008 - Labyrinth des Todes
meine Chance. Meine Hände umklammerten seinen Schädel, und ich riß ihn zu mir heran. Dann drückte ich mit aller Kraft seine Kehle zu. Bevor er sich von seiner Überraschung erholen konnte, quollen seine Augen auch schon aus den Höhlen, und er röchelte nach Luft, schloß die Augen, und seine klebrige Zunge hing aus dem Mund.
Blitzschnell verwandelte er sich zurück in einen Menschen. Nun war mir klar, daß ich ihn so nicht töten konnte, aber vielleicht war es möglich, ihn vorübergehend auszuschalten. Und tatsächlich gelang es mir. Sein Körper zuckte noch einige Male, ehe er zusammensackte. Er war bewußtlos. Rasch zerrte ich ihn in den Sarg und schob die Seitenwand zurück. Sicher konnte ich ihn dadurch nicht lange aufhalten, das Manöver verschaffte mir aber einige Minuten Vorsprung. Ich ließ mich ganz einfach den Stollen hinunterfallen und orientierte mich kurz. Links lag Cocos Grab. Ich hoffte, daß auch sie sich wieder bewegen konnte. Vorsichtig tastete ich mich vorwärts. Mehrmals stieß ich mir den Kopf an und riß mir die Hände blutig, doch ich hatte keine Zeit, darauf zu achten. Jede Sekunde konnte kostbar sein.
Endlich ertasteten meine Hände den Nebenschacht. Ich kroch hoch. Der Gedanke an Coco trieb mich voran, bis ich gegen ein Hindernis stieß. Es war eine dünne Trennwand, wie ich sie schon einmal durchbrochen hatte. Ich fing zu wühlen an. Die Erde rieselte in mein Gesicht und brannte in meinen Augen. Ich hoffte nur, daß ich den richtigen Schacht erwischt hatte.
Endlich war die Wand durchbrochen, doch ich konnte nichts erkennen; undurchdringliche Dunkelheit umfing mich. Ich spuckte die Erdkrumen aus, keuchte, und meine Finger berührten einen Sarg.
»Coco?« fragte ich laut. »Ich bin's, Dorian!«
»Endlich!« hörte ich ihre Stimme, und mein Herz krampfte sich vor Erleichterung zusammen.
»Kannst du dich bewegen?« fragte ich.
»Ja«, sagte sie. »Die Lähmung legte sich ganz plötzlich, aber ich bekomme den Sarg nicht auf.«
»Ich werde dir helfen.«
Die Seitenwand war mit zwei Stiften an der Vorder- und Rückseite befestigt. Ich riß den einen Stift heraus, dann den zweiten. Mühelos ließ sich die Wand in den Boden schieben. Dann spürte ich Cocos Hände, doch für eine Begrüßung hatten wir keine Zeit. Wir schwebten noch immer in höchster Lebensgefahr. Erst wenn wir dieses Labyrinth hinter uns gelassen hatten, konnten wir aufatmen.
»Mir ist es gelungen, Belial zu betäuben«, erklärte ich ihr. »Er liegt in meinem Sarg, aber ich fürchte, er wird sich in der Zwischenzeit schon befreit haben. Wir müssen uns beeilen. Er hat sicherlich schon Hilfe geholt.«
So rasch es ging, kroch ich den Schacht hinunter. Coco folgte mir. Jeden Augenblick erwartete ich, einige der Ghouls auftauchen zu sehen. Endlich hatten wir den Hauptgang erreicht. Coco drängte sich eng an mich. Wir atmeten schwer. Der Gestank war unerträglich. Wir haben keine Waffen , dachte ich. Coco schien meine Gedanken zu erraten.
»Keine Angst«, sagte sie leise. »Ich kenne Tricks, mit denen ich Ghouls für kurze Zeit aufhalten kann.«
Sie drängte sich an mir vorbei, und ich hielt ihre linke Hand umklammert. Wir gingen langsam. Immer wieder mußte Coco stehenbleiben und sich bücken. Ich hatte kurz am Schacht gelauscht, der zu meinem Grab führte, aber keine Geräusche gehört. Belial war sicher unterwegs zu seinen Gefährten. Er kannte dieses unheimliche Labyrinth, während wir keine Ahnung hatten, wo der Ausgang lag. Es war auch sinnlos, die Seitenschächte zu erforschen, denn die Chancen, ein leeres Grab zu entdecken, waren sehr gering.
Ich konnte es noch immer nicht glauben, daß Coco und ich am Leben waren. Irgend jemand hatte uns geholfen, aber wer?
Der Gang wurde niedriger, und wir mußten auf allen vieren weiterkriechen. Ich bekam einen Hustenanfall, und der Brechreiz war kaum noch zu unterdrücken. Mein Magen rebellierte. Coco bewegte sich ziemlich rasch vorwärts, und ich hatte Mühe, ihr zu folgen. Es schien Stunden zu dauern, bis sich der Gang endlich verbreiterte und wir wieder aufrecht stehen konnten.
»Hier ist Belial vor kurzer Zeit vorbeigekommen«, flüsterte mir Coco zu. »Wir müssen rasch weiter«, sagte sie drängend, griff nach meiner Hand und zerrte mich mit.
Nach etwa fünfzig Schritten stieg der Gang steil an. Mein Atem kam rasselnd. Der Gang machte eine sanfte Rechtskurve, und nach einigen Schritten blieb Coco stehen. Ein gelber Lichtschimmer glitt langsam auf uns zu. Coco
Weitere Kostenlose Bücher