Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0003 - Ich zerschlug die Bande der Fünf

0003 - Ich zerschlug die Bande der Fünf

Titel: 0003 - Ich zerschlug die Bande der Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
Gartenzaun erreicht haben mochte. Ich zündete mir eine Zigarette an und rauchte drei Züge. Es war jetzt fünf Minuten vor elf Uhr. Ich ging die letzten hundert Yard ganz langsam, und ich hielt mich eng an den Häusern der rechten Straßenseite. Dann, eine Minute vor elf, stand ich vor dem bescheidenen Eingang des Hotels. Ich trat durch die Glastür.
    In der mit altmodischen Möbeln eingerichteten Halle stand Mr. Groman hinter dem Portiertisch. Ein Hausknecht lag auf den Knien und bohnerte den Boden. Er bemerkte mich nicht. Ich berührte seine Schulter. Auf einen Wink meiner Hand stand er auf, und ich bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, zu verschwinden. Er sah sich erstaunt nach seinem Chef um, aber Groman stand schon an der Küchentür und winkte ihm heftig zu. Groman und der Diener verschwanden in der Küche. Die Hotelhalle wirkte wie ausgestorben, wie nie bewohnt. Ich nahm meinen Revolver aus der Halfter, langsam wandte ich mich um und ging auf die Treppe zu.
    Wer weiß, was in der Seele und im Gehirn eines Menschen vor sich geht, der gejagt wird? Welche Instinkte, die vielleicht seit Jahrtausenden in uns begraben liegen, geweckt werden? Und welches Ahnungsvermögen plötzlich in ihm auf steht?
    Ich stieg zwei, drei Stufen. Sie knarrten leise unter dem Gewicht meines Körpers. Ich sah die Reihe der Zimmertüren oben an der Balustrade. Ich konnte die Nummern lesen. ›12‹ stand an einer Tür, und als ich die vierte Stufe erreicht hatte, knarrte diese Tür langsam auf. Ich sah etwas Weißes, aus dem zwei Augen mich brennend anstarrten.
    Im nächsten Augenblick brach die Hölle los. Der Mann in der Tür zu Nummer zwölf riß die Hand hoch. Er schoß. Ich warf mich flach auf die Treppe, zog im Fallen zweimal durch und rutschte die vier Stufen hinunter, die ich gewonnen hatte. Oben knallte die Tür ins Schloß, während meine Kugeln das Holz aus dem Rahmen fetzten. Sekundenbruchteile später — ich stand eben wieder und setzte zum Hochhetzen der Treppe an — krachte es draußen außerhalb des Hauses. Phil hatte Callighan gezeigt, daß an ein Entkommen über den Balkon nicht zu denken war.
    Im nächsten Augenblick — ich mochte Dreiviertel der Treppe hinter mich gebracht haben — flog die Tür von Nummer zwölf wieder auf. Callighan stand in der Öffnung. Ich wußte instinktiv, sein einziger Gedanke war, irgendwie in ein anderes Zimmer zu gelangen, irgendwen zu finden, den er als Schutzschild zwischen sich und uns schieben konnte.
    In mir schoß plötzlich etwa hoch, das ich eigentlich nur als eine wilde, heiße Freude bezeichnen kann. Ich stand hier für eine gute Sache. Ich hatte das Recht hinter mir, und das war mehr wert als der Revolver in meiner Hand.
    »Ich habe es dir gesagt, Callighan!« schrie ich in das Peitschen unserer Schüsse hinein. »Du kannst niemanden zwischen dich und meinen 38er schieben.«
    Ich erwischte ihn. Ich sah es an dem Schlag, der seinen Körper zurückwarf, in eine Drehung hinein, die ihn ins Zimmer taumeln ließ. Er brachte es fertig, die Tür mit dem Fuß zuzustoßen.
    Ich tobte die letzten Stufen empor. Ich stand heftig atmend, an die Wand neben der Tür mit der Nummer zwölf gepreßt. Ich dachte: Aus, Callighan. Ich sagte es laut, ich rief es: »Aus, Callighan!«
    Von innen antwortete ein Schuß, der durch das Holz der Tür schlug und als Querschläger durch die Halle wimmerte, als war eine sinnlose, wilde, wütende Geste. Ich lachte.
    »Callighan«, schrie ich, »es ist zu Ende! Wirf dein Schießeisen weg! Komm heraus!«
    Er antwortete. Ich erkannte seine Stimme nicht wieder. Es war nicht die Tür, die sie dämpfte. Es war auch nicht der Verband. Eine tiefere Ursache hatte den Laut verändert, der aus seiner Kehle stieg. Die Stimme klang so dumpf, als dränge sie aus einem Grab heraus.
    »Holt mich! Ihr bekommt mich nicht lebendig!«
    »Du hast einen Mann getötet, weil er Geld besaß, Callighan!« rief ich. »Du hast einen Mann erschossen, weil er ein Auto fuhr. Du hast einen Arzt töten lassen, der dein Gesicht veränderte, Callighan, aber auch das hat dir nichts genutzt. Dr. Wyman wußte, daß er sterben würde. Er hat nicht getan, was du wünschtest. Nimm doch den Verband ab! Nimm ihn ab, die vier Wochen sind fast um! Es kommt auf ein paar Tage nicht an. Nimm ihn ab, und du wirst sehen, was Dr. Wyman mit deinem Gesicht anstellte. Selbst wenn es dir gelingen sollte, mich zu töten, selbst wenn du meinen Freund draußen im Garten abschießen würdest, Callighan, du

Weitere Kostenlose Bücher