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0016 - In den Klauen der Vampire

0016 - In den Klauen der Vampire

Titel: 0016 - In den Klauen der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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opalisierenden Spiegelungen auseinander. Danning prallte zurück vor dem Faustschlag der Hitze. Schwankend stand er da, die Hände um einen der Stämme gekrallt, und versuchte, sich an diese gräßliche, alles verschlingende Helligkeit zu gewöhnen.
    Nur flüchtig kam ihm der Gedanke, daß irgend etwas nicht mit ihm stimmen konnte. Er hatte schon öfter einen Kater gehabt, aber niemals derart unter der Sonne gelitten. Ob er irgendeine Krankheit ausbrütete? Irgendein Fieber, das er sich auf den Inseln geholt hatte?
    Er grub die Zähne in die Unterlippe, schirmte seine Augen mit der Hand ab, um der verschwimmenden Linie des Horizonts zu folgen – und fuhr im nächsten Moment zusammen.
    Die Konturen eines Bootes tauchten aus der flimmernden Luft.
    Ein Segler mit Außenbordmotor, flach, schnittig, schneeweiß auf dem Blau des Wassers. Er kreuzte im leichten Wind auf der Lagune, und Danning konnte deutlich die Gestalt mit der blauen Schirmmütze und der makellosen Seglerkluft erkennen.
    Tourist, dachte er.
    Einer von den Freizeitskippern, die ihre Nußschalen mit Vorliebe auf die Riffe setzen, weil sie keine Ahnung haben. Aber im Moment war ihm das vollkommen gleichgültig. Er überwand die unklare Scheu vor der Hitze, rannte taumelnd aus dem Schatten der Palmen über den Strand und winkte weit ausholend mit beiden Armen.
    Der Tourist sah ihn sofort.
    Sein ungeschicktes Wendemanöver mißglückte. Er nahm die Segel aus dem Wind, latschte den Baum fest und warf den Motor an. Mit sattem Brummen glitt das Boot näher, und Danning konnte deutlich das gebräunte Gesicht des Unbekannten und das helle Haar unter der Schirmmütze sehen.
    Der Hunger kam zurück.
    Er erfaßte ihn wie eine Woge, schien ihn zu schütteln. Danning starrte dem Boot entgegen und verfluchte sich selbst. Er dachte an Hammelbraten. Saftigen Hammelbraten mit Reis, Rosinen, gerösteten Mandeln, wie ihn seine hawaiianische Freundin zubereitete. Er schloß für Sekunden die Augen, stellte sich den Geschmack vor – und dann kämpfte er verzweifelt gegen das Gefühl an, sich übergeben zu müssen.
    Der Ekel war wieder da – dieser rätselhafte Widerwille, der ihn schon daran gehindert hatte, die Frucht zu essen. Aber gleichzeitig krallte sich der Hunger in ihm fest, nagte, bohrte, wühlte. Danning begriff das nicht. Es mußte eine Krankheit sein, dachte er erneut. Er schluckte krampfhaft, befeuchtete seine trockenen Lippen mit der Zunge und konzentrierte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Segler.
    Das Boot glitt heran, der Kiel knirschte über Sand. Der blonde Mann sprang mit nackten Füßen ins flache Wasser und zog den Kahn ein Stück höher, bis er nicht mehr abgetrieben werden konnte.
    Aus irgendeinem Grund kam Morton Danning nicht auf die Idee, bei dem Manöver zu helfen. Er stand starr da. Seine Schläfen hämmerten – nein, sie hämmerten nicht, ein eigentümliches Brennen schien von innen her dagegenzubranden, als sei sein Schädel mit weißglühendem Metall gefüllt.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte der blonde Mann mit einem leicht irritierten Lächeln. Danning räusperte sich.
    Es klang wie ein Knurren. Mit der ganzen Kraft seines vergangenen Selbst brachte er einen vernünftigen Satz zustande.
    »Ich brauche einen Arzt. Ich bin… Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin, verdammt! Irgend etwas wie … Gedächtnisschwund oder … Ich weiß nicht …«
    Die Worte versickerten.
    Er starrte den Mann an, und der Hunger zerriß ihn. Er hatte schon drei Schritte getan, ehe er begriff, daß er auf den Fremden zuging.
    Er wußte, was er tun wollte. Der Schrei des Entsetzens, der sich in seinem Hirn bildete, drang nicht mehr nach außen. Für Sekunden hatte er das Gefühl, als tue sich ein Abgrund in ihm auf, aber es war ein Abgrund, der ihn nicht mehr stoppen konnte.
    Der Blonde machte nur eine schwache Abwehrbewegung.
    Er begriff überhaupt nichts. Er fand nicht einmal Zeit, das Grauen auszuloten, das da am hellichten Tag über ihn hereinbrach. Dannings Fausthieb traf sein Kinn, schleuderte ihn rückwärts in den heißen Sand, und ein dünner Blutfaden sickerte aus seinem Mundwinkel.
    Für die Dauer eines Herzschlags blieb Morton Danning reglos stehen.
    Sein Blick haftete an der winzigen Blutspur. Rubinrote Tropfen auf glatter gebräunter Haut. Danning zitterte. Er zitterte vor Hunger, er zitterte vor Furcht. Er wußte, daß er verrückt sein mußte, daß er im Begriff war, etwas unvorstellbar Gräßliches zu tun – doch im nächsten Moment

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