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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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welsischer Sturheit und Verhandlungsgeschick nötig, um den Händlern die Stirn zu bieten   –, aber niemals gemeinsam. Nun gleich drei Offiziere mit ihren besten Männern und dazu noch die Undae durchzulassen, die sich in dieser Welt sonst niemals zeigten, das war dem Kommandanten zu viel. Er wollte die Verantwortung nicht übernehmen, sondern Order aus Pram abwarten.
    Felt hörte, wie Marken die Stimme hob, sah ihn gestikulieren und beobachtete, wie die Pramer drohend ihre Speere umfassten. Mit wütendem Kopfschütteln kam der Waffenmeister zu ihm ans Ufer gestapft.
    »Das fängt ja gut an«, brummte er. »Einen halben Tag dauert es, bis alles über den Fluss geschafft ist, vielleicht auch länger; es wird Nacht sein bis dahin. Dann noch mal einen Tag für die Vorbereitungen. Ach, noch länger, wenn ich nicht dabeibin! So ein Lager macht sich nicht von allein, die Ware präsentiert sich nicht selbst! Aber dieser   … junge Hund da weigert sich!«
    Marken hatte sich verschätzt und das ärgerte ihn selbst am meisten. Er hatte geglaubt, die Anwesenheit der Undae wäre eine Garantie für die Überfahrt, und Felt konnte es ihm nicht verdenken. Sie alle hatten zwar damit gerechnet, in Pram selbst Widerstände überwinden zu müssen   – nicht in die Stadt eingelassen zu werden oder nicht bis vor den Fürsten zu gelangen   –, aber dass sie bereits hier, auf welsischer Seite, an einem jungen Kommandanten scheitern könnten, war ihnen nicht in den Sinn gekommen. Alle, die in der Grotte gewesen waren, die die Undae hatten sprechen hören und denen die Welle der Angst durch die Adern gerollt war, waren vollkommen überzeugt von der Dringlichkeit ihrer Mission. Aber genau das war den Pramern nicht zu vermitteln und die Undae selbst taten nichts, um ihren Begleitern zu helfen. Sie hatten sich ganz von den Menschen ab- und dem Wasser zugewendet.
    »Es ist eine halbe Tagesreise vom Lager bis ins Zentrum der Stadt«, schimpfte Marken weiter. »Felt! Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie groß Pram ist? Das dauert alles! Wir verlieren Zeit, wenn wir hier festsitzen!«
    Die Undae waren mittlerweile bis zur Hüfte ins Wasser gegangen, kleine Wirbel bildeten sich um ihre Körper. Felt war sich sicher: ein Blick von Utate, ein Wort von Reva, und der junge Pramer würde seine Befehle vergessen und sie durchlassen. Aber die Frauen kümmerten sich nur um das träge fließende Wasser des breiten Stroms. Was am Ufer sonst noch vor sich ging, schienen sie nicht einmal wahrzunehmen. Dabei herrschte hektische Betriebsamkeit: War es schon schwierig gewesen, den Treck in den Gassen von Goradt in eine Ordnung zu bringen, war es hier am schlammigen Flussufer fast unmöglich. Esgab keine Brücke. Sie war schon vor Soldern abgerissen worden, um die Passage für größere Handelsschiffe frei zu machen.
    Pram wandelte sich rasant, es wurde immer wohlhabender und größer. Das Hafenviertel war ausgebaut, der Handel ins Zentrum verlegt worden. Und die Lagerstadt, einst Umschlagplatz für alles, was Pram reich und prächtig gemacht hatte, war das geworden, was sie heute war: ein heruntergekommener Ort ohne richtigen Namen, eine ramponierte Kulisse für alles, auf das die Bezeichnung
ehemals
passte. Ehemals anständige Bürger Prams, deren Häuser, Werkstätten oder Geschäfte den neuen Hafenbauten hatten Platz machen müssen und die zu alt oder zu unbeweglich waren, um sich den Veränderungen anzupassen, hatten hier eine Zuflucht gefunden. Sie hausten nun in ehemals ansehnlichen Gebäuden und bauten in ehemals mit Kies bestreuten Höfen Ramanken an, damit sie nicht verhungerten. Ehemals hohe Hallen, in denen Händler aus allen Gegenden des Kontinents ihre Waren feilboten, waren eingestürzt. Gasthäuser, in denen ehemals die Händler einen guten Teil ihrer Einnahmen an Dirnen und Musikanten, an Spieler, Trickser oder Taschendiebe weitergaben, boten nun den Ratten Unterkunft. Jeden Lendern kam das ehemals mächtigste Volk des Kontinents hierher, um seine Waffen und Drogen zu verkaufen. Die Welsen hatten dem Handel nicht folgen können, denn es war ihnen verboten, die Stadttore Prams zu durchschreiten. Die Kinder, die sie mitbrachten, waren zerlumpt, mager und scheu   – mit großen Augen staunten sie an, was von dem ehemals wichtigsten Handelsplatz übrig geblieben war. Wenn sie in Gruppen zögernd über das löchrige Pflaster der Straßen zogen, aufgeregt auf Bäume zeigten, die auf Ruinen wurzelten, ehrfürchtig Fassaden

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