit ist er nur mit viel harter Arbeit und praktischer Rätsellösung verbunden. Sicher, es ist eine wunderbare intellektuelle Herausforderung, aber unterm Strich bleibt nur sehr wenig Romantik übrig.
„Was grinst du denn so?", wollte Rosemary wissen. Er lächelte zu ihr hinab.
„Ich habe daran gedacht, was ich bei unserer ersten Begegnung zu Valerian sagte. Dass an der Archäologie kaum etwas Romantisches sei. Ich habe mich geirrt, und Sie hatten recht. Das war..."
Er fand keine Worte, und er konnte sich nicht mehr mit dem Denken anderer verbinden, um auf diese Weise auszudrücken, was Worte nicht vermochten. „Ich... ich bin nicht mehr nur ein unabhängiger Beobachter. Ich bin kein Bewahrer, nicht so, wie es die Protoss sind, aber ich bin jetzt ein Geschichtenerzähler. Ein Hüter der Überlieferungen. Ich war immer ein Skeptiker, ein Wissenschaftler. Aber Sie hatten recht, Valerian. Es geht um die Entdeckung von Wundern."
Er schaute Valerian ins Gesicht, das seine Neugier, seine Erregung und seine Begierde, ihm zuzuhören, kaum verhehlte. Er sah Rosemary an, die jetzt noch schöner war als bei ihrem ersten Kennenlernen, und sie erwiderte seinen Blick mit einem sanften Lächeln. Gedanken und Bilder wirbelten durch seinen Kopf: Darius, Kendra, Rosemary, Devon Starke; Alzadar und Ladranix und Vartanil; Selendis und Mohandar und Zeratul und am Anfang und am Ende von alldem war ein Protoss-Geist mit einem trockenen Sinn für Humor und einem großen Herzen, ein Geist namens Zamara, die ein friedliches Hinscheiden gegen einen ewigen Kampf eingetauscht hatte.
Impulsiv hob er sein Glas. „Ich möchte einen Toast ausbringen. Auf Mut und Neugier und Opferbereitschaft und... und auf die Geschichten." Die kleinen Gläser klirrten aneinander, und Jake trank das seine, zu seiner eigenen Überraschung und zu Rosemarys und Valerians, in einem Zug leer. Grinsend hielt er Valerian das leere Glas hin, und der füllte es neu.
„Lassen Sie mich Ihnen erzählen, was geschehen ist", begann Jake in einem Ton, der erfüllt war von tiefer Freude und Stolz. „Lassen Sie mich Ihnen... alles erzählen."
ENDE
ÜBER DIE AUTORIN
Die preisgekrönte Autorin Christie Golden hat über dreißig Romane und mehrere Kurzgeschichten in den Genres Science-Fiction, Fantasy und Horror geschrieben.
1991 brachte Golden mit ihrem ersten Buch, dem erfolgreichen Roman Vampire of the Mists, die Ravenloft-Reihe auf den Weg
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