003 - Der Puppenmacher
entgegen, bis die Spitze nur wenige Zentimeter vor seinen Augen tanzte. »Du hast einen meiner Brüder auf dem Gewissen. Aber du wirst Bruno Guozzis Tod tausendfach sühnen.«
»Ich werde dich genauso zur Hölle schicken wie ihn!« schrie Dorian und wollte sich aus dem Griff der unzähligen Hände befreien, aber die berauschten Teufelsanbeter entwickelten geradezu übermenschliche Kräfte und hielten ihn eisern fest.
»Du zappelst nicht mehr lange«, versicherte Copello. »Bindet ihn zu dieser Dirne an den Opferstein! Und zwar so, daß sein Kopf zu ihren Füßen liegt. Sie sollen einander beim Sterben zusehen können.«
Dorian wurde auf das Podest gezerrt. Die Hände drückte man ihm auf den Rücken, seine Beine wurden hochgehoben. Über ihm tauchte das Gesicht des Mädchens auf, das er vor dem Vampir gerettet hatte. Sie trank aus einem Kelch Blut und spie es ihm anschließend ins Gesicht.
»Gott wird dir vergeben«, sagte Dorian. »Du weißt nicht, was du tust.«
Das Mädchen kreischte auf und zerkratzte ihm mit ihren Nägeln das Gesicht. Der Dämonenkiller spürte bereits den kalten Stein in seinem Rücken, und die Arme wurden ihm so heftig nach unten gezogen, als wollte man sie ihm brechen. Er kämpfte gegen den Schmerz an und hob den Kopf, um Coco ansehen zu können. Sie hatte die Augen geöffnet und erwiderte seinen Blick.
»Coco?« fragte er.
Sie reagierte nicht. Ihr Lebenswille schien gebrochen. Auch Dorian wurde jetzt von tiefer Resignation befallen. Er glaubte nicht mehr, daß es noch eine Rettung für sie gab, doch plötzlich ging mit den Teufelsanbetern eine Wandlung vor sich. Sie ließen von Dorian ab und wichen zurück.
Copello schrie vor Wut auf. »Tötet sie alle!« rief er, aber seine Jünger gehorchten ihm nicht mehr. Etwas anderes hatte sie in Bann geschlagen, das mächtiger zu sein schien als die suggestive Kraft des Dämons.
Dorian wandte den Kopf. Eine hoch aufragende Gestalt, schlank, grazil und so unwirklich wie ein Wesen aus einem Traum war in das Gewölbe getreten. Es hatte die Augen geschlossen, aber es bewegte sich mit traumwandlerischer Sicherheit. Phillip, der Hermaphrodit!
Die Teufelsanbeter wichen vor ihm an die Wände zurück, so daß sich eine Gasse bildete, durch die er schreiten konnte. Auch Copello zog sich zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stieß. Der Dolch entfiel seiner Hand und prallte klirrend zu Boden. Dann glitt ihm der Totenschädel aus den klammen Fingern.
Dorian sprang vom Opferstein, griff nach einem Dolch, den ein Teufelsanbeter verloren hatte, und schnitt Cocos Stricke durch. Weitere Zeit, sich um sie zu kümmern, fand er nicht. Plötzlich nahm er eine Bewegung zu Phillips Füßen wahr. Dort schritt eine schweigende Prozession kleiner Wesen einher – allen voran die Alina-Puppe.
Es war offensichtlich, daß sie die Führung über die anderen fünf verbliebenen Puppen übernommen hatte. Dorian blickte kurz zu Roberto Copello hinüber. Sein Gesicht, das ständig das Aussehen änderte, war eine Maske des Schreckens. Vor Entsetzen zu keiner Bewegung mehr fähig, starrte er den Puppen entgegen. Er hatte endgültig die Gewalt über sie verloren. Jetzt hatten die Puppen das Podest erreicht und sprangen behende hinauf. Sie formierten sich zu einer Linie und marschierten auf ihren früheren Herrn und Meister zu. Dieser hatte nichts Dämonisches mehr an sich. Er war nur noch ein vor Angst zitterndes Bündel, dem die Todesangst ins Gesicht geschrieben stand.
»Geht weg! Verschwindet! Asmodi, zertritt diese Ratten!«
Aber Asmodi, der Fürst der Finsternis, erhörte ihn nicht. Die Puppen hatten ihn beinahe erreicht, als sich Dorian hinunterbeugte und die Chapman-Puppe ergriff. Der Agent wehrte sich verzweifelt, aber Dorian ließ ihn nicht los.
Inzwischen hatten die anderen fünf Puppen ihren Schöpfer erreicht. Sie stießen sich wie auf ein unhörbares Kommando gleichzeitig vom Boden ab und sprangen ihn an. Copello versuchte sich ihrer zu erwehren, aber sie waren zu wendig und flink für ihn. Zwei verkrallten sich in seiner Kehle, eine dritte saugte ihm ein Auge aus.
Die anderen krochen ihm unter die Kleider. Der Puppenmacher bäumte sich noch einmal auf.
»Asmodi, hilf mir!« flehte er mit schauriger Stimme.
Diesmal erhörte ihn der Fürst der Finsternis. Ein Blitz loderte aus dem Nichts auf und vernichtete den Puppenmacher mitsamt seinen Geschöpfen. Stille lastete sekundenlang über dem Gewölbe, dann brach unvermittelt die Hölle los. Mit dem Tod
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