008 - Hexenbalg
selbst die Täterin, war sie die Treppe hinunter geschlichen und hatte Mrs. Hillburton das todbringende Gift verabreicht?
»Beth! Du wirst doch nicht etwa ohnmächtig? Das darfst du nicht!«
Ein Glas Wasser wurde an ihre Lippen geführt. Beth trank einen Schluck und schauderte. »Genau wie damals bei Peter«, stieß sie hervor. »Meine Erinnerung setzt vollständig aus. Ich weiß eben so wenig wie damals, als ich ihn tötete.«
»Ach, hör doch auf!«
Jim brachte diese Worte mit Bestimmtheit hervor. »Beth – du kannst Mrs. Hillburton gar nicht getötet haben. Du wusstest ja nicht mal, dass die Samenkörner giftig waren!«
Benommen schüttelte sie den Kopf. »Ich wusste es wirklich nicht. Aber werde ich das der Polizei auch klarmachen können?«
»Mach dir darüber keine Gedanken. Denk lieber nach, wer es getan haben könnte. Du warst mehrmals im Haus Hillburton. Hast du gegen jemanden einen Verdacht?«
»Nun ja – da wäre Ramon …« Und sie erzählte ihm alles über den künftigen Bräutigam Lindas.
Jim war sofort von Ramons Schuld überzeugt. »Natürlich – Ramon ist Südamerikaner. Sicher kennt er die Wirkung der Samenkörner.«
»Daran dachte ich gar nicht.«
»Das müssen wir gleich der Polizei sagen.«
Jim verlor keine Zeit und bestellte ein Taxi. Beth fühlte sich gleich besser. Das hatte sie alles Jim zu verdanken. Er hatte sie zu einem normalen Lebensgefühl zurückgeführt. Dankbar lehnte sie sich an ihn.
»Glaubst du noch immer, dass wir einander kein Glück bringen?« fragte sie.
Er lächelte. »Ich bin nicht mehr so sicher. Wir müssen alles noch mal überlegen.«
Von der Polizei wurde ihre Version mit großer Zurückhaltung aufgenommen. Schließlich hieß es: »Ramon Garza hat ein hieb und stichfestes Alibi. Er war die ganze Zeit über mit seiner Verlobten zusammen. Sie bestätigte seine Aussage.«
Als der Beamte Beths Enttäuschung sah, meinte er nicht ohne Mitgefühl, aber ganz sachlich: »Haben Sie sich schon einen Anwalt besorgt, Mrs. Mitchell? Ich würde Ihnen sehr dazu raten. Sie sind nämlich die einzige, die ein Motiv hat, und da Sie über Ihren Verbleib …«
Auf dem Weg hinaus verfiel Beth ins Laufen – sie konnte nicht anders. Die abgestandene Luft und der leblosweiße Schimmer der Lichter des Hauses erstickte sie beinahe. Erst draußen, im hellen Tageslicht, brach aus ihr hervor, was sie so lange zurückgehalten hatte.
»Das hat Effie getan! Effie hat alles von Anfang an geplant. Sie schob mir den Mord an Peter in die Schuhe, und jetzt will sie mir den Tod Mrs. Hillburtons anhängen!«
Jim war fassungslos. »Aber du hast ja Effie nirgends gesehen.«
Beth war ihrer Sache sicher. »Nein, gesehen habe ich sie nicht. Aber sie muss wissen, dass ich nicht mehr in der Anstalt bin und dass ich Starla zurückhaben will. Sicher dachte sie, sie wäre mich für immer los. Jetzt bin ich wieder da, und sie muss sich etwas Neues einfallen lassen. Ich stelle für sie wieder eine Bedrohung dar.«
Er nickte. »Falls sie eine Hexe ist, hat sie es geschafft. Sie hat dich mit dem Mord belastet und um den Verstand gebracht.«
Jetzt lag Effies ganzer Schlachtplan deutlich vor ihr. »Mrs. Hillburton schickte mich wegen meiner Vergangenheit fort. Aber wie kann sie davon erfahren haben? Mein Prozess fand in Massachusetts statt. In New York wurde der Fall längst nicht so beachtet. Sicher hat Effie Mrs. Hillburton angerufen. Und jemand muss der Polizei verraten haben, dass Mrs. Hillburton mir den Laufpass gab. Davon wusste nämlich kein Mensch – nicht einmal Linda hatte eine Ahnung. Mrs. Hillburton sagte sogar, dass kein Mensch davon erfuhr. Eine und dieselbe Person könnte Mrs. Hillburton und die Polizei informiert haben – und das ist Effie. Und dann nahm sie ihre übernatürlichen Kräfte zu Hilfe und beging den Mord. Und mich hat sie ähnlich wie damals fertiggemacht – mit dem Moschusgeruch. Dann kamen die Kopfschmerzen und die Stimmen. Aber diesmal hat sie kein unbelebtes Objekt als Mordwaffe benutzt, sondern mich. Effie bewirkte, dass ich hinunterging, sie führte mich zu den Samenkörnern. Ich war ihr Werkzeug. Nur so könnte ich es getan haben, weil ich ja von dem Gift in den Samen nichts wusste.«
»Aber vielleicht warst du es gar nicht«, widersprach Jim.
»Wenn nicht, dann muss es jemand geben, der ein Motiv hat und über die Körner Bescheid wusste. Außer Ramon wüsste ich niemanden, der in Frage käme – und der hat ein Alibi. Nein, Effie hat mich wieder verhext, ohne
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