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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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hinweg, auf der Menschen standen, kam ein normales menschliches Gesicht zum Vorschein.
    Kein Passant würde Verdacht schöpfen und Hilfe holen. Den Leuten wurde ein friedliches, heiteres Bild vorgegaukelt.
    Immer wieder versuchte Jane Collins, die Herrschaft über ihren Körper zurückzuerlangen. Es klappte einfach nicht. Noch während sie damit beschäftigt war, senkte sie eine Wolldecke über ihren Kopf. Sie konnte nicht mehr erkennen, wohin sie gebracht wurde.
    Es dauerte nicht lange, bis die Gondel plötzlich absackte. Das kannte sie schon aus meiner Schilderung. Als sie ihrer Schätzung nach den Grund des Canale erreicht hatten, wurde sie hochgehoben und von den Skeletten weggeschafft. Jane war gar nicht überrascht, als ihr die Decke vom Gesicht gezogen wurde und sie sich in einem ehemals prunkvollen, jetzt aber völlig verwahrlosten Saal eines Palastes wiederfand.
    Und sich der Schwarze Doge über sie beugte!
    Dennoch fuhr ihr sein Anblick durch Mark und Bein. So nahe hatte sie ihn noch nie gesehen.
    Die weißen, leblosen Augen schienen ihre Blicke bis in Janes Gehirn zu bohren. Die Privatdetektivin stöhnte auf. Sie fühlte sich jetzt nicht nur wegen der Kopfschmerzen elend. Sie merkte, wie sich ein fremder Wille in ihr Bewußtsein vortastete und in ihren Gedanken las.
    »Jane Collins!« Der Schwarze Doge sprach rasselnd und röchelnd, als habe er keine Kraft. Doch aus dem Klang seiner Stimme klangen Triumph und Befriedigung darüber, daß er seine gefährliche Gegnerin in seine Gewalt gebracht hatte. »Jane Collins! Dein Todesurteil ist bereits gesprochen! Du gehörst den Mächten der Hölle!«
    Jane wollte sich aufbäumen. Sie konnte sich noch immer nicht bewegen, aber die Sprache kehrte zurück.
    »Du irrst dich!« schrie sie dem Schwarzen Dogen ins formlose schwarze Gesicht. »Du kannst mich töten, aber ich gehöre nicht der Hölle! Ich werde nie der Hölle gehören! Keine Macht der Welt kann mich dazu zwingen, mich euch auszuliefern und zu euch überzulaufen!«
    Der Schwarze Tod besaß kein Mienenspiel, wie sollte er auch! Dennoch glaubte Jane, eine Welle der ohnmächtigen Wut zu spüren, die von ihm ausströmte.
    »Du wagst es, mir zu widersprechen?« schrie er sie an. »Du…«
    Er brach ab und verschwand aus ihrem Gesichtskreis. Jane wollte unbedingt wissen, was mit ihm los war. Deshalb richtete sie sich auf… und hätte vor Freude fast aufgeschrien, obwohl ihre Lage keineswegs rosig war. Sie konnte den Oberkörper heben.
    Der Schwarze Doge stand unsicher auf den Beinen. Er wankte und griff in die Luft, als müsse er irgendwo Halt suchen. Jane erkannte auch, woher seine Schwäche stammte, ein Zustand, den es bei einem so mächtigen Dämon eigentlich gar nicht gab.
    Es waren die Silberkugeln, die ihn getroffen hatten. Das geweihte Silber konnte ihn zwar nicht töten, dazu stand er auf der Rangleiter des Bösen zu hoch oben. Die Treffer machten ihm jedoch zu schaffen.
    Er schleppte sich zu seinem Thron, ließ sich seufzend darauf sinken und nahm wieder seine kauernde Haltung ein. Diesmal wirkte sie jedoch weniger lauernd und heimtückisch als schwach.
    Jane frohlockte. Vielleicht kam sie nicht mehr lebend aus diesem Saal, aber der Schwarze Doge war gewaltig angeschlagen. Ihre Freunde hatten dadurch größere Chancen, diesen Ausbund der Hölle fertigzumachen.
    Der Schwarze Doge regte sich minutenlang nicht. Jane benutzte die Gelegenheit, um sich umzusehen. An Flucht war nicht zu denken, weil ihr die Beine nach wie vor nicht gehorchten und in ihrer Nähe drei Knochenmänner standen, aber sie wollte sich alles einprägen. Wer weiß, wofür das später gut war.
    Ihr Herz erstarrte, als sie ringsum an den Wänden wahre Jammergestalten entdeckte. Es waren die mittlerweile fündundvierzig Verschleppten und Entführten, die bei der Polizei von Venedig als vermißt gemeldet waren! Sie glichen lebenden Leichen, ausgemergelte Gestalten mit bleichen, eingefallenen Gesichtern und stumpfen, ausdruckslosen Augen.
    Jane erkannte das Ehepaar Califfo, Signora Sina und Antonio Gianelli. Besonders bei dem Anblick des Jungen stockte ihr der Atem. Sie hatte ihn gesehen, wie er vorher gewesen war, ein kraftstrotzender junger Mann. Jetzt sah er aus, als müßte er jeden Moment zusammenbrechen und auf einer Intensivstation künstlich am Leben erhalten werden.
    Hätten die unsichtbaren Fesseln und die Nachwirkung des Betäubungsgiftes die Privatdetektivin nicht auf dem Boden gehalten, hätte sie sich in diesem Moment auf den

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