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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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schnell wie möglich von dem ganzen bösen Zauber entfernen wollten. Und wenn ein Steppenläufer schnell weg will, dann ist er schnell weg   – und zwar ohne dass es jemand mitbekommt. Wer aber zurückkam, das ist eindeutig belegt, war Asing. Sie trat vor Palmon und ihr Anblick war furchtbar: Ihre langen Haare standen in Flammen, ihre Füße waren verkohlt, aus den schwarzen Klumpen stieg noch der Rauch. Sie stank nach Tod und in ihren Augen glänzte Wahnsinn. Sie sagte: ›Mein Fürst, Eure Braut ist zu Euch zurückgekehrt. Welsien ist nicht mehr.‹ Palmon war entsetzt, er hatte einen König besiegen wollen, ein Heer, aber er hatte nicht ein ganzes Volk ausrotten wollen   – selbst wenn das in seiner berühmten Rede so überliefert ist. Aber eine Rede ist eine Sache, ein derart verwüstetes Land eine andere. Es nützte ihm nichts. Im Grunde war das kein Sieg, sondern eine gewaltige Niederlage. Du kannst dir vorstellen, dass ihn die Kwother ein Vermögen gekostet hatten, aber das nur am Rande. Er weigerte sich, Asing auch nur einen Moment länger anzuhören, und sagte sich von ihr los. Sie sei kein Mensch mehr, denn kein Mensch sei zu einer derart monströsen Tat fähig, sie sei ein Dämon. Mit den Worten: ›Asing ist nicht mehr‹ verwies er sie der Stadt.«
    »Das kann man nachvollziehen«, meinte Felt.
    »Allerdings. Kein Mann möchte gerne eine kokelnde Frau ohne Füße und Haare heiraten. Aber sie sah das natürlich etwas anders. Sie hatte Welsien vernichtet   – für ihn. Sie hatte ihre eigene Schwester vernichtet   – für ihn. Sie hatte sich weitestgehend selbst vernichtet, auch das nur für ihn. Sie hatte an sein Eheversprechen geglaubt und an seine Liebe. Und nun brach er sein Versprechen, wies sie zurück, ja, er verleugnete sie, erklärte sie für tot mit seinem ›Asing ist nicht mehr‹.«
    »Was hat sie geantwortet?«
    »Sie hat es nicht gut aufgenommen«, Wigo lächelte matt, in seinen Worten schwang Bedauern mit, »gar nicht gut. Sie ist daran zerbrochen   – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie hat wortlos den Thronsaal verlassen, ist auf ihren Stümpfen durch den Palast gewandert und hat eine grausige Spur aus Blut und Asche hinter sich hergezogen. Keiner hat es gewagt, sie aufzuhalten, sich ihr auch nur zu nähern, der Anblick war furchterregend. Dann ist sie auf den Platz gelangt und die jubelnde Menge verstummte. Alle wichen vor ihr zurück. Der Wahnsinn in ihren Augen hatte einem Schmerz Platz gemacht, einer Qual, die die menschliche Vorstellungskraft überstieg. Ich sage dir, das Leid aller Welsen, die in jener Nacht zu Tode kamen, das Leid Aslis, ihrer ehemals so geliebten Zwillingsschwester, und ihr eigenes Leid lasteten in jenem Augenblick auf ihr. Asing hatte eine gewaltige Schuld auf sich geladen und unter der ist sie schließlich zerbrochen. Mitten auf dem Platz, mitten in Pram. Die verbrannte Haut platzte auf und fiel ihr in Fetzen vom Körper. Das Fleisch darunter dampfte, als sei es gekocht worden, und löste sich von den Knochen. Vor den Augen der schockierten Bürger Prams zerfiel die schöne Segurin, die mächtige Adeptin, und wurde zu einem Haufen Aas. Mit ihrer ungeheuerlichen Tat hatte Asing ihre Menschlichkeit aufgegeben und nun konnte sie auch ihre menschliche Form nicht mehr behalten.«
    Wigo schwieg. Aber dieses Mal ohne Effekt   – er blickte ins Flackern seiner neben ihm liegenden Fackel und sann nach über das, was er erzählt hatte. Auch Felt war betroffen vom Schicksal Asings, er verspürte keine Wut auf die Mörderin seines Volkes. Es spielte auch keine Rolle, ob sich das alles wirklich so zugetragen hatte. Etwas in dieser Geschichte wirkte. Es lag eine Wahrheit darin, die sich wie eine Hand aus der Vergangenheit emporreckte und nach der Gegenwart griff. Asinghatte ihre Menschlichkeit aufgegeben? Felt veränderte seine Sitzposition. Der Stein war kalt.
    »Aber«, begann Wigo wieder, »das war noch nicht das Ende. Denn Asing war nicht mehr, aber ihr Herz brannte immer noch. Da lag es, entblößt von der schützenden Hülle, und zuckte und loderte vor aller Augen. Ganz Pram konnte Asings Innerstes sehen   – ihre Liebe. Und ihren Zorn. Zu groß, zu viel für ein einzelnes Herz. Es zerbarst und heraus stoben glühende Funken, eine leuchtende Fontäne. Die Funken sprangen über das Pflaster des Platzes, und wo sie einen der Schaulustigen trafen, ging er in Flammen auf wie Zunder. In Panik rannten die Menschen davon, schon brannten die ersten Gebäude,

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