008 - Hexenbalg
wäre bloß eine Schwindlerin.«
Das Medium stand noch unter dem Eindruck des Schocks. Dergleichen hatte sie noch nie erlebt. Sie musste hinausgeführt werden.
»Was haben Sie eigentlich gesehen?« fragte jemand.
»Ich weiß nicht – es war der Tod.« Mehr konnte sie nicht sagen.
Die Kapelle spielte, es wurde noch eifrig getanzt. Dann aber nahm Ramon das Mikrophon und gab den Tod Mrs. Hillburtons bekannt. Damit war die Party beendet.
Marq brachte Beth nach Hause. »Ich möchte noch gern auf einen Kaffee zu dir kommen. Jetzt könnte ich unmöglich schlafen.«
»Merkwürdig ist das alles, nicht?« Beth hatte die ganze Zeit über Ruhe bewahrt. Offenbar war dieser Angriff des Okkulten an ihr abgeprallt.
»Nie hätte ich gedacht, dass so etwas passieren könnte«, meinte Marq. »Jetzt verstehe ich, dass man von diesen Dingen fasziniert sein kann – entschuldige, ich habe es nicht so gemeint.«
»Macht nichts«, sagte sie ruhig. »Ich glaube jetzt nicht mehr daran.«
»Aber wie willst du es erklären? Du hast es doch mit angesehen.«
»Ich versuche es gar nicht zu erklären – egal, wie es geschah. Ich suche keine Erklärung.«
Sie weckten Karen und teilten ihr die ungeheuerliche Neuigkeit mit.
»Es ist unglaublich«, sagte Marq. »Knapp zehn Minuten vorher sah ich Mrs. Hillburton noch tanzen. Sie sah aus wie immer.«
»Dann war es sicher ein Herzanfall oder ein Schlaganfall«, meinte Karen. »Die Aufregungen der Hochzeitsvorbereitungen waren zu groß – oder sie hat sich beim Tanzen übernommen.«
Sie ließen sich allmählich von dieser Ansicht überzeugen, aber niemandem fiel eine plausible Erklärung für das Verhalten des Mediums ein.
Als Marq sich verabschiedete, dämmerte es bereits. Beth ging zu Bett und schlief tief und ausgiebig, so dass sie nicht einmal hörte, als Karen aufstand. Doch dann wurde sie unsanft wach gerüttelt. Vor ihr stand Karen mit einem Glas Orangensaft und sagte: »Beth, steh auf. Im Radio wurde eben gemeldet, dass es Mord war.«
»Mord? Wieso denn das?«
»Sie wurde angeblich vergiftet.«
»Weiß man schon, wer es getan hat?«
»Nein. Man verhört alle Teilnehmer der Party. Vielleicht solltest du dich lieber anziehen. Die werden sicher hier vorbeikommen.«
Polizei! Der Gedanke daran machte sie ganz elend. Sie hatte nie wieder mit der Polizei zu tun haben wollen.
Während sie sich ankleidete, gingen ihr die Gedanken wirr durch den Kopf. Was würde man sie fragen? Würde man wissen wollen, ob sie eine Ahnung hätte, wer der Mörder sei?
Ramon kam ihr in den Sinn. Seine finanzielle Misere. Die Begegnung auf dem Korridor von gestern Abend.
Hatte Ramon so dringend Geld gebraucht und sich die Mitgift durch einen Mord gesichert? Linda würde das gesamte Vermögen erben. Und Ramon würde sich sicher als Vermögensverwalter anbieten. Sollte sie der Polizei von ihrem Verdacht berichten?
Sie ging ins Wohnzimmer und fragte: »Gibt es wieder etwas Neues?«
»Nein.«
»Vielleicht verschont uns die Polizei mit ihrem Besuch«, meinte sie hoffnungsvoll.
»Glaube ich nicht. Du gehörst zu den Partygästen, und die Polizei wird sich ganz sicher mit dir unterhalten wollen. Du hast an der Seance teilgenommen und gehörst zu den letzten, die Mrs. Hillburton lebendig gesehen haben.«
Da klingelte es auch schon an der Tür. »Ich mache auf«, sagte Beth hastig. Draußen stand die erwartete Polizei in Gestalt zweier Beamten, die den Türrahmen füllten. Beth versuchte ihre Furcht zu unterdrücken. Sie hatte ja nichts zu befürchten. Die Männer traten ein, nahmen Platz, gaben sich höflich und eröffneten, dass sie mit den Ermittlungen im Todesfall Hillburton befasst wären.
Beth habe also an Lindas Party teilgenommen und sei im selben Raum mit Mrs. Hillburton gewesen, als diese zusammenbrach?
»Ja, das stimmt.«
»Hat Mrs. Hillburton vor oder während der Seance etwas zu sich genommen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Vorher sah ich sie gar nicht, und während der Seance war es dunkel. Ich glaube nicht, dass sie dabei etwas zu sich nehmen konnte.«
»Das Gift war von einer Art, die sehr rasch wirkt und gleich ins Blut übergeht. Sie kann es also nicht lange vorher zu sich genommen haben. Wissen Sie, ob sie Feinde hatte?«
Beth zögerte und verneinte dann. Nein, es wäre unfair, wenn sie Ramon so ohne weiteres in Verdacht gebracht hätte.
»Hatten Sie selbst etwas gegen Mrs. Hillburton?«
»Nein, warum auch? Ich hatte zu der Familie keine nähere Beziehung. Meine Aufgabe war es,
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