0053 - Der Hexer aus der Todeszelle
berichtet.«
»Was ist das für ein Mann?«
»Äußerst zuverlässig. Kein Tagträumer. Wenn er Blut gesehen hat, dann entspricht das den Tatsachen.«
»Hat außer ihm noch jemand das Blut aus dem Wasserhahn tropfen gesehen?«
»Nein. Nur er. Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann kam wieder klares Wasser.«
»Was weiter?«, forschte Zamorra.
»In der Wäscherei – da, wo Carl Lyman erschlagen worden war – war ein schauriges Stöhnen zu vernehmen. Doch niemand befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Wäscherei.« Segal schüttelte mit zusammengezogenen Brauen den Kopf. »Zum Henker, ich weiß wirklich nicht, was ich von diesen Dingen halten soll, Professor. Als vernunftbetonter Mensch muss ich diese Dinge natürlich strikt ablehnen. Aber irgend etwas in mir empfiehlt mir, nicht einfach sorglos darüber hinwegzugehen: Irgend etwas in mir ist bereit, das alles zu akzeptieren. Ich fühle mich geistig und seelisch in zwei Teile gespalten. Das macht mich ganz krank. Hinzu kommt noch, dass mehrere Häftlinge – unabhängig voneinander – behaupteten, sie hätten Carl Lyman gesehen. Sie schwören darauf Stein und Bein, der eine will Lyman in der Bibliothek gesehen haben. Der andere im Gefängnishof. Der dritte im Freizeitraum. Ich versuche mir einzureden, dass so etwas durch eine Selbsttäuschung hervorgerufen wurde. Andererseits aber wurde Lyman nach seiner Beerdigung insgesamt dreimal gesehen. Und nicht immer nur von ein und derselben Person. Kann es so etwas überhaupt geben, Professor?«
Zamorra drückte die Zigarettenkippe im Aschenbecher aus. Bedächtig nickte er.
»Diese Frage kann ich nicht von Haus aus verneinen, Mr. Segal. Lyman kannte offenbar die Geheimnisse der Schwarzen Magie, und er ist in der Lage, sich dieser Zauberkünste auch über seinen körperlichen Tod hinaus zu bedienen.«
Amos Segals Augen weiteten sich. »Sie meinen, sein Körper ist zwar tot, aber sein Geist lebt noch?«
»Das könnte ich mir durchaus vorstellen«, nickte Zamorra.
»Und dieser Geist kann einen Körper annehmen?«
»Einen Scheinkörper nur.«
»Was bedeutet das?«
»Das bedeutet, dass es keinem Menschen möglich ist, diesen Körper anzufassen. Man sieht ihn zwar, aber man fasst durch ihn hindurch, wenn man ihn ergreifen will.«
Segal legte die Pfeife weg, schüttelte den Kopf und sagte zu Bill Fleming: »Also das ist mir einfach zu hoch. Wie kann es so etwas geben?«
»Sie dürfen nicht vergessen, dass hier übernatürliche Kräfte, böse Mächte im Spiel sind«, gab Zamorra zu bedenken.
Segal klopfte aufgeregt die Pfeife aus. »Sie sind also der Meinung, in der Strafvollzugsanstalt, die ich leite, kann es tatsächlich spuken.«
»Ja«, nickte Zamorra.
Segal seufzte. »Mir bleibt doch wirklich nichts erspart.« Sein Blick heftete sich gespannt auf den Parapsychologen. »Wie kann ich das abstellen, Professor?«
»Es gibt für solche Fälle keine starren Regeln, Mr. Segal.«
»Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, diesem Spuk ein baldiges Ende zu bereiten?«
»Unter Umständen ja.«
»Was heißt, unter Umständen? Sagen Sie mir klipp und klar, was Sie an meiner Stelle dagegen unternehmen würden, Professor Zamorra. Wenn es sich irgendwie durchführen lässt, werde ich es tun!«
Zamorra verschränkte die Finger und blickte auf seine Nägel.
»Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, Mr. Segal, würde ich so rasch wie möglich jene Leute auszuforschen versuchen, die Carl Lyman ermordet haben.«
»Was wäre damit gewonnen?«
»Soviel ich weiß, gibt es mehrere Täter«, sagte Zamorra.
»Ja. Wir nehmen an, dass es drei oder vier waren.«
»Finden Sie heraus, wer diese Männer sind, Mr. Segal…«
»Angenommen, das gelingt mir. Was weiter?«
»Lassen Sie diese vier Männer in vier andere Strafvollzugsanstalten überstellen. Sie werden sehen, dann kehrt in Ihr Gefängnis wieder Ruhe ein.«
Amos Segal schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass damit viel gewonnen ist, Professor. Okay. Die Männer kommen in andere Anstalten. Aber schiebe ich damit nicht bloß den Schwarzen Peter einem anderen zu? Wird Lyman nicht dann dort sein übles Spiel zu treiben beginnen?«
Zamorra nickte. »Sie haben recht, Mr. Segal. So würde es kommen.«
»Dann ist das keine Lösung für mich.«
Bill warf ein: »Man müsste versuchen, das Übel bei der Wurzel zu fassen.«
Zamorra schaute den Freund an und meinte ernst: »Das ist der steinigere Weg.«
»Kann man ihn trotzdem gehen?«, fragte Fleming.
»Ich könnte
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