004 - Geheimcode Alpha
und drehte das Sichtterminal, so dass Haiko Chan den Bildschirm sehen konnte. Das Terminal zeigte eine schematische Darstellung der gemäßigten Zone auf der Venus. Zwei Orte waren farblich hervor gehoben: Die an sich geheime Teststation, die Flibo dort unterhielt und eine im Prinzip noch geheimere Kuppelstation, von deren Existenz Chan bislang nichts gewusst hatte.
»Das ist Venus-Alpha«, erklärte Cumbraith Jones. »Ein Internierungslager, in dem Flibo Elemente maßregelt, die gegen mit dem Konzern geschlossene Vertragsabsprachen verstoßen haben. Ein den UNO-Statuten zufolge übrigens legales Unterfangen. Wir unterhalten ebenfalls solche Stationen.«
Haiko Chan dachte an den Vertrag, den er mit Mechanics Inc. geschlossen hatte. Die Warnung war dezent, aber deutlich gewesen: sollte er seine Mitarbeit verweigern, würde er ebenfalls in solch einem Straflager enden.
»Venus-Alpha befindet sich in unmittelbarer Nähe der Flibo-Forschungsstation«, fuhr Cumbraith Jones fort. »Wobei unmittelbar natürlich ein relativer Begriff ist. Ihre Aufgabe wird es sein, sich in Venus-Alpha einzuschleusen, von Wylbert aus der Forschungsstation zu entführen und nach Venus-Alpha zu bringen. Dort werde ich Sie dann herausholen.«
»Wie wollen Sie das anstellen?«
»Die exakten Details müssen noch ausgearbeitet werden«, entgegnete Cumbraith Jones in dem kaum verschleierten Versuch, ihm deutlich zu machen, dass er nur seine ureigene Aufgabe zu erledigen habe. »Es kommt auf das genaue Timing an. Zu diesem Zweck der Minifunker. Und mit etwas Glück werden die Flibo-Sicherheitsleute die kleinen Bomben, mit denen wir Sie ausrüsten, nicht entdecken. Was diese Details betrifft, werden Sie noch genau unterwiesen.«
»Und wie komme ich in Venus-Alpha hinein?«
»Sie laufen zu den Piraten über …« Haiko Chan zog die Brauen hoch, als er das hörte: »… und lassen sich mit Ihrem kleinen Beuteraumschiff natürlich auftreiben.«
»Ich verstehe …«
»… gar nichts mehr«, unterbrach Fisher. »Ist Ihnen als Survival-Experten jemals zu Ohren gekommen«, fuhr er gefährlich leise fort, »dass sich in der Kanalisation oder den Parks großer Städte verbrecherische Subjekte zusammenrotten, die gegen Konzernsverträge verstoßen haben?«
»Natürlich«, entgegnete Chan und dachte an Jerry Bernstein. »Zum Beispiel Seabath …«
»Und so gibt es auch einige Gruppen«, warf nun Cumbraith Jones ein, deren Brusttuch zur Zeit wieder transparent war und überaus interessante Einblicke bot, für die Chan im Augenblick jedoch nicht das geringste Interesse empfand, »die kleine Raumfrachter gekapert haben und Konzernraumer überfallen. Sie lohnen den Aufwand nicht, den es bereiten würde, sie aus dem Sonnensystem zu verjagen, sonst hätten wir es schon längst getan.«
»Natürlich«, sagte Haiko.
»Wir schleusen Sie auf ein Piratenschiff, das in Venusnähe einen Flibo-Transporter überfallen wird. Dabei werden Sie gefangen genommen. So einfach ist das.«
Chan nickte sprachlos.
»Natürlich wird man Sie in das nächst gelegene Gefangenenlager bringen … Venus-Alpha. Klar?«
»Klar«, sagte Chan schwach. »Nur noch eine Frage …«
»Ja?«, entgegnete Fisher und erhob sich, um anzuzeigen, dass er das Gespräch für beendet hielt.
»Wie ist es Ihnen gelungen, von Wylbert aus der sicheren Rheinstadt zur Venus zu locken?«
Fisher lächelte. »Geschickte Investitionen«, sagte er. »Investitionen in Form von einigen Menschenleben.«
*
»Tanya!«, flüsterte Ken Randall eindringlich. »Tanya!«
Die beiden Medo-Techniker drängten ihn zur Seite. »Hier können wir nichts für sie tun!«, sagte der erste barsch. »Sie behindern uns. Treten Sie bitte zur Seite.«
Tanya Genada lag leblos auf der Trage, auf die die Medo-Techniker sie gebettet hatten. Ihre dunkle Haut wirkte seltsam bleich; das kupferrote Haar war zur Seite gefallen und enthüllte ihre Narbe auf der Stirn. Ein mit Tastsensoren an ihrem Hals befestigter Medo-Scanner gab schwache, dumpfe Töne von sich.
»Was ist mit ihr?«, fragte Ken. »Können Sie schon etwas sagen?«
Ohne in seinem Laufschritt zu verharren, blickte der Medo-Techniker zu Ken hinüber. »Sie liegt im Koma. Sehr schwache Lebensfunktionen. Warten Sie ab, was der Arzt sagt!«
Ken ließ sich zurück fallen. Er konnte nichts für Tanya tun, agierte höchstens zu ihrem Schaden, wenn er die bestmögliche medizinische Versorgung behinderte oder verzögerte. Fluchend blieb er stehen.
Dieses Gefühl der
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