0052 - Der falsche Inspekteur
länger mit Ihnen oder Ihren Freunden zusammenarbeiten. Es ist mir, offen gesagt, zu gefährlich. Bezahlen Sie Ihre Schuld, nehmen Sie Ihre Leute - und verschwinden Sie!"
Rhodan staunte über die Aufrichtigkeit des bärtigen Springers, der ihm nicht unsympathisch war. Er wußte, daß es sinnlos war, ihn umstimmen zu wollen.
„Gut. Sie werden Ihren Lohn erhalten, Berzan. Wo sind meine Leute?"
Berzan wandte sich um und winkte ins Haus.
„Faran, bringe die Fremden. Sie sind frei."
Rhodan zog einen Beutel mit Geldstücken aus der Tasche und reichte ihn dem Alten. Der überprüfte kurz den Inhalt und stieß einen leisen Pfiff aus. Er war mit der Bezahlung durchaus zufrieden.
Faran trat ins Freie, gefolgt von Marshall, Laury und dem Grafen.
Berzan nahm Faran beiseite und sprach leise mit ihm. Rhodan hatte keine Zeit, sich länger mit ihnen zu befassen. Er wußte, daß im Augenblick kein Verrat zu befürchten war, wenn überhaupt. Marshall ging Rhodan entgegen und reichte ihm hocherfreut die Hand. „Das war fast im letzten Moment, Chef. Ich weiß nicht, wie lange wir hier noch sicher waren. Die Springer hatten keine Lust mehr, sich die Finger zu verbrennen. Oh, Verzeihung. Laury möchte Sie begrüßen. Und dann möchte ich Ihnen Graf Rodrigo de Berceo vorstellen ..."
Laury war rot geworden, denn sie mußte wissen, daß Rhodan über ihre Liebe zu dem Grafen unterrichtet war. Zaghaft reichte sie ihm die Hand, die Rhodan mit einem leichten Lächeln nahm und den Druck zurückgab. Dann erst wandte er seine Aufmerksamkeit dem Grafen zu.
Rodrigo hatte seinen breitrandigen Hut gezogen und schwenkte ihn mit einer höflichen Verbeugung, die jedem Edelmann des 17. Jahrhunderts zur Ehre gereicht hätte. Dann trat er vor und nannte bei einer zweiten Verbeugung seinen Namen und den seiner adeligen Eltern. Er versicherte: „Ich bin hocherfreut, endlich den großen Freund meiner Gefährten kennenzulernen und rechne es mir zur Ehre an. Sie, Rho ..."
„Keine Namen!" warnte Rhodan scharf. „Ich bin der Chef, sonst niemand! Verstanden?"
Rodrigo errötete, aber er beherrschte sich ausgezeichnet.
„Verzeihung, Chef. Fast hätte ich die Vorsicht vergessen." Er sah sich wie suchend um, streifte den Mausbiber mit einem neugierigen, aber flüchtigen Blick und wandte sich dann an Marshall.
„Wo ist denn dieser sagenhafte Held und Frauenverführer, von dem du mir berichtet hast? Ich sehe ihn nicht."
„Gucky?"
„Ja, so nennt er sich wohl. Ich möchte ihm meine Meinung sagen."
„Na dann mach nur die Augen auf, Rod. Du stehst vor Gucky."
Laury hatte sich inzwischen zu dem kleinen Mausbiber hinabgebeugt und streichelte ihm das Fell.
„Wie geht es dir, mein kleiner Freund?" fragte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Kannst du dir vorstellen, daß Rodi eifersüchtig auf dich ist?" Aber Gucky gab keine Antwort. Er starrte immer noch fassungslos auf den Grafen, der nun seinerseits die Augen entsetzlich weit aufriß und ungläubig auf den Mausbiber hinabschaute.
„Huch!" piepste der Mausbiber schließlich und schnappte verzweifelt nach Luft. „Zu welchem Maskenball will denn der komische Onkel?"
Der „komische Onkel" verstand sehr gut und fuhr zurück.
„Ist das dieser Gucky?" erkundigte er sich bei Marshall. „Wer sonst?"
Rodrigo kniff die Augen zusammen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Mausbiber zu, der sich allmählich von seiner Überraschung zu erholen begann.
„Du bist Gucky?" fragte Rodrigo noch einmal und zeigte auf Gucky.
Der Mausbiber ließ sich behäbig auf das breite Hinterteil sinken.
„Hast du etwas dagegen?" erkundigte er sich freundlich. „Wenn ich so aussähe wie du, würde ich nicht so dumm fragen. Das erhöht den ersten Eindruck, den man von dir bekommt, wenn man dich sieht."
Rodrigo zog mit einer schnellen Bewegung den Degen und trat zwei Schritte zurück.
„Wehre dich, oder ich stoße dich schimpflich nieder!"
Laury stieß einen schrillen Schrei aus und sprang zwischen die Streithähne. Rhodan warf den beiden Springern einen Blick zu. Sie überprüften den Inhalt des Geldbeutels, ohne sich um die Geschehnisse zu kümmern, die im Park vor sich gingen. Sie schienen ihre Umwelt vergessen zu haben.
Gucky begann quietschend zu lachen. Er hüpfte auf seinen kurzen Beinen vergnügt hin und her. Der blitzende Nagezahn leuchtete grell und weiß in der Sonne.
„Bei uns tragen nur die alten Weiber so große Stricknadeln!"
Gucky pfiff mißtönend. „Mit der linken Pfote bringe ich dir
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