0026 - Die Braut des Henkers
seiner endgültigen Niederlage nicht verspotten. So will ich dir Gelegenheit geben, dich zu äußern.«
Er vollführte mit den Händen einige kreisende Bewegungen über Zamorras Kopf. Dabei rutschte auch der Umhang des Unheimlichen zur Seite, und der Professor konnte deutlich die Symbole des Satansjüngers auf seiner Brust sehen – ein Pentagramm und einen stilisierten Ziegenbockschädel.
Gleichzeitig merkte er, wie der Druck auf sein Denken nachließ.
Sein Atmen wurde leichter, und er wusste nun, dass er auch würde sprechen können, wenn er wollte.
»Was willst du von mir? Welches Schauspiel willst du den Leuten hier noch bieten? Wenn du mich schon töten willst, dann tu es gleich. Spiel nicht mit mir, denn das wäre eines mächtigen Magiers unwürdig.«
Bei diesen Worten dachte Zamorra an den silbernen Dolch und hoffte, dass er auf den Magier einen Eindruck gemacht hatte, der ihn vielleicht unvorsichtig werden ließ. Wenn er Zamorra jetzt schon erledigen wollte, würde er sein blaues Wunder erleben.
Doch der Zauberer lachte amüsiert. »Meinst du, du kannst mich in Sicherheit wiegen? Ich habe mir vorgenommen, dich sterben zu lassen, und ich weiß auch wie. Du erhältst eine faire Chance.« Wieder lachte der Unheimliche meckernd auf. »Und wenn du die Chance zu nutzen weißt, dann bleibst du vielleicht am Leben. Es liegt ganz bei dir.«
Das Gesicht des Mannes wurde auf einmal ernst. »So höre denn, was ich beschlossen habe. Wir werden hinuntergehen zum Strand. Dorthin, wo du in diesem Jahrhundert gelandet bist. Vorher werde ich dich noch den Leuten von Coryhead als den Mann vorstellen, der sich bei mir als neuer Hexenhenker beworben hat. Was meinst du, wie das ihre Wut anstacheln wird? Begeisterung werden sie auf jeden Fall nicht zeigen, und du kannst froh sein, wenn du noch länger als eine Stunde lebst. Doch ich bin bei dir, und ich werde dich schützen. Keiner soll dir ein Haar krümmen. Niemand soll dir etwas antun. Ich will nur in den Genuss meiner Rache kommen. Rache für all die Brüder und Schwestern des Bösen, die du bereits vernichtet hast. Sei froh, dass ich zu dir so gnädig bin. Eigentlich sollte ich dir sofort das Leben nehmen. Aber da ist noch eine Überraschung, die dich unten am Strand erwartet. Du wirst verblüfft sein und dich vielleicht sogar freuen. Aber warte ab.«
Damit wandte sich der Magier ab. Zamorra wollte etwas fragen, wollte wissen, was geschehen sollte, allein, er vergaß seine Fragen, und sein Kopf war plötzlich wieder leer und ohne einen Geistesblitz.
Hilflos wie schon vorher musste er mit ansehen, wie der Zauberer seine Vorbereitungen traf.
Er nahm die Kerzen von dem kleinen Tischchen und bildete mit ihnen ein umgedrehtes Kreuz. Dann zündete er die Kerze, die den Querbalken bildete, am anderen Ende an.
Er drehte sich wieder um und gab Zamorra mit den Augen einen Befehl, den er sonderbarerweise sofort verstand. Träge erhob er sich vom Boden, nahm das Henkerbeil auf, welches der Magier vorher an die Wand gelehnt hatte, und folgte ihm aus dem Raum.
Vergessen war sein Dolch, vergessen auch der Plan, dem Zauberer bei der nächsten passenden Gelegenheit diesen Dolch ins Herz zu stoßen.
Wie ein Messdiener dem Priester, so ging Zamorra hinter dem Zauberer her.
Er begriff gar nicht, was er tat. Er konnte nicht anders. Im letzten Winkel seines Geistes, der noch einigermaßen unbeeinflusst war von der Macht des Magiers, hatte Zamorra eine Ahnung, dass dies sein letzter Gang werden sollte. Jeglicher Lebenswille war in ihm erstorben und ließ ihn völlig apathisch sein.
Sie stiegen die Treppe hinunter in die Vorhalle.
Es war Nacht geworden. Vor der Haustür glaubte Zamorra gedämpftes Stimmengemurmel zu hören.
»Hörst du sie? Sie sind alle meinem Ruf gefolgt. Dort draußen stehen sie und warten darauf, was ich ihnen zu verkünden habe. Morgen können sie sich an nichts mehr erinnern. Sie waren es auch, die Douglas Thromby aufgehängt haben. Du weißt doch, den Hexenhenker, die Kreatur meines Willens.«
Zamorra nickte unwillkürlich. Der Name klang in ihm nach. Irgendwo hatte er ihn schon einmal gehört. Und zwar zusammen mit dem Namen einer Frau. Doch diesen hatte er völlig vergessen. So wie er auch alles andere vergessen hatte – seine Mission, den Sinn dieser Zeitreise und den Grund für sein Hiersein.
Elias, der Zauberer, öffnete die Tür. Jetzt wurde das Stimmengemurmel lauter.
Der flackernde Schein von Fackeln fiel in die Vorhalle. Als der Magier hinaustrat,
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