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0016 - In den Klauen der Vampire

0016 - In den Klauen der Vampire

Titel: 0016 - In den Klauen der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Geräusch der Maschine schien nur wie ein schwaches Vibrieren herüberzutragen. Das Boot kam näher, war jetzt mit ihr und Bill auf gleicher Höhe – und Kitty konnte deutlich die Gestalt an der Reling erkennen.
    Ein hochgewachsener hagerer Mann!
    Ein schwarzer Umhang bauschte sich um seine Schultern. Kitty sah die Konturen seines langen, schmalen Schädels, sah das blasse Oval des Gesichts – und für ein paar Sekunden glaubte sie, wie eine körperliche Berührung seinen Blick zu spüren.
    Eiskalt kroch etwas über ihre Haut.
    Sie schauerte. Eine seltsame Unruhe ergriff sie, doch sie konnte die Augen nicht abwenden. Etwas wie ein unsichtbares Band schien sie mit der dunklen Gestalt da drüben zu verbinden. Täuschte sie sich, oder sah er sie wirklich an? War es möglich, daß sich über diese Entfernung hinweg ihre Blicke trafen, sich kreuzten, ineinandertauchten und… Der Moment war vorbei.
    Kitty spürte Bills Hand auf ihrem Arm. Sie atmete tief durch, als sie sein fragendes Lächeln bemerkte. »Was ist los?« fragte er sanft.
    »Frierst du, Darling?«
    Sie zog die Schultern hoch. »Ich weiß nicht, ich – ich glaube, ich möchte gehen…« Er nickte nur.
    Rasch half er ihr auf, hielt ihre Hand fest, während sie sich ihren Weg durch das Gewirr der umgestürzten Baumstämme suchten.
    Noch vorsichtiger als zuvor überquerten sie den Klippenrücken, glitten den steilen Hang hinab und sprangen aufatmend wieder in den tiefen fahlglänzenden Sand.
    Aber Kitty Silver war immer noch sehr schweigsam, als sie wenig später wieder ihren Bungalow erreichten.
    ***
    Die »White Arrow« ankerte an einer geschützten Stelle zwischen zwei winzigen Inseln, die unbewohnt waren, weil es auf ihnen kein Trinkwasser gab.
    Die Jacht gehörte dem Chicagoer Millionär John Frobish, und er pflegte sie nur zu einem einzigen Zweck zu benutzen: als Lockmittel und Liebesnest. Frobish brauchte derartige Hilfsmittel. Er war klein, kahlköpfig, fett wie eine Qualle und so häßlich, daß er jedesmal tief in die Tasche greifen mußte, um die speziellen Genüsse des Lebens zu erhalten, auf die es ihm ankam. Nicht einmal die Jacht allein reichte immer aus, um die Mädchen mit Frobish’ Äußerem zu versöhnen – und deshalb hatte er sich Jonny zugelegt.
    Jonny hatte mit seinem Brötchengeber lediglich die Skrupellosigkeit gemeinsam. Ansonsten war er Frobish’ genaues Gegenteil: jung, schlank, athletisch gebaut, vollkommen mittellos und ausgesprochen arbeitsscheu. Er stammte von einem versoffenen amerikanischen Schriftsteller und einer bildschönen Insulanerin ab. Seine Züge waren eckig und markant, ohne die weichen Linien hawaiianischer Gesichter, aber er hatte das dichte blauschwarze Haar und die irisierenden blaugrünen Augen seiner Mutter. Das alles zusammen wirkte so, daß es ihm gelang, beinahe jedes beliebige Girl ohne Schwierigkeiten zu einer Jachtparty zu viert zu überreden – und da er selbst überdies homosexuell veranlagt war, hatte es noch nie die geringsten Komplikationen gegeben.
    Auch in dieser Nacht lief alles nach Plan.
    Die beiden Girls – eine superblonde Verkäuferin aus New York und ihre rothaarige Freundin – waren bereits ausgiebig mit Bacardi-Rum getränkt worden, hatten den Schock über John Frobish’ Anblick mit Hilfe eines ersten größeren Scheins überwunden und fanden alles fabelhaft. Die Rothaarige machte Striptease im Salon. Die Blonde saß noch neben Jonny an Deck. Sie hatte vergeblich versucht, ihn für sich zu interessieren, sie ärgerte sich ein bißchen – aber Frobish würde sie entschädigen, sobald er mit ihrer Freundin fertig war.
    Jonny rauchte eine Zigarette. Er dachte daran, daß der Abend unweigerlich mit munteren Spielchen zu dritt enden würde und daß er dann endlich seine Ruhe hatte. Gähnend räkelte er sich in dem bequemen Liegestuhl, blickte müßig über das dunkle Wasser – und kniff im nächsten Moment überrascht die Augen zusammen.
    Die Umrisse des Bootes schälten sich wie ein kompakter Schatten aus dem diffusen Halbdunkel über dem Wasser.
    Es glitt fast lautlos dahin, erst als es schon deutlich sichtbar war, trug der Wind das anschwellende Brummen der Maschinen herüber. Jonny lebte seit Jahren auf den Inseln – und er erkannte sofort, daß er eines der Fährschiffe der Aloha-Linie vor sich hatte.
    Aber was, zum Teufel, tat der Kahn hier mitten in der Nacht?
    Jonny runzelte die Stirn. Eine der durchaus üblichen abendlichen Tanzfahrten war das bestimmt nicht, sonst hätte

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