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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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sie nur ahnen kann. Die Einfahrtalleen sind von prächtigen, hohen Bäumen gesäumt. Am Straßenrand duften Weißdorn, Farne, Wiesenkerbel, Rosen, Mohn, wilder Majoran. Tief saugen wir die Luft ein, wenn wir sie doch mitnehmen könnten. Worin? Im Wasserbeutel! Was, nur vier Liter? Wir lassen es, atmen stattdessen so tief ein, wie wir können. An manchen Stellen schließen sich die Kronen der Straßenbäume über uns und bilden einen grünen Tunnel. Wir überqueren steinige Bäche auf alten Quaderbrücken, die bei uns schon längst abgerissen worden wären. Großzügige Wiesen ziehen sich hin, auf denen Kühe, Pferde oder Schafe weiden. Einmal stapft aus einem Feldweg ein sehr englisch aussehender Ire hervor: grüne Joppe, Knickerbocker, Lederhut und Gewehr. Drei Jagdhunde zerren an den Leinen.

    In Clonmel sitzen wir zur Mittagspause auf einer Parkbank am Fluß, der sich zu einem kleine See erweitert. Früher muß hier mal eine Wassermühle gewesen sein. Die Sonne kommt durch, es ist High Noon. Wir genießen die wenigen Strahlen und die würzige Churazzowurst, dazu den Rest des weich gewordenen französischen Brotes.
    Leise plätschern die Wellen, die Sonnenstrahlen wärmen, wir sind satt. Es ist ruhig; graue, einfache Steinhäuser liegen still auf der anderen Seite des Flusses, das Sonnenlicht glitzert auf dem Wasser. Vielleicht sehen wir jetzt das Unsichtbare, das, was hinter den Dingen ist oder in den Dingen oder auch in uns.
    »An Irish person, being a celt, sees the visible and quest’s the invisible .«
    Sagte ein Ire.
    Landschaft als Ort unserer Träume...

MR. NO PROBLEM

    Und dann kamen wir zu Maurice. Auf Nebenstraßen und leider auch auf einem Stück der N 24 ging es nach Cahir. In der nicht allzu großen Stadt warb an einer Kreuzung ein hölzernes Schild für Camping und Hostel von Mr. Condon. Nur 1.200 Yards. Nach der Hälfte der Strecke wies uns ein Schild links ab in eine Baumallee, verkündete gleichzeitig nur noch 800 Yards bis zum Ziel. Es wurden noch einmal tausend Yards, bis wir das Anwesen Mr. Condon’s erreichten.
    Es schien eine ehemalige kleine Farm zu sein, das Eingangstor backsteinummauert, gekälkt, vor dem blendend weiß gestrichenen Haupthaus ein Vorplatz, rechts daneben kleinere Stallungen. Links davon ansteigend eine von Bäumen umstandene Wiese — der Campingplatz. Ein Zelt stand bereits. Niemand war zu sehen, nur die vor der Haustür ruhende Katze erhob sich, um uns zu begrüßen. Wir stellten die Räder ab und drückten auf die Messingklingel. Nichts. Noch einmal. Wieder nichts. Während wir überlegten, das Zelt einfach aufzubauen, merkte ich, daß die Haustür sich öffnen ließ. Zögernd traten wir ein: in eine Art kleines Foyer, den Hausflur oder die Diele, von der mehrere Zimmer abzweigten. Hallo, hallo? Niemand antwortete.
    Und dann entdeckten wir auf einem Tisch das große Pappschild. Mit groben Filzschreiberbuchstaben stand dort: »Please, make yourselves at home, Maurice .«
    Das klang sehr tröstlich für Menschen, die schon etwas länger unterwegs waren. Mr. Condon war gar nicht da, war, wie wir später erfuhren, in der Stadt in seinem kleinen Gemischtwarenladen, in dem er auch ein Reisebüro betrieb. Er verkaufte den Leuten Reisen in alle Welt, fühlte sich selbst aber in seinem Irland äußerst wohl.
    »Ja, dann make yourselves mal at home«, sagte Ilse. Bald darauf stand unser Iglu auf der frisch gemähten Wiese. Wieder huschte die schwarzweiße Katze vorbei, wir gingen auf die Suche nach dem Badezimmer. Der Wasserboiler hatte seine Tücken, aber irgendwie bekamen wir ihn in Gang und etwas Wasser heiß. Eine Woche Schweiß, Dreck und Fahrradschmier flössen in den Abguß. Wir zogen neue Sachen an, wollten in die Stadt. Mr. Maurice Condon war immer noch nicht in Sicht.

    Heute, am Sonntag, war in Cahir etwas los, Sonntagsausflügler und Touristen besichtigten das örtliche Castle, das größte Irlands, wie wir erfuhren. Sie promenierten am Flußufer entlang, wo einst ein anscheinend in Irland bekanntes adeliges Fräulein wohnte, das als ‘famous’, als berühmt auf einer Hinweistafel bezeichnet wurde. Immerhin sorgten wenigstens am Wochenende Castle und famous Miss draußen und drinnen in Cahir für Leben, denn auch die Pubs waren voll.
    Dennoch ließen sich Plätze für zwei hungrige und durstige deutsche Radwanderer finden. Wir beruhigten unsere Mägen mit zwei Pints of Guinness, denn: Guinness is good for you! Guinness ist gut für Dich, einer der vielen

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