Zwielichtlande
zusammen.« Langes Schweigen. »Annabella, es sieht dir überhaupt nicht ähnlich, dich so Knall auf Fall zu verlieben. Ich mache mir Sorgen. Ich will nicht, dass du verletzt wirst oder alles aufs Spiel setzt, was du mit deinem Tanzen erreicht hast.«
»Er ist ein guter Kerl, Mom. Ich bin verrückt nach ihm und wette, du wirst es auch sein.«
Annabella spürte einen Anflug von Sorge und merkte, dass ihre Zukunft mit Custo sie beschäftigte. Die Tatsache, dass er wie ein Mensch alterte, war ziemlich tröstlich, aber sie mussten trotzdem herausfinden, wie sie überhaupt miteinander leben konnten, vor allem da er etwas ungewöhnlich aussah. Sie mussten eine halbwegs plausible Erklärung für die dunklen Linien auf seinem Körper finden. Dass er einen Schattenwolf verschlungen hatte, klang vielleicht nicht ganz überzeugend.
Wieder Schweigen am anderen Ende, etwas länger diesmal. Dann ein schwerer Seufzer. »Bring ihn Sonntag zum Abendessen mit.«
Ihre Mutter war ihre beste Freundin; sie konnte ihr Custo nicht lange vorenthalten. »Da habe ich eine andere Vorstellung. Wie wäre es Dienstag?«
»Schön, dann am Dienstag. Ich rufe deinen Bruder an, damit er deinem Custo auch ein bisschen auf den Zahn fühlen kann.«
Annabella lächelte. Es würde lustig werden, Custo dabei zuzusehen, wie er sich wand und drehte. Und noch mehr, ihn später damit aufzuziehen.
Hinter ihr raschelte etwas. Annabella drehte sich um, und entdeckte Zoe, die neben einem ihrer Kartons hockte. Mit einem Ratschen zog Zoe das Klebeband ab.
»Äh, Mom, ich muss jetzt zur Probe. Bis Dienstag! Alles Liebe.« Annabella beendete das Gespräch und sagte zu Zoe gewandt: »Das sind nicht deine Sachen.«
Zoe hob den Blick, die schwarzen Ponyfransen fielen ihr in die Augen. Ohne Schminke sah sie aus wie ein trotziges Kind.
»Ich habe keine Sachen«, sagte Zoe. »Ich brauche etwas zum Anziehen. Ich lasse Abby hier nicht allein, und Adam oder Talia werde ich nicht um eine verdammte Sache bitten. Also bleibst nur du.«
Abigail machte nicht so gute Fortschritte, wie Dr. Lin es sich erhofft hatte, aber sie war stabil. Zoe musste sich große Sorgen gemacht haben. An einem fremden Ort, ohne Freunde und mit einer Horde gruseliger Monster – kein Wunder, dass sie schlechte Laune hatte.
Zoe wühlte in einem Karton. Ein rosafarbener Spitzenschuh blitzte auf und ließ Annabellas Herz höher schlagen. Bingo! Wenn sie jetzt noch Custo aufstöberte, schaffte sie es pünktlich zur Probe.
»In den Kartons dort drüben findest du etwas zum Anziehen«, sagte Annabella und schnappte ihre Schuhe. »Und Schminke ist im Bad. Bedien dich.«
»Ich weiß nicht, warum du so fröhlich bist«, rief Zoe ihr hinterher. »Mit euch beiden, das kann doch nicht gut gehen.«
Annabella blickte sich um und hatte Mitlied mit ihr. Niemand konnte mit Sicherheit die Zukunft voraussagen, nicht Abigail und ganz sicher nicht Zoe. Das Mädchen besaß die schwer zu erklärende Fähigkeit unglücklicher Menschen, bei anderen die tiefsten Ängste zu spüren und zu schüren.
Es konnte nicht gut gehen?
Ha! »Aber ganz bestimmt.«
»Du siehst besser aus«, stellte Adam fest, als er sich von seinem Computerbildschirm zu ihm umdrehte. »Weniger hässlich, aber immer noch beunruhigend.«
Lächelnd ließ sich Custo Adam gegenüber auf einen Stuhl fallen und musterte die blauen Augen und die geschwollene Nase seines Freundes. »Du siehst immer noch furchtbar aus.«
»Ja. Talia ist wütend auf mich, weil ich verletzt bin. Man hätte sie beinahe wieder auf die Krankenstation bringen müssen, als sie davon erfahren hat.«
»Sie weiß aber schon, dass du hauptberuflich Geister jagst, oder?«
Adam lachte. »Sie will nicht, dass ich es ohne sie tue. Auch wenn sie in Zukunft mit dir und dem Orden nicht mehr so viel zu tun haben wird, ist sie erst einmal wütend.«
Das erinnerte Custo an etwas. »Apropos Talia und die Babys. Was machst du mit Gillian?«, fragte Custo. »Du kannst sie nicht einfach gehen lassen.«
»Warum nicht?«
»Sie weiß zu viel über Segue und über Talia. Die Geister waren so erpicht darauf, die Babys zu bekommen. Vermutlich wollten sie ihre Fähigkeiten für sich nutzen. Die Frau muss die Konsequenzen für ihr Handeln tragen.« Custo war kurz davor, zu ihrer Zelle hinunterzugehen und sie höchstpersönlich zu würgen.
Jegliche Heiterkeit verschwand aus Adams Gesicht. »Die Geister werden nicht einmal in die Nähe meiner Kinder kommen. Und dafür, dass sie es überhaupt
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