0008 - Der Werwolf
ihren Freund von ihm grüßen, und brauste weiter.
Kein Wunder, daß das Vertrauen dieses Mädchens in sich selbst und in die Männer schwer erschüttert war. Doch darauf konnte Phil Logada keine Rücksicht nehmen.
Sein Typ wurde in der Baker Street verlangt, und er trachtete, schnellstens dorthin zu kommen.
***
Detective Inspector Horace McNee war schon da, als Phil Logada eintraf. Der Reporter rümpfte sogleich die Nase, als er den Yard-Inspektor seine Befehle bellen hörte. Der Mann war ihm in höchstem Maße unsympathisch, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Jedesmal wenn McNee den Reporter erblickte, kam ihm jeweils das hoch, was er in den letzten drei bis vier Stunden zu sich genommen hatte.
Als sich ein Bobby dem Reporter in den Weg stellte, zückte dieser seinen Presseausweis. Manchmal wirkte das. Heute war so ein Tag.
Phil passierte den Posten, trat in den Hof und ging auf die Werkstatt des Töpfers zu, in der eine Menge Leute herumstanden.
Phil hatte das Gesicht eines Jungen, der niemals alt werden konnte.
Er trug sein blondes Haar modisch lang, trug eng anliegende moderne Jeans, und man sah ihn höchst selten mal mit einer Krawatte herumlaufen. Zumeist trug er Rollkragenpullis. Der, den er heute trug, war blütenweiß. Phil war kräftig gebaut und gertenschlank, geschmeidig wie eine Katze und fast immer scharf auf Mädchen.
Trotzdem war es noch nie passiert, daß er das Vergnügen über die Arbeit gestellt hatte.
Als er in die Werkstatt des Töpfers trat, schauten ihn viele Polizistengesichter an. Abweisend. Sie kannten ihn und wußten, daß er schon manchen harten Artikel verfaßt hatte, der ihnen Magengeschwüre bereitet hatte. Da sie allesamt nachtragend waren, stand er auf ihrer schwarzen Liste.
Horace McNee starrte ihn ärgerlich an.
»Was wollen Sie denn hier?«
»Ich tue meinen Job«, sagte Phil Logada gelassen.
»Wer hat Sie informiert?«
»Niemand«, log Phil. »Ich kam rein zufällig hier vorbei, sah die vielen Polizeiautos vor der Töpferei stehen und dachte, guck doch mal rein, da ist sicher was los.«
Der süßliche Geruch von Blut stieg Phil in die Nase.
»Wenn ich Sie schon sehe…«, begann Inspektor McNee gereizt.
Logada winkte grinsend ab.
»Lassen Sie nur, Inspektor. Mir geht es genauso.«
Einen Moment sah es so aus, als ob McNee den Reporter packen und aus den Kleidern schütteln wollte. Es war dem Inspektor anzusehen, wie sehr er sich beherrschen mußte.
Phil beachtete ihn nicht weiter. Er ging an zwei Beamten vorbei.
Dann sah er Fred Candrix – oder das, was von Candrix noch vorhanden war.
Der Reporter wußte sofort, was es geschlagen hatte, als er die schrecklichen Verletzungen sah, die die Leiche aufwies. Er wandte sich um und suchte Horace McNees Augen. Als McNee den Blick sofort senkte, wußte er, daß auch der Inspektor Bescheid wußte.
Selbstverständlich war der Inspektor nicht bereit, darüber zu reden.
»Was soll ich schreiben?« fragte Phil Logada.
»Denken Sie, daß sich Ihre Leser für einen toten Töpfer interessieren?« fragte Horace McNee verächtlich.
Phil steckte sich eine Zigarette an. »Wir beide kennen diese typische Art von Verletzungen, Inspektor.«
»So? Tun wir das?«
»Wir beide haben solche Verletzungen schon mal gesehen, Inspektor McNee.«
»Tatsächlich?«
»Können Sie sich denn nicht mehr daran erinnern? Es ist doch erst eine Woche her.«
»Ach, wissen Sie, ich habe soviel um die Ohren…«
»Dann will ich Ihnen gern auf die geistigen Sprünge helfen«, sagte Logada und zog kurz an seiner Zigarette. »Melvin Prewitt, Inspektor. Sie haben diesen Namen sicherlich noch nicht vergessen. Prewitt hat genauso ausgesehen wie dieser Mann da.«
Sie traten ein wenig zur Seite, um den anderen Polizeibeamten nicht im Wege zu stehen.
Phil fuhr fort: »Ich habe Ihnen vorige Woche gesagt, daß Melvin Prewitt von einem Werwolf gerissen wurde. Um ein Haar hätten Sie mich in eine Irrenanstalt einweisen lassen. Heute sage ich Ihnen dasselbe noch mal. Fred Candrix ist bereits das zweite Opfer des Werwolfs. Ich weiß, daß Sie sich dessen bewußt sind, auch wenn Sie das niemandem gegenüber zugeben. Ich kenne Sie leider schon lange genug, um in Ihren Augen lesen zu können wie in einem offenen Buch. Sie wissen genausogut wie ich, daß Prewitt und Candrix von einem Werwolf zerfleischt wurden, obwohl Sie in alle Welt hinausposaunen, irgendein Verrückter hätte diese Wahnsinnstat begangen. Sie weigern sich, die volle Wahrheit ins Protokoll
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