001 - Das Transmitter-Experiment
Videoaufnahmen wurden nach vierundzwanzig Stunden gelöscht. Aber wenn es einen Überfall gegeben hatte, dann ließ sich innerhalb dieser vierundzwanzig Stunden durch die Videoüberwachung in den Eingängen und auf der Dachplattform der Kreis der Verdächtigen stark einengen.
In diesem Fall hatte Chan die Anlage abgefragt, um festzustellen, ob Nelles das Haus betreten hatte oder nicht.
Sicher – es konnte sein, dass er seine Wohnung noch nicht betreten oder schon wieder verlassen hatte, um Freunde oder Bekannte innerhalb des Hauses zu besuchen. Aber Chan hielt das für sehr unwahrscheinlich.
Also ließ Nelles sich verleugnen.
Das bedeutete mit neunzigprozentiger Sicherheit, dass Nelles tatsächlich etwas zu verbergen hatte. Sicher, Chan wollte nicht hundertprozentig ausschließen, dass der Junggeselle Nelles im Moment eine Gespielin in der Wohnung hatte und aus nahe liegenden Gründen nicht gestört werden wollte. Aber so kurz nach Dienstschluss und zu einer Zeit, wo er normalerweise seinen täglichen Ausflug machte, schied auch das mit ziemlicher Sicherheit aus.
»Werksicherheitsdienst, Spezialist Haiko Chan«, identifizierte er sich. »In Ausführung dienstlicher Obliegenheiten verlange ich Öffnen der Tür.«
Dabei hielt er seinen Dienstausweis vor die Aufnahmeoptik der Kamera. Der Türcomputer musste sich mit dieser optischen Kontrolle zufrieden geben. Nur an direkten Dienstgebäuden und Geländeabsperrungen gab es die Aufnahmeschlitze, in die der Ausweis komplett eingeführt wurde, um die Identität des Besitzers zu prüfen. Eine drahtlose Überprüfung des Ausweises war durch spezielle Abschirmung unterbunden, weil man seit Jahrzehnten schon wusste, dass eine solche Möglichkeit System bedingt die Fälschungssicherheit stark verringerte …
»Der Bewohner des Appartements ist nicht anwesend«, wiederholte der Computer lapidar. »Das Öffnen der Tür muss aus Gründen des Besitzer-Schutzes verweigert werden. Welche Nachricht soll übermittelt werden?«
»Mit deiner Nibelungentreue kannst du andere beeindrucken, aber nicht mich«, brummte Haiko Chan. »Du sollst öffnen, Elektronen-Schleuder!«
Der Türcomputer reagierte nicht.
Auf das Stichwort ›Werksicherheitsdienst‹ und ›dienstliche Obliegenheiten‹ hätte er in Verbindung mit der Sichtkontrolle des fälschungssicheren Ausweises reagieren müssen. Dass er es nicht tat, bewies, dass Nelles etwas an dem Computer geändert hatte. Ein weiteres Indiz, das gegen den Nuklearphysiker sprach.
Der Computer besaß keinen Außenanschluss, war also nicht kurzzuschließen, wie Chan es bei einem Werkslabor oder Büro gekonnt hätte. Wenn er in die Wohnung eindringen wollte, musste er also einen anderen Weg nehmen.
Kurz dachte er daran, dass er sich vielleicht irren konnte. Wenn Nelles unschuldig war, würde Chan jede Menge Ärger bekommen. Clint Fisher würde nicht im Traum daran denken, seinem Survival-Spezialisten Rückendeckung zu verschaffen.
Aber Haiko Chan war gewillt, dieses Risiko einzugehen. Er musste an Randall, Genada und die Wissenschaftler denken, die auf dem Mond nicht wieder aufgetaucht waren. War Nelles wirklich ein kaltblütiger Mörder und Saboteur?
Chan trat einen Schritt zurück und konzentrierte sich auf die Kampfmeditation.
Dann schnellte er sich lautlos vor und wurde zu einem wirbelnden Energiebündel.
Krachend flog die Wohnungstür meterweit in den Korridor nach innen.
*
Da hast du deine nicht-aggressiven Eingeborenen mit dem Blumenstrauß in der Hand , dachte Ken Randall. Er sah die schattenhaften Gestalten auftauchen. Sie waren unglaublich schnell. Im Schutz der Dämmerung und der Pyramide mussten sie sich heran geschlichen haben. Und jetzt griffen sie mit ohrenbetäubendem Geschrei an.
Die Wissenschaftler waren wie gelähmt vor Überraschung.
Die einzigen, die sofort und richtig reagierten, waren Randall und Genada. Die Waffen flogen ihnen förmlich in die Hände. Etwas erleichtert sah Ken, dass auch Tanya nur den Schocker benutzte. Die hochelektrische Energie raste am Leitstrahl entlang ins Ziel und überlud die Körperelektrizität des Getroffenen. Je nach Intensität dauerte die hervorgerufene Teillähmung Minuten oder Stunden. Wie der Metabolismus der Eingeborenen auf die Schockwaffen reagieren würde, darüber machte sich Ken keine Gedanken. Er war nur froh, diese relativ humanen Waffen einsetzen zu können. Blutbäder waren ihm schon immer zuwider gewesen.
Der Überfall kam so schnell, dass Ken nicht
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