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0054 - Wir und der Hellseher

0054 - Wir und der Hellseher

Titel: 0054 - Wir und der Hellseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir und der Hellseher
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geriet, ihre Unschuld behauptet, und dann, als man ihm das Bild von John Cresbyl reichte, den Vorgang des Mordes und die Mörder genau beschrieben. Die Schilderung des Mordes, die Look weitergab, war eine furchtbar blutrünstige Angelegenheit und stimmte in nichts mit unseren Feststellungen überein. Die Beschreibung der Täter war farblos bis auf die Tatsache, dass der eigentliche Mörder eine blutrote Narbe am Kinn haben sollte und als stämmiger, kraushaariger Typ beschrieben wurde.
    Und das war genau die Stelle, an der ich stutzte.
    »Rote Narbe?«, murmelte ich. »Einen Gangster mit einer roten Narbe am Kinn kennen wir doch?«
    »Kennen ist übertrieben«, antwortete Phil. »Ich habe auch erst ein wenig nachdenken müssen, wann ich zuletzt von einem Mann mit einem solchen Kennzeichen gehört habe. Dabei ist es noch nicht lange her. Als wir im Zusammenhang mit dem Cresbyl-Mord noch einmal die Unterlagen über die Tootenham-Gang studierten, war von einem Bandenmitglied die Rede. Der Bursche war sogar unter einem Spitznamen bekannt, der auf seine Narbe Bezug nahm. Seine Kumpanen nannten ihn Narbenkinn.«
    »Interessant!« Ich griff zum Telefon.
    Fünf Minuten später hatten wir die Akten über die Tootenham-Gang vor uns auf dem Tisch liegen.
    »Leon Blacktum«, las ich vor. »Spitzname Narbenkinn. Zweimal wegen Raubüberfalls vorbestraft. Mitglied der Bande seit ungefähr einem Jahr. Gilt als außerordentlich brutal, ist jedoch im Rahmen der Gang bisher nicht besonders hervorgetreten und muss als Mitläufer betrachtet werden.«
    Die Endaufstellung, in der nach Tootenhams Tod der Verbleib der einzelnen Bandenmitglieder erfasst worden war, enthielt hinter Blacktums Namen keine Notiz außer: zurzeit als Fernfahrer bei der Transcontinental Inc. beschäftigt. Das hörte sich fast so an, als wäre aus Leon Blacktum ein anständiger Mensch geworden, aber die Eintragung lag Jahre zurück; und inzwischen konnte sich vieles geändert haben.
    Das Bild des ehemaligen Gangsters zeigte einen noch jungen Mann, beinahe noch ein Jüngling mit schwarzen Ringellocken und einem ungewöhnlich finsteren Gesicht unter diesen Locken. Deutlich war der Strich der Narbe am Kinn zu sehen.
    »Immerhin hat dieser Gentleman einmal etwas mit der Tootenham-Bande zu tun gehabt«, überlegte Phil laut. »Und John Cresbyl stand einmal unter dem Verdacht, an der Ausrottung der Bande beteiligt gewesen zu sein. Das sieht nach einem bildhübschen Racheakt aus. Jedenfalls lohnt es, Mr. Blacktum anzusehen.«
    »Und woher hat dieser Schreiber seine Weisheit?«, fragte ich und tippte auf die Zeitung.
    Phil wusste keine andere Antwort als ein Achselzucken.
    ***
    »Woher hat der Schreiber diese Information?«, brüllte der große schwere Mann und hieb seine Faust auf die Zeitung. »Irgendwer muss gequatscht haben. Wer, Til? Ich lasse den ganzen Verein umlegen. Bekomme es heraus, Til, aber schnell!«
    »Die Zeitung schreibt, ein Hellseher hätte die Beschreibung geliefert«, warf Til Furner ein.
    »Quatsch!«, brüllte der andere.
    »Hör mit solchem Quatsch auf, Til. Ich glaube nicht an Hellseher und sonstige Fantasten. Aber ich glaube an die Wirkung einer Revolverkugel, an eine Maschinenpistolengarbe, an die Wirkung eines Messerstiches, und wenn es anders nicht geht, glaube ich sogar an die Wirkung eines Dollarpaketes als Bestechungssumme.«
    Til Furner, der eher wie ein Gelehrter als ein Gangster aussah, wich vor der Wut seines Chefs bis an die Wand zurück, obwohl es wahrhaftig nicht der erste Ausbruch des Mannes war, den er miterlebte.
    Furner, groß, schlank, mit unbeweglichem, glattem Gesicht unter immer sorgfältig gekämmtem blonden Haar, und einer goldenen Brille auf der spitzen Nase, wusste, dass der Mann, der mit großen Schritten schnaubend durch das Zimmer stampfte, von ihm mit dem Namen Georg Bellow angeredet werden wollte, und dass dieser Name am Schild der Tür stand, aber er wusste nicht, ob dieser Name der richtige war. Er übersah auch manches von den Geschäften, die Bellow durchführte, aber er ahnte, dass es nur ein Bruchteil dessen war, was Bellow in seiner Hand hatte.
    Furner, selbst intelligent und skrupellos, hatte oft mit dem Gedanken gespielt, ob er sich nicht selbst an Georg Bellows Stelle schieben könnte, aber er hatte diesen Gedanken bald wieder aufgegeben. Umso zu arbeiten, wie Bellow es tat, musste man ein einwandfreies Vorleben haben, und Til Furner hatte ein solches Vorleben nicht. Er wusste, wie ein Gefängnis von innen

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