Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
wandelte, und erklärte mir, dass er mich liebte. So ganz hatte ich mich noch nicht daran gewöhnt, dass ich diejenige war, der er seine Liebe schenkte, und somit sorgten seine Worte noch immer für dieses herrlich warme Gefühl in meinem Magen. Ich ließ meine Tasche Tasche sein, ging auf ihn zu und schlang meine Arme um seinen Hals.
»Das sollst du auch tun dürfen, aber bevor es meine Kollegen wissen, hätte ich dich gerne meinen Eltern vorgestellt. Und Marie möchte ich auch über meinen neuen Beziehungsstatus in Kenntnis setzen.« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen zärtlichen Kuss.
»Na gut, aber bald, versprochen? Reicht eh schon, dass ich weiterhin wegen der blöden Presse zur Schule muss«, knurrte er widerwillig und befreite sich sanft aus meiner Umarmung. Kürzlich hatte er Anrufe eines Journalisten erhalten, der ein Interview mit ihm hatte führen wollen. Phil hatte mit den Worten, dass es in seinem Leben nichts Nennenswertes gäbe, worüber man berichten könnte, abgelehnt, doch der Mann hatte bisher nicht lockergelassen. Phil befürchtete, dass er bald würde nachgeben müssen, bevor die Journalisten anfingen, tiefer zu graben, und Dinge herausfanden, die nicht ans Tageslicht gehörten. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass Phil gar kein Lehrer war. Den Skandal und die ungewollte Aufmerksamkeit, die diese Neuigkeit mit sich bringen würde, wollte er um alles in der Welt vermeiden.
»Versprochen , und jetzt los, Herr Berger, Ihre Klasse wartet auf Sie!«, trieb ich ihn zur Eile an, schnappte mir Tasche und Kaffee und verließ mit Phil meine Wohnung. Im Flur gab ich ihm noch einen letzten Kuss; sobald wir das Haus verlassen hatten, waren wir kein Liebespaar mehr, sondern nur noch Kollegen.
Knapp zwanzig Minuten später war ich in der Schule angekommen und bog auf dem Lehrerparkplatz ein. Beim Anblick von Phils Wagen musste ich grinsen, wie hatte er es nur wieder geschafft, vor mir anzukommen?
Im Lehrerzimmer herrschte rege Betriebsamkeit, kein Wunder , so kurz vor Schulbeginn. Automatisch suchten meine Augen den ganzen Raum nach Phil ab und wurden bei der Kaffeemaschine fündig. Er stand mit der neuen Referendarin zusammen. Wie ein kleines Mädchen stand sie vor ihm, himmelte ihn an und textete ihn mit wasserfallartigen Wortergüssen zu. Er nickte ab und an zustimmend, kam ansonsten aber nicht zu Wort. Es schien, als sei der Philemon-Berger-Fanklub gerade um ein weiteres Mitglied bereichert worden. Die Kleine streckte ihm ihre Oberweite entgegen, dass es schon fast unzüchtig war, und immer wieder fasste sie ihn am Oberarm an. Ob ich darüber lachen oder weinen sollte, war mir nicht ganz klar. Sein gutes Aussehen und sein Charme würden wohl immer dafür sorgen, dass die Frauen ihn umschwärmten wie Motten das Licht. Vielleicht hatte er gar nicht mal so unrecht, als er meinte, dass wir unsere Beziehung öffentlich machen sollten. Es könnte zumindest bewirken, dass sich die Kolleginnen etwas mehr zurückhielten. Und wenn sich der Sturm der Empörung, oder wie auch immer die Reaktionen ausfallen würden, gelegt hatte, wären wir vielleicht völlig ungestört.
»Sie wird schon früh genug merken, dass sie keine Chance bei ihm hat«, unterbrach die Stimme meiner Kollegin Sarah Kleinhagen meine Gedanken. Unbemerkt war sie neben mir aufgetaucht und schaute gemeinsam mit mir zu Phil und der schmachtenden Referendarin.
»Was meinst du damit?« Verwirrt blickte ich zu ihr.
»Ich glaube, er ist frisch verliebt , oder warum sonst hat er plötzlich aufgehört sich für die Frauen zu interessieren, die sich ihm in Scharen zu Füßen werfen?«, erläuterte sie mir. In diesem Moment hätte ich Sarah für ihre scharfe Beobachtungsgabe umarmen und abknutschen können. Mir war bisher noch nicht aufgefallen, dass seine Art und Weise den Frauen gegenüber sich geändert hatte, doch ihren Worten nach zu urteilen musste es der Fall sein. Was aber bei der Referendarin wohl noch nicht angekommen war.
»Ist mir noch gar nicht aufgefallen, dass er nicht mehr jede angräbt«, gab ich betont lässig zur Antwort. Sarah war zwar nicht nur eine Kollegin, sondern auch eine gute Freundin, aber irgendetwas hielt mich davon ab, ihr die ganze Wahrheit zu erzählen.
»Kein Wunder, du hast dich ja noch nie sonderlich für ihn interessiert. Zu DIR ist er weiterhin äußerst zuvorkommend und höflich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich fast sagen, dass du diejenige bist, mit der er seit Kurzem sein
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