0022 - Thoras Flucht
notwendigen Handfeuerwaffen für den Fall einer Notlandung auf unbekanntem Gebiet. Lässig zuckte sie die Achseln. Eine Waffe würde nicht nötig sein. Wozu auch?
„Wir nähern uns der Sperrzone", warf R-17 ein.
Thora richtete sich im Sessel auf und starrte wie gebannt durch die Luken hinab auf die Oberfläche der dampfenden Venushölle. Nichts hatte sich dort geändert, seit sie das letztemal hier gewesen war. Ein größerer See glitt unter ihnen hinweg. Steile Felsen rahmten ihn ein, fast bis zum Gipfel bewachsen. Dahinter lag eine der vielen Felseninseln, riesige Plateaus, die sich über das Niveau der Sümpfe erhoben. Hier war das Leben einigermaßen erträglich.
„Tiefer gehen", sagte Thora, aber sie wußte nicht, warum sie es sagte. Wortlos gehorchte der Roboter. Auf die Taststrahlen der Station aber hatte die Höhe keinen Einfluß. Sie erfaßten das für sie fremde Schiff, forderten den Erkennungskode - und erhielten keine Antwort. Das alles geschah völlig automatisch und unbemerkt. Die Instrumente von ZC zeigten nur an, daß sie geortet wurden. Mehr nicht. Daher kam es völlig überraschend. Unten am Rand des Plateaus schob sich ein Stück des Felsens beiseite. Aus dem schwarzen Spalt glitt ein schimmerndes Rohr, das von glitzernden Spiralen umwunden schien. Es richtete sich auf, reckte sich drohend dem tief fliegenden Schiff entgegen. Fünfhundert Kilometer entfernt jagten Impulsströme durch komplizierte Apparaturen, lösten und schlossen Kontakte, betätigten Relais und verursachten schließlich einen positronischen Befehl. Drahtlos wurde dieser weitergeleitet und erreichte das feuerbereite Desintegrator-Geschütz an der Sperrzone.
Weder R-17 noch Thora waren auf den warnungslosen Direktabschuß gefaßt gewesen. Der vernichtende Energiestrahl löste das kristalline Strukturfeld des Schiffes auf und vergaste jede Materie. Automatisch drückte R-17 auf den Aussteigeknopf.
Der Bug von ZC war so glatt abrasiert worden, daß die Zentrale dahinter praktisch frei lag. Die Energiezufuhr funktionierte noch wie durch ein Wunder. Aber der Mechanismus klemmte. Thora klammerte sich verzweifelt an den Lehnen ihres Sessels fest. Das Schiff lag schräg und taumelte der grünen Hölle entgegen. Unter ihr war die Sichtluke. Thora erkannte, daß sie noch auf dem Plateau landen würden - wenn man diesen jähen Absturz als Landung bezeichnen wollte.
Vielleicht würden die Baumwipfel den Aufschlag mildern. Warum, fragte sich Thora in den letzten Sekunden bewußten Denkens, hat das Robotgehirn uns abschießen lassen? Warum? Dann spürte sie, wie ein heftiger Stoß ihr die Beine fast in den Körper trieb. Der Schmerz zuckte bis zu ihrem Gehirn hoch, ehe sie endgültig das Bewußtsein verlor. Roboter R-17 sank mit der Stirn gegen, die Kontrollinstrumente...
2.
Reginald Bull saß im Zentrum des Verteidigungsministeriums der Dritten Macht und hielt gleich einer Spinne im Netz alle Fäden in seiner Hand. Um ihn herum flackerten die Lämpchen und Bildschirme, Visiphone summten unaufhörlich, und Meldung auf Meldung traf ein. Sie betrafen alle die unerwartete Flucht Thoras.
Neben Bully stand John Marshall, der Telepath des Mutantenkorps. Er hatte soeben seine gedankliche Meldung an Rhodan abgegeben und den Empfang bestätigt erhalten. Mit einer fahrigen Bewegung wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
John Marshall war Australier und hatte erst ziemlich spät seine Fähigkeit des Gedankenlesens entdeckt. Automatisch war er zu Perry Rhodan gestoßen und einer seiner wichtigsten Mitarbeiter geworden. Die Ursache seiner außersinnlichen Befähigung lag in der Einwirkung der steigenden Radioaktivität in der Atmosphäre der Erde begründet. Es gab bereits viele Mutanten, aber nur wenige wußten darum. Selbst bei den Mutanten dauerte es oft recht lange, bis sie ihre eigenen Gaben entdeckten.
„Er wird gleich kommen", sagte John Marshall zu Bully.
Crest, der Arkonide, stand ein wenig im Hintergrund. Seine hohe Gestalt überragte die Bildschirme, und sein weißes Haar hob sich von den dunklen Kontrollwänden kontrastreich ab. Rötlich schimmerten seine Albinoaugen. Der Vorfall mit Thora war ihm mehr als peinlich. Innerlich konnte er ihre Motive natürlich begreifen, trotzdem hielt er es für unverzeihlich, daß sie so unüberlegt handelte. Sie gefährdete das Projekt Terra in unverantwortlicher Weise.
Das Volk der Arkoniden war auf dem Hö hepunkt seiner Entwicklung angelangt und hatte ihn überschritten. Das in
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