Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
Eins
Zwei der gepanzerten Schotte rings um die Höllenspeer-Batterie Drei Alpha an Bord des Allianz-Schlachtkreuzers Dauntless
glänzten wie neu-weil sie neu waren. Die Überreste des Origi-nals waren herausgeschnitten worden, neues Material hatte man an ihrer Stelle eingesetzt. Die beiden anderen Seiten des Abteils hatten durch den Feindbeschuss Narben davongetragen, befanden sich aber in einem akzeptablen Zustand, sodass sie an ihrem Platz hatten bleiben können. Die Höllenspeer-Projektoren selbst wiesen deutliche Spuren von in jüngster Zeit vorgenommenen Reparaturen auf, die zum Teil auf eine Weise improvisiert worden waren, die kein Flotteninspektionsteam jemals abgenommen hätte. Allerdings hielt sich das nächste Flotteninspektionsteam irgendwo im Allianz-Gebiet auf, und das war momentan sehr weit weg. Und solange die Allianz-Flotte mitten im Territorium der Syndikatwelten in der Falle saß, zählte nur, dass die Abschussanlage wieder einsatzbereit waren, um ihre geladenen Partikelspeere auf den Gegner abfeuern zu können.
Gaptain John Geary ließ seinen Blick über die Crew dieser Batterie wandern. Gut die Hälfte der versammelten Matrosen war neu hier, da man sie von anderen Höllenspeer-Projektoren abgezogen hatte, um die Verluste auszugleichen, die die Holte im Lakota-System erlitten hatte. So wie die Batterie waren auch zwei Mitglieder der ursprünglichen Mannschaft von den Kämpfen gezeichnet. Der Mann trug einen Flex-Verband am Oberarm, der Frau klebte ein Heil-Pad auf dem Bein.
Wandelnde Verwundete, denen man Zeit zur Genesung hätte gewähren sollen, anstatt sie zurück auf ihren Posten zu schicken. Doch diesen Luxus konnte sich momentan weder die D auntless noch ein anderes Schiff der Allianz-Flotte leisten.
Immerhin stand die nächste Schlacht unmittelbar bevor, und der Flotte drohte die völlige Auslöschung.
»Sie haben darauf bestanden, auf ihren Posten zurückzukehren«, sagte Captain Tanya Desjani leise und mit stolzer Miene zu Geary. Ihr Schiff, ihre Crew. Die Männer und Frauen hatten tapfer gekämpft und rund um die Uhr gearbeitet, um diese Batterie wieder in Gang zu bekommen, und nun waren sie wieder bereit zum nächsten Kampf.
Geary war dabei nur zu deutlich bewusst, dass es seine Entscheidungen gewesen waren, die zu den Verletzungen geführt und die diese Reparaturen erforderlich gemacht hatten. Und genauso lag es an seinen Entscheidungen, dass etliche Matrosen nicht mehr unter ihnen waren und nun auf ihre Bestat-tung warteten.
Trotzdem spiegelten sich in den Augen der versammelten Männer und Frauen Zuversicht, Stolz, Entschlossenheit und ein unbeirrbarer Glaube an Black Jack Geary wider, den legendären Helden der Allianz. Sie waren nach wie vor bereit, ihm zu folgen. Sie führten seine Befehle aus, selbst wenn diese Befehle sie wie in der gegenwärtigen Situation zurück an jenen Ort führten, an dem die Flotte zahlreiche zerstörte Schiffe hatte zurücklassen müssen. »Verdammt gute Arbeit«, erklärte Geary und war dabei bemüht, genau das richtige Maß an Emo-tionen in seine Stimme zu legen. Er wusste, er musste gleicher-maßen besorgt und beeindruckt klingen, aber beides nicht in überzogener Art und Weise. »Ich habe noch nie eine bessere Crew erlebt, und auch keine, die mit solchem Eifer ins Gefecht zieht.« Das entsprach durchaus der Wahrheit. Als man ihn aus einem hundert Jahre währenden künstlichen Schlaf geholt und an Bord der Dauntless gebracht hatte, bestand seine gesamte Kampferfahrung aus einer einzigen, völlig aussichtslosen Raumschlacht. Jetzt verließ sich eine ganze Flotte mit all ihren Matrosen auf seine Entscheidungen - ganz zu schweigen davon, dass auch noch das Schicksal der gesamten Allianz von ihm abhing.
Und möglicherweise sogar das Schicksal der ganzen Menschheit.
Nein, auf seinen Schultern ruhte keine tonnenschwere Last, überlegte er ironisch.
Geary lächelte die Crew der Höllenspeer-Batterie an. »In sechs Stunden sind wir zurück im Lakota-System, und dort werden wir Ihnen Ziele liefern, auf die Sie Ihre Waffen richten können.« Die Matrosen grinsten erwartungsvoll. »Gönnen Sie sich bis dahin noch etwas Ruhe. Captain Desjani?«
Sie nickte ihm zu. »Rühren«, befahl sie der Waffencrew.
»Für die nächsten vier Stunden haben Sie dienstfrei, und Sie haben Anspruch auf eine komplette Ration.« Das entlockte den Matrosen ein Lächeln; da die Lebensmittelvorräte allmählich schwanden, waren die Mahlzeiten reduziert worden.
»Die
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