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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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mich darum, wann Sie aufgestanden sind? Sie sind entsetzlich alt im Vergleich zu mir, Sie essen mehr als ich, und Sie haben nicht meinen Appetit. Sie stehen wahrscheinlich auf, weil Sie nicht schlafen können. Ich schlafe, weil ich nicht aufstehen kann.«
    Herr Tack stand wie vom Donner gerührt. Da waren mindestens sechs Bemerkungen, viele unglaublich freche, die nach einer Rüge schrien.
    »Sie sind entlassen«, schnaubte er.
    Das junge Mädchen glitt vom Stuhl herunter, sehr weiß im Gesicht.
    »Nicht jetzt - nicht jetzt!« rief Herr Tack hastig. »Ich kündige zu Sonnabend in acht Tagen.«
    »Ich möchte lieber gleich gehen«, sagte sie ruhig.
    »Sie werden so lange bleiben, wie es mir paßt«, tobte Herr Tack, »und dann werden Sie ohne Zeugnis entlassen.«
    Sie kletterte in seltsam gehobener Stimmung wieder auf ihren Sessel.
    »Dann haben Sie aufzuhören, an mir herumzunörgeln«, sagte sie kühn. »Ich werde alles tun, was meine Pflicht ist, aber ich verbitte mir das Schimpfen. Ich brauche Ihren Weißwarenhändlerlohn nicht«, fuhr sie rücksichtslos fort, ermutigt durch das teilnehmende Lächeln des jungen Mannes im weichen Filzhut, der jetzt ganz unbefangen im Kreise der Zuhörer stand, als ob er dazugehöre, »und ich lasse mir Ihre groben Zurechtweisungen nicht bieten. Sie sind der Chef einer gemeinen Firma, der wehrlose junge Mädchen, die nicht zu mucksen wagen, beschimpft. An einem der nächsten Tage werde ich dem ›Monitor‹ etwas von Tack & Brighten erzählen.«
    Es war eine furchtbare Drohung, die der schwindende Mut ihr eingab, denn die gehobene Stimmung, in die sie im Augenblick ihres Triumphes geraten war, verlor sich rasch; aber Herr Tack, der kein Psychologe war und den Dingen nicht auf den Grund ging, wurde rot und weiß. Einmal hatte der Monitor bereits Andeutungen von skandalösen Zuständen in einem »gutgehenden Geschäft in der Oxford Street« gemacht, und Herr Tack hatte des rechtlichen Mannes Furcht vor der Öffentlichkeit.
    »Sie - Sie sollen es nur wagen!« sprudelte er heraus. »Sie - Sie - nehmen Sie sich in acht, Fräulein! - Was wünschen Sie, mein Herr?« wandte er sich scharf an den jungen Mann im weichen Filzhut, den er jetzt erst bemerkt hatte.
    »Mein Name ist Gillett«, platzte der junge Mann heraus, »ich bin Vertreter des Monitor - äh - und möchte diese junge Dame ein paar Minuten sprechen.«
    »Scheren Sie sich zum Teufel!« sagte Herr Tack grob.
    Der junge Mann machte ein Verbeugung. »Sobald ich diese junge Dame gesprochen habe.«
    »Ich verbiete Ihnen, diesem Menschen irgendwelche Auskunft über mein Geschäft zu geben«, machte sich die Wut des Geschäftsinhabers Luft.
    Der Zeitungsschreiber schloß gelangweilt die Augen.
    »Mein lieber Mann«, sagte er kopfschüttelnd, »ich will ja mit der Dame gar nicht über Ihr Geschäft sprechen; es handelt sich um King Kerry.«
    Herr Tack riß in maßlosem Erstaunen den Mund auf.
    »King Kerry? Nanu, das ist ja der Herr, der dieses Geschäft kaufen will!«
    Dies war das Geheimnis, das er bis jetzt so sorgfältig gehütet hatte. Dieser eine Satz erklärte alles: die Sparsamkeit, die Verkäufe unter Selbstkostenpreis, das ganze üble, schändliche Treiben der letzten Monate.
    »Will dieses Geschäft kaufen?« sagte Herr Gillett, auf den Tacks Worte offenbar nicht den geringsten Eindruck machten. »Pah, das ist gar nichts! Vor einer halben Stunde wäre er am Untergrundbahnhof Oxford Street beinahe ermordet worden, und er hat seitdem bereits die Portland Place Mansions gekauft.«
    Er wandte sich zu dem erschrockenen jungen Mädchen.
    »Bat mich, herzugehen und Sie zu suchen. Hat Sie beschrieben, so daß ich nicht fehlgehen konnte.«
    »Was wünscht er?« fragte sie erregt.
    »Bittet Sie, zum Lunch ins Savoy zu kommen und ihm zu sagen, ob Tack & Brighteh den geforderten Preis wert ist.«
    Herr Tack fiel nicht in Ohnmacht, dazu hatte er sich zu sehr in der Gewalt. Aber als er in sein Privatbüro ging, schwankte er bedenklich, und der Rayonchef der Bandabteilung, der Mitglied des Bundes zur Bekämpfung des gottlosen Wissens war, hielt sich die Ohren zu, als er hörte, was Herr Tack vor sich hin sprach.

Kapitel 4
    In einer Zelle in der Marlborough Street saß ein verwirrter Mensch, den Brummschädel zwischen den großen, schmutzigen Händen. Er bemühte sich in seiner unbeholfenen, schwerfälligen Art, die Ereignisse der letzten Nacht und des Morgens aneinanderzureihen. Er erinnerte sich, daß er auf dem Embankment einen Herrn

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