Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
Miene verriet mir, dass es nicht der Fall war. Statt das Handy wieder einzustecken, legte er es auf den Tisch.
»Wenn du mich bitte entschuldigst, ich muss kurz auf Toilette. Ich lass das Handy hier, falls er doch noch anruft«, sagte er und stand gleich auf. Ich nickte und um mir die Zeit zu vertreiben, nahm ich die Speisekarte zur Hand. Zwar wusste ich, was ich essen wollte, aber es konnte ja sein, dass ich mich umentscheiden wollte. Es hatte den Anschein, als würde ich viel Zeit dazu haben, denn von Richard war nichts zu sehen.
»Was für ein Glücksfall, dass ich dich hier treffe«, hörte ich plötzlich eine mir bekannte Stimme sagen und ich ließ die Speisekarte sinken, um zu sehen, wer so erfreut darüber war, mich zu treffen.
»Zweimal an einem Tag, das ist wirklich überraschend. Magst du dich nicht setzen, immerhin habe ich noch etwas gut bei dir«, erwiderte ich und bot meinem Lebensretter einen Platz an unserem Tisch an. Lars nickte und setzte sich zu mir, dabei fiel sein Blick auf Phils Handy und ein seltsames Lächeln umspielte seine Lippen.
»Wessen Handy ist das?«
»Phils, er ist nur gerade auf Toilette und hat es deshalb hiergelassen«, erläuterte ich ihm. Sein Lächeln wurde immer breiter.
»Das ist sogar noch besser , als ich es geplant habe«, murmelte er, aber nicht leise genug und ich verzog fragend mein Gesicht.
»Was meinst du damit?« Mich beschlich eine böse Vorahnung und ich hoffte, dass ich doch falsch lag. Lars griff nach Phils Handy und reichte es mir. Das Handy in der Hand haltend, blickte ich ratlos zu ihm.
»Was soll ich damit?«
»Uns hier raus bringen. Komm mit vor die Tür, los jetzt!« Dabei zückte er, von den anderen Gästen unbemerkt, einen kleinen Revolver und richtete ihn auf mich. Hatte ich am Nachmittag noch wissen wollen, wer derjenige war, der mir nach dem Leben trachtete, so wäre es mir doch lieber gewesen, wenn ich nicht auf diese Art und Weise mit der Wahrheit konfrontiert worden wäre. Ich schluckte schwer und blickte verzweifelt in Richtung der Toiletten und wünschte mir, dass Phil wieder auftauchte. Lars bemerkte meinen Blick und sah mich abschätzig an.
»Dein Held ist nicht da, um dich zu retten. Du wirst wohl oder übel meiner Bitte nachkommen müssen, wenn du nicht möchtest, dass du hässliche Blutflecken auf dieser schönen weißen Tischdecke hinterlässt.« Verzweifelt blickte ich um mich und suchte nach irgendjemandem, der mir helfen konnte, doch die mich umgebenden Gäste waren alle in ihre Unterhaltungen vertieft und keiner schenkte uns seine Aufmerksamkeit. Und auch die Bedienungen waren mehr miteinander als mit ihren Gästen beschäftigt, von da war ebenfalls keine Hilfe zu erwarten. Ein leises Klicken aus Lars’ Richtung verriet mir, dass er die Waffe entriegelt hatte und er anscheinend nicht zögern würde, den Abzug zu drücken. Notgedrungen stand ich auf und ging Richtung Ausgang, wohl wissend, dass Lars, der an meiner Seite ging, seine Waffe auf mich gerichtet hatte. Fieberhaft überlegte ich, was ich tun könnte, um ihm zu entkommen, doch mir wollte einfach nichts einfallen. Inzwischen hatten wir schon den Ausgang erreicht und noch immer war mir kein gescheiter Gedanke gekommen. Als ich das Handy von einer Hand in die andere nehmen musste, um die Tür zu öffnen, kam mir ein Blitzgedanke. Er war nicht besonders ausgereift, aber es war meine einzige Möglichkeit und ich musste sie nutzen, egal was passierte.
»Was hast du mit mir vor?«, fragte ich Lars, um ihn abzulenken. Mein Plan sah vor, dass ich unbemerkt die Sperre des Handys löste, die Zeitmaschine aktivierte und mich in die nächstmögliche Zeit und damit in Sicherheit katapultieren würde.
»Schade, ich dachte wirklich, dass du ein kluges Mädchen bist. Bisher hast du mir nicht den Eindruck einer Dumpfbacke gemacht. Und doch stellst du mir so eine dämliche Frage?«, erwiderte er mit ätzender Stimme. Zeit, ich brauchte Zeit. Unter meinen vorsichtigen Fingern und einem verstohlenen Blick aufs Display hatte ich es geschafft, das Telefon zu entsperren und die Zeitmaschine zu öffnen. Blind drückte ich auf den Touchscreen und hoffte nur, dass ich mich nicht in noch größeren Schlamassel beförderte, als ich es ohnehin schon war. Bei meinem Glück landete ich bestimmt mitten in den Hexenverfolgungen von Salem oder ähnlich reizvollen Epochen. Ich hatte meinen Finger schon am Auslöser, da schien Lars zu merken, dass ich etwas im Schilde führte, und er packte mich fest am
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