008 - Die Pest frass alle
»Vielleicht zeigt Cabott seinen Gästen den Mondstein,
vielleicht hält er einen Dia-Vortrag?«
»Nein, nein«,
sagte Paul Mason schnell. »Das macht er garantiert nicht. Wenn er sich
vergnügt, dann vergnügt er sich richtig. Er kann wirklich noch die Arbeit von
der Entspannung trennen. Wartet doch mal kurz auf mich. Ich bin sofort zurück.
Ich laß‘ drüben das Telefon klingeln«.
Mit raschen,
beinahe lautlosen Schritten entfernte sich Mason.
»Das Ganze
gefällt mir nicht«, murmelte Liz Mason.« Ihre Stimme klang besorgt. »Irgendwie
ist heute alles - ganz anders, ich weiß selbst nicht, was ich sagen soll.«
Sie schwieg.
In der ruhigen Nacht hörte man durch das weitgeöffnete Terrassenfenster das
läutende Telefon im Haus der Cabotts.
Aber niemand
rührte sich drüben.
Ein letztes
Klingeln, das verhallte.
Liz Mason
schluckte so laut, daß ihr Kehlkopf knackte. »Das gibt es doch nicht«, kam es
wie ein Hauch über ihre Lippen. Das hübsche, schmale Gesicht der jungen Frau
wirkte jetzt wie eine Porzellanmaske.
Voll ernster
Gedanken kehrte Paul Mason aus dem Haus zurück.
»Da meldet
sich niemand. - Vielleicht sind sie ausgegangen und haben nur vergessen, das
Licht zu löschen«, wandte er ein. Aber diese Entschuldigung klang schwach und
man hörte seiner Stimme an, daß er selbst nicht an eine solche Möglichkeit
glaubte.
»Wenn man
weggeht, kann man schon mal vergessen, das Licht auszuknipsen«, schaltete sich
X-RAY-3 ein. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß man sperrangelweit die
Terassen- tür geöffnet läßt. Das weist entweder auf ein überstürztes Verlassen
des Hauses hin oder...« Er sprach nicht zu Ende. Liz Mason sah ihn aus
angsterfüllten Augen an.
»Oder?«
flüsterte sie. »Was meinen Sie mit oder, Larry?«
»Noch nichts,
gnädige Frau. - Ich seh mal nach dem Rechten.« Larry warf einen Blick in die
Runde, um sich zu vergewissern, daß alles rundum still, dunkel und menschenleer
war. Nur im Haus Cabotts und bei Masons brannte Licht.
»Soll ich Sie
nicht doch lieber begleiten, Larry« fragte Paul Mason unsicher.
»Bleiben Sie
hier«, antwortete X-RAY-3. Mit diesen Worten ging er an der Hecke entlang und
verschwand im Dunkeln. Sekunden später erreichte er das Gattertor. Es war nicht
verschlossen und nicht verriegelt. Wieder ein Punkt, der Larry Brent zu denken
gab, und der darauf hinwies, daß die Cabotts unbedingt zu Hause sein mußten.
Lautlos glitt
das Tor unter dem Druck der Hand des Agenten zurück. Auf dem Plattenweg näherte
sich Larry Brent der geräumigen Terrasse. Auf den hellen Platten sah er das
dunkle Kabel, das von einer Steckdose in der Außenwand ging. Unwillkürlich
folgte sein Blick auf den Lauf des Kabels. Als er sah, daß es über dem
Beckenrand verschwand, fuhr er zusammen. Er riß den Stecker sofort aus der
Steckdose und rannte zum Swimming-Pool hinüber. Er beobachtete das ins Wasser
abgesackte Fernsehgerät und die im Becken schwimmende Leiche von Patricia
Cabott. Auf den ersten Blick war zu erkennen, daß jede Hilfe zu spät kam.
Warum war
dies hier geschehen?
Noch während
er sich darüber Gedanken machte, eilte er über die Terrasse, stieß die Tür auf
und durchquerte das große, geschmackvoll eingerichtete Wohnzimmer.
»Professor
Cabott?« Er rief den Namen des Geologen mehrmals laut und deutlich aus. Das
Rufen halten durch das stille Haus.
Keine
Antwort!
Larry sah
sich um. Nichts wies darauf hin, daß hier eine Party stattgefunden hatte. Keine
Gläser standen herum, keine Flaschen und Speisereste auf dem Tisch, kein
Geschirr.
Im Wohnzimmer
gab es kein Telefon. Bevor X-RAY-3 die örtliche Polizeidienststelle
informierte, wollte er sicher gehen, ob Henry Cabott sich im Haus befand oder
nicht.
Das war
wichtig für ihn. Bis jetzt konnte alles noch ein Unfall sein. Patricia Cabott
war allein zu Haus gewesen - das Fernsehgerät war in das Becken gerutscht, und
der Strom hatte sie getötet.
Aber es
konnte auch jemand nachgeholfen haben. - War Henry Cabott entführt - und seine
Gattin, als unliebsame Zeugin - auf diese Weise beseitigt worden? Auch dies war
eine Möglichkeit.
Spätestens in
dem Augenblick, als X-RAY-3 an der Tür zum Labor stand und die reglose Gestalt
auf dem Boden liegen sah, wurde zur Gewißheit, daß sich hier in der Tat ein
Verbrechen ereignet hatte.
Henry Cabott!
Er lag mit dem Oberkörper halb im abgedunkelten Labor, während seine Beine noch
in die Bibliothek ragten, aus der er offensichtlich gekommen war, als ihn
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