001 - Das Transmitter-Experiment
missbilligend den Kopf und zog eine Pistole. Bernstein hatte den Eindruck, dass die Waffe für den kleinen Mongolen viel zu groß war.
Der Lift stoppte wieder, die Tür glitt auf. Chan sprang mit einem Satz bis zur gegenüberliegenden Wandseite. Er sah nach rechts und links.
Etwas dröhnte, krachte und splitterte. Bernstein hörte das helle, durch Mark und Bein gehende Singen eines Schockers. Dann brüllte Chans Pistole auf.
*
Nelles war aus dem Lift gestolpert. Gehetzt sah er sich um. Wo war Bernsteins Wohnung?
Der Reporter musste ihm einfach helfen. Nelles würde sich in seiner Wohnung verstecken. Und Bernstein konnte eventuell den Mikro-Chip weitergeben …
Nelles merkte gar nicht mehr, wie verwirrt seine Gedankengänge waren. Plötzlich sah er Bernsteins Namensschild an einer Appartement-Tür. Er betätigte den Türsummer.
»Mister Bernstein ist derzeit abwesend«, verkündete der Türcomputer. »Welche Nachricht darf übermittelt werden?«
»Oh, verdammt«, murmelte Nelles.
Er musste irgendwie in die Wohnung!
Er trat zurück, warf sich dann, die gesunde Schulter voraus, mit Wucht und so, wie er es gelernt hatte, gegen die Tür. Die gab dem vehementen Druck nach, platzte aus dem Schloss. Und Nelles sah Haiko Chan aus dem Lift springen.
Er riss den Schocker hoch und löste die Waffe aus.
Aber er hatte nicht gut gezielt. Der elektrische Schlag verfehlte Chan um einen Meter. Dann schoss Chan seinerseits. Der Einschlag der Kugel stieß Nelles förmlich in Bernsteins Wohnung. Nelles schrie gellend. Er wusste, dass es vorbei war. Chans Kugel saß zu gut, mitten im Leben. Nelles griff in die Tasche, schaffte es, mit zwei Fingern den Mikro-Chip zu erwischen und fort zu schleudern. Vielleicht würde Bernstein ihn finden, die richtigen Schlüsse ziehen und dem Toten den letzten Freundschaftsdienst erweisen?
Oder er würde den Chip dem Mechanics-Sicherheitsdienst übergeben …
Aber das war Nelles inzwischen schon gleichgültig. Alles verschwamm, nichts mehr war wichtig. Er sah ein Gesicht über sich, so schrecklich groß und nah, flüsterte etwas, das niemand mehr verstand und dann kam die Ewigkeit mit ihrer Schwärze und verhüllte das Universum.
Der Weg des Survival-Spezialisten Herbert Nelles war zu Ende.
*
»Verdammt«, murmelte Bernstein und ließ sich in den Sessel fallen. »Verdammt noch mal! Es klappt doch auch nicht ein einziges Mal …«
Nelles war tot. Er hatte nichts mehr sagen können. Die Tür war zerschmettert und musste ersetzt werden; es war kaum anzunehmen, dass Mechanics Inc. für diesen buchstäblichen Flurschaden aufkommen würde. Und als er Newton angerufen hatte, um ihm diese Superstory anzukündigen, hatte Newton ihn eiskalt auflaufen lassen.
»Nachrichtensperre, mein Lieber. Tut mir wirklich leid für Sie, aber alles, was auch nur entfernt mit Star Gate zu tun hat, ist streng geheim. Am besten vergessen Sie alles.«
Und wenn er die Story an einen Medienkonzern verkaufte, war er wegen Vertragsbruch dran. Mechanics würde ihn verklagen und er hätte noch mehr Schulden auf dem Hals als bisher.
Das einzige Positive war, dass Chan ihn nicht verdächtigte, mit Nelles konspiriert zu haben. Immerhin: warum sollte Nelles zu einem Mann fliehen, von dem er genau wusste, dass der ihm nicht helfen konnte, weil er sich an ganz anderer Stelle befand?
Aber Bernstein konnte nicht ausschließen, dass er künftig dennoch stärker überwacht wurde.
Plötzlich sah er den Fleck auf dem Teppich, nahe dem Vitrinenschrank.
Er erhob sich, bückte sich und hob etwas auf.
»Ein Mikro-Chip?«, staunte er. »Wie kommt denn der …?«
Nelles! Der musste den Chip in den letzten Sekunden seines Lebens von sich geschleudert haben, hierher bis in den Wohnraum.
Bernstein pfiff durch die Zähne.
Es mochte ganz interessant sein, festzustellen, was auf diesem Chip gespeichert war! Bernstein beschloss, der Sache sofort auf den Grund zu gehen.
Der Bericht für ›Du und dein Hobby‹ konnte warten.
*
»Ich glaube nicht, dass es sich um einen Einzeltäter handelt«, sagte Clint Fisher düster. »Es ging mir etwas zu einfach. Ich nehme an, dass dieser Nelles sich geopfert hat, um den Verdacht von seinen Kollegen abzulenken. Wahrscheinlich lauern noch weitere Saboteure im Verborgenen. Wir werden die Kontrollen weiter verschärfen und sehen, was dabei heraus kommt. Irgendwann verrät sich jeder.«
Frascati nickte ihm zu.
»Ich habe keinen Grund, mit Ihrer Arbeit unzufrieden zu sein«,
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