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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Schütze.«
    Von einem oberen Fenster eines Häuserblocks auf der anderen Seite der Oxford Street beobachtete ein Mann den Vorgang. Er sah die herbeistürzenden Polizisten, die riesige Menschenmenge, die sich im Nu gesammelt hatte; sah, wie die fest zupackenden Hüter des Gesetzes den Gefangenen, der sich wie toll gebärdete, überwältigten. Er sah auch, wie ein Herr mit grauem Haar unverletzt und ruhig davonschritt und mit einem Polizeisergeanten sprach, der gerade auf dem Schauplatz der Tat erschien.
    Der Beobachter schüttelte seine Faust hinter King Kerry her.
    »Eines Tages, mein Lieber«, preßte er zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor, »werde ich jemand finden, der sein Ziel nicht verfehlt - und dann ist das Mädchen aus Denver City frei!«

Kapitel 3
    Herr Tack stand am Pult der Kassiererin in der Konfektionsabteilung. Auf seinem Gesicht lag der gequälte Ausdruck eines Menschen, der es sich zur angenehmen Aufgabe gemacht hat, unangenehm zu sein, und nun fürchtet, keine Gelegenheit dazu zu haben.
    »Sie kommt heute nicht; wir werden um elf ein Telegramm bekommen, daß sie krank ist oder daß ihre Mutter in die Klinik mußte«, sagte er bitter, und drei speichelleckerische Rayonchefs in tadellos sitzenden Anzügen, die sich in respektvoller Entfernung hielten, bemerkten in deutlich hörbarem Ton, es sei wirklich eine Schande.
    Sie würden über Herrn Tacks Bemerkung sogar gelacht haben, aber sie waren sich nicht recht sicher, ob er ver-langte, daß sie lachten, denn Herr Tack war ein eifriger Kirchgänger, und Krankheit war für ihn ein wesentlicher Bestandteil der gottgewollten Lebensordnung.
    »Sie geht am Sonnabend in acht Tagen - kann kommen, was will«, legte Herr Tack wieder grimmig los und sah nach der Uhr. »Ich würde sie Knall auf Fall entlassen, wenn es nicht unmöglich wäre, ihre Stelle sofort wieder zu besetzen.«
    Einer der Rayonchefs, der auf Grund seiner langen Dienstzeit fühlte, daß man etwas von ihm erwartete, bemerkte, er wisse wirklich nicht, wohin das führen solle.
    In diese unglückliche Gruppe platzte Else Marion erhitzt und atemlos hinein; sie kam in größter Eile aus dem muffigen Umkleideraum, den Tack & Brighten seinen weiblichen Angestellten eingeräumt hatte.
    »Es tut mir so leid!« sagte sie, während sie die mit Glasscheiben versehene Tür ihres Kassenstandes öffnete und sich auf den hohen Sessel schwang.
    Herr Tack sah sie an. Da stand er, wie sie es vorhergewußt hatte, die goldene Uhr in der Hand, das Urteil auf dem Gesicht - eine unerbittliche Gestalt.
    »Um neun Uhr war ich hier, Fräulein.«
    Sie erwiderte nichts, öffnete das Pult und nahm die Kassenblocks und Kassenzettelhalter heraus.
    »Um neun Uhr war ich hier, Fräulein«, wiederholte der geduldige Herr Tack, der in Wirklichkeit alles andere als geduldig war.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte Else wieder.
    Ein junger Mann hatte das Geschäft betreten. Da die Angestellten, die ihn zu dem gewünschten Verkaufsstand hätten führen sollen, augenblicklich bewundernd um Tack herumstanden, konnte er planlos umhergehen. Es war ein netter junger Mann, in braunem Staubmantel, den weichen Filzhut hinten auf dem Kopf. Er hatte die Gewandtheit und das sorglose, selbstsichere Auftreten, wie es nur einem Beruf in der Welt eigen ist - und nur dem einen. Ohne jede falsche Bescheidenheit näherte er sich der Gruppe.
    »Es tut Ihnen leid!« wiederholte Herr Tack mit großer Zurückhaltung. Er war klein und gedrungen, hatte eine glänzende Glatze und einen dichten, strohblonden Schnurrbart. »Es tut Ihnen leid! Das ist doch wenigstens ein Trost, Sie haben den Anordnungen - meinen Anordnungen - hohngesprochen. Sie haben meine ausdrückliche Bitte, um neun Uhr hierzusein, mißachtet - und es tut Ihnen leid!«
    Das junge Mädchen erwiderte immer noch nichts, aber der junge Mann in dem weichen Filzhut schien aufs höchste interessiert.
    »Wenn ich hiersein kann, Fräulein Marion, können Sie auch hiersein!« nörgelte Herr Tack weiter.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte das junge Mädchen wieder. »Ich habe die Zeit verschlafen, und ich bin nun, ohne zu frühstücken, hergekommen.«
    »Ich konnte rechtzeitig aufstehen«, fuhr Herr Tack fort.
    Else Marion wandte sich ihm zu; ihre Geduld war erschöpft. Das war so seine Art - er würde jetzt herumnörgeln, bis sie wegging, und sie wollte wissen, worauf es hinauslief. Sie witterte jedenfalls eine Entlassung.
    »Glauben Sie etwa«, fragte sie, in Wut gebracht, »ich kümmere

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